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Die Geschichte des "Roten Löwen" lässt sich bis ins 16. Jahrhundert zurückverfolgen

Der "Rote Löwen" ist ein geschichtsträchtiges Gebäude. Erstmals erwähnt wurde es bereits im 16. Jahrhundert. Doch wie wurde aus der ehemaligen Klosterbannwirtschaft ein Treffpunkt für Kulturen? Eine Spurensuche.

St. Georgen. Willi Meder sitzt in seinem Arbeitszimmer am Schreibtisch, vor ihm liegen Blätter ausgebreitet: Kopierte Texte aus alten Büchern, Zeichnungen, Karten. Als Mitglied des Vereins für Heimatgeschichte hat er sich mit der Geschichte des "Roten Löwen" beschäftigt. Das Problem: Ein Einzelwerk über die Entwicklung des Gebäudes findet sich nicht, mühsam müssen die Puzzlestücke aus verschiedenen Quellen zusammengefügt werden.

Die erste Erwähnung des "Roten Löwen" stammt aus dem Jahr 1548. Als Klosterbannwirtschaft hatte die Gaststätte in St. Georgen besondere Vorrechte, wie Meder erklärt: "Man war dazu verpflichtet, bestimmte Dinge nur in dieser Wirtschaft zu machen."

Wirt landet im Gefängnis

So musste beispielsweise jede Hochzeitsfeier, Taufe und weitere kirchlich bedeutsame Zeremonie im "Roten Löwen" begangen werden. Ebenso trafen sich dort die Vögte zu Versammlungen, was in etwa der heutigen Gemeinderatssitzung entspricht.

Wollte sich jemand diesen Regeln widersetzen, griff man zu mitunter harten Mitteln, wie der Hobbyhistoriker weiter erzählt: Als etwa die Schwester des Bühlhaus-Wirts in Oberkirnach heiraten wollte, bestand der Wirt darauf, die Hochzeit in seiner eigenen Gaststätte auszurichten. Der Löwenwirt wiederum legte bei der Verwaltung in Hornberg Einspruch gegen diesen Plan ein. "Daraufhin musste der Bühlhaus-Wirt ein paar Tage ins Gefängnis", so Meder.

Mit den Jahren lockerte sich zwar die Gesetzeslage, doch noch immer mussten St. Georgener Entschädigungen an den Löwenwirt bezahlen, wenn sie die Bannrechte übergingen und sich andere Orte für ihre Veranstaltungen aussuchten. Der Unmut war entsprechend groß. Erst 1848 verlor der "Rote Löwen" aufgrund einer Gesetzesänderung seine Vorrechte.

1921 folgt die Schließung

1865 kam es dann zu einem weiteren historischen Einschnitt: Bei einem großen Feuer brannten zahlreiche Gebäude im Ortskern, darunter auch der "Rote Löwen", bis auf die Grundmauern ab. Das Haus wurde zwar wieder aufgebaut, doch auch die nun seit mehr als 15 Jahren herrschende, neue Konkurrenzsituation ging nicht spurlos an dem traditionsreichen Wirtshaus vorbei: 1921 musste der "Löwen" endgültig schließen.

Eine Zeit lang wurde das Haus daraufhin laut Meder von Privatpersonen bewohnt, ab 1933 schließlich nutzte die St. Georgener Feuerwehr die Räumlichkeiten. In den 1960er-Jahren zog diese jedoch an den Spittelberg um. "Es gab dann Planungen für ein städtisches Museum im ›Roten Löwen‹", erinnert sich Meder.

Viele Ideen verliefen im Sande, unter Altbürgermeister Günther Lauffer, der 1968 sein Amt antrat, kam dem Gebäude schlussendlich in den 1970er-Jahre jene Bedeutung zu, die bis heute besteht: Der "Rote Löwen" wurde zum Treffpunkt verschiedener kultureller Gruppierungen.