Muffe für Dichelen, die früher für Wasserleitungen verwendet wurden. Foto: Meder Foto: Schwarzwälder-Bote

Versorgung einzelner Häuser über Leitungen wurde erst vor etwa 125 Jahren eingeführt

Von Willi Meder

St. Georgen. Bei den Bauarbeiten in der Bahnhofstraße konnten Passanten vielerlei Rohre und Leitungen im Untergrund sehen. Auch wenn man nur die Rohre, Schieber und Abzweigleitungen der Wasserversorgung betrachtet, ist man verblüfft, welcher Aufwand erforderlich ist, damit alle Anwesen längs der Straße versorgt werden können. Zudem muss das Abwasser sicher abgeführt werden.

Es ist gerade etwa 125 Jahre her, dass in St. Georgen die Möglichkeit geschaffen wurde, einzelne Häuser direkt mit Wasser zu versorgen. Noch bis etwa 1890 mussten fast alle Haushalte ihren Wasserbedarf an den Ortsbrunnen decken. Das galt auch für die damals existierenden Firmen mit ihren Dampfmaschinen. Hölzerne Wasserleitungen – Deucheln genannt, im Dialekt Dichele – versorgten verschiedene öffentliche Brunnen. Die Instandhaltung der Leitungen und Brunnen lag in Händen der Brunnengesellschaft und des Brunnenmeisters.

Beim Verlegen der Zuleitungen zu den Brunnen sowie anderer Wasserleitungen sowie der Nutzung des Wassers mussten auch alte Wasserrechte beachtet werden. Verträge zwischen der Gemeinde St. Georgen und der Großherzoglichen Domänenverwaltung regelten die anteiligen Kosten und Gewährleistungen bei Bau und Unterhaltung von Wasserleitungen und Brunnen. Die Großherzogliche Domänenverwaltung war, im Zuge der Neugliederung der Länder um 1810, aus der klösterlichen Domänenverwaltung hervorgegangen.

Der stetig steigende Wasserbedarf, bedingt auch durch die steigende Einwohnerzahl, zwang die Gemeinde, immer und immer wieder neue Quellen zu erschließen, oder durch Nachgrabungen bereits genutzte Quellen in ihrer Schüttung zu vergrößern. Zwischen 1885 und 1895 gab es kaum eine Sitzung des Gemeinderates ohne einen oder mehrere Tagesordnungspunkte, die die Wasserversorgung betrafen.

In dieser Zeit beschloss der Gemeinderat unter Leitung von Bürgermeister Jacob Wintermantel die oben erwähnte grundlegende Neugestaltung der Wasserversorgung. Vorbei waren die Zeiten, da es in den Küchen nur einen Schüttstein mit Abfluss aber keinen Wasserhahn gab (siehe die Küche im Schwarzen Tor). Die stetige Verfügbarkeit des Wassers führte trotz der Klagen über den Wasserzins, der eine pauschale Abgabe für den geschätzten Wasserbezug war, auch zu einem höheren Wasserbedarf je Einwohner. Die 1891 zur Stadt erhobene Gemeinde wollte nicht nur den Zwängen folgen, sondern auch moderner werden.

Interessant und manchmal auch amüsant sind viele Einzelheiten der neuen Wasserversorgung, über die in einer weiteren Folge berichtet wird.