Hieven Tankstellen die Preise hoch, um sie mit Inkrafttreten des Tankrabatts mit Senkung der Spritsteuer ab dem 1. Juni wieder zu senken? Die Verbraucherzentrale mit Standort in Villingen-Schwenningen beobachtet auch im Schwarzwald-Baar-Kreis Verdächtiges.
Schwarzwald-Baar-Kreis - Matthias Bauer von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg äußert sich vorsichtig: "Das Feld ist weit, was den Tankrabatt anbelangt", sagt er im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten, auf entsprechende Beobachtungen an Tankstellen im Oberzentrum Villingen-Schwenningen hin angesprochen.
Eine Momentaufnahme um die Mittagszeit
Den Liter Super für 2,23 Euro – kann das wirklich sein, wo er doch gerade erst zehn Cent günstiger gelegen habe? Eine Doppelstädterin an der Zapfsäule wundert sich und steht damit nicht alleine da – wohin man in Villingen-Schwenningen an den Preistafeln auch blickt, der Liter Super-Benzin kostet ordentlich Geld, bei unserer Momentaufnahme am Dienstag um die Mittagszeit waren das bei den günstigeren Tankstellen 2,19 Euro, bei den übrigen 2,23 Euro. Bei der Verbraucherzentrale im Land laufen die Telefone heiß, überhaupt habe die Energiekrise ihr Geschäft mächtig angeheizt, erzählt Matthias Bauer. "Bis September 2021 hatten wir 500 Beschwerden pro Monat, jetzt sind es tausend." Die Außenstellen kommen an die Grenzen, auch in Schwenningen. Mit zwei Personen sitzt die Verbraucherzentrale dort in der Winkelstraße 7, Tendenz, so hofft Bauer zumindest, steigend: "Wir hätten gerne mehr", gerade jetzt, wo die Verunsicherung und Skepsis bei den Verbrauchern so groß ist und großer Beratungsbedarf herrscht.
Doch alle Sorgen und Unsicherheiten kann auch Matthias Bauer den Menschen nicht nehmen. Insbesondere, wenn sie zu den Preistafeln an den Tankstellen aufblicken: "Die aktuellen Preise an den Tankstellen sind nicht nachvollziehbar", gibt er zu, denn sie seien "deutlich höher" als man sie mit den derzeitigen Rohölpreisen begründen könne. Und er äußert einen üblen Verdacht: "Das deutet auf einen Mitnahmeeffekt hin."
Und auch der ADAC Südbaden haut in diese Kerbe: "Fest steht: Das aktuelle Niveau der Kraftstoffpreise ist im Vergleich zu den Rohölnotierungen deutlich zu hoch", sagt Pressereferentin Claudia Ploh und bestätigt, dass sich genau diese Kraftstoffpreisentwicklung "auch in Villingen-Schwenningen bemerkbar" mache. Der Diesel sei zuletzt leicht gesunken und liege bei rund 2,02 Euro je Liter – so auch beim Rundgang unserer Redaktion in Villingen-Schwenningen am Dienstag, für den Liter Super E10 wird immerhin noch 2,13 Euro fällig.
Verdächtig kommt die Benzinpreisentwicklung vielen vor. Ein Blick in die historischen Spritpreise, die im Internet für viele Tankstellen im Oberzentrum ebenfalls einsehbar sind, zeigt aber: Tatsächlich war der Benzinpreis zwei Wochen zuvor, am Montag, 16. Mai, um die gleiche Tageszeit mit 2,18 Euro (Beispiel Aral-Tankstelle Villingen, Vöhrenbachertraße) sogar fast genauso hoch. Weitere zwei Wochen zurückgeblättert, zum 2. Mai: 2,08 Euro; am 18. April lag der Preis bei 2,17 Euro – Mitte März lag er sogar noch höher und toppte beispielsweise am Dienstag, dem 14., mit 2,31 Euro selbst alles bisher Genannte.
Beim Blick in die Statistik wird alles relativ
Trotzdem: Die Vorfreude auf die Spritpreissenkung lässt viele Autofahrer hoffen. Wer nun aber ungeduldig mit den Hufen scharrt und am Mittwochmorgen als Erster an den Zapfsäulen in der Doppelstadt von der Senkung der Spritsteuer profitieren will, dem rät der Verbraucherschutz zu mehr Geduld: "Nicht gleich morgen losfahren", empfiehlt etwa Matthias Bauer am Dienstag und rät generell dazu, vor dem Tanken die Preise im Umkreis von fünf bis zehn Kilometern zu checken. Ähnlich sieht des ADAC-Sprecherin Claudia Ploh: "Es ist gut möglich, dass Tankstellen in den ersten Junitagen Kraftstoff, den sie im Mai gekauft haben, noch zum alten Preis weitergeben. Daher könnte sich der Effekt der niedrigeren Steuersätze nicht überall gleich am Stichtag um Mitternacht einstellen, sondern erst in der Folgezeit, wenn die normal versteuerten Kraftstoffe abverkauft und nach und nach die niedrig versteuerten Kraftstoffe angeliefert werden."
Preise wie im September?
Die Ersparnis für Autofahrer mache sich vermutlich erst in den Folgetagen bemerkbar. Und die soll laut Matthias Bauer "ganz ordentlich" sein, berücksichtige man beim Benzin eine Ersparnis von 30 Cent und beim Diesel von 14 Cent sowie die jeweils anteilige Mehrwertsteuer. "Dann hätten wir wieder so Preise wie wir sie vielleicht vom September her kannten."
Doch eines könnte die Freude trüben: "Der ADAC erwartet für die ersten Juni-Tage einen Ansturm auf die Zapfsäulen. In den Stoßzeiten kann es zu Schlangen und Wartezeiten an den Tankstellen kommen", warnt Claudia Ploh und empfiehlt, den Tank gerade jetzt nicht leerzufahren – "besser ist es, ausreichend Kraftstoff im Tank vorrätig zu haben, um gegebenenfalls erst einige Tage nach Monatsbeginn zum Tanken fahren zu müssen." Und noch ein Tipp aus berufenem Munde: "Abends Tanken spart im Schnitt rund sieben Cent je Liter gegenüber den Morgenstunden."