Von wegen Journalisten sind Spätaufsteher: Chefredakteur Constantin Blaß war als Zusteller unterwegs. Foto: Constantin Blaß

Zeitungszusteller sind in Medienhäusern die wahren Helden des Alltags. Ohne sie läuft nichts. Ohne sie würde die Zeitung nicht zu ihren Abonnenten kommen. Schwabo-Chefredakteur Constantin Blaß hat Anfang Oktober die Kolleginnen und Kollegen an zwei Tagen unterstützt und interessante Erfahrungen gemacht.

Morgens 2:45 Uhr in Rottweil. Meine App zeigt spätsommerliche acht Grad. Der Himmel ist klar. Sogar das Sternbild Widder ist zu sehen. Der ideale Morgen für meine ersten Schritte als Zusteller.

Ich muss gestehen, alleine wage ich sie nicht. Der Respekt ist groß vor der Aufgabe, jeden Morgen Zeitungen und teils auch Briefe verlässlich zuzustellen. Bei Wind und Wetter. Mitten in der Nacht. Doch ich habe Glück. Mein Bezirk ist relativ klein. Lediglich 63 Zeitungen muss ich zustellen. Und ich habe Monika* an meiner Seite.

Sie nimmt mich quasi an die Hand, weist mich ein - und erklärt auch, wieso sie ihren Job so gerne macht. Monika ist pünktlich am vereinbarten Treffpunkt auf einem Schulhof. Sie zieht einen Wagen mit den auf zwei Fächern verteilten Zeitungen hinter sich her. Sie selbst trägt einen im positiven Sinne „Schlabber-Look“. Hellgraue Jogginghose, dunkle Jacke, Gummistiefel. Wieso Gummistiefel? „Die sind innen gefüttert, bequem, und wenn es regnet, bleibe ich trocken. Ich gehe auf Nummer sicher“, sagt sie.

Laufliste gibt Aufschluss über Namen und Hausnummern

Ohne Monika wäre ich verloren. Während ich ständig auf meine Laufliste schauen muss, um Namen, Hausnummern, Zeitungstitel und -anzahl abzugleichen und später durchzustreichen, marschiert sie vorweg. „Der erste ist Herr Ulrich, der wohnt hier gleich links rein“, sagt sie und wartet, bis ich mit dem Wagen in der rechten Hand bei ihr bin. Die Namen scheint sie alle im Kopf zu haben. Ich staune und denke mir: „Ein bisschen Gedächtnis-Training würde Dir guttun, Constantin.“

Aber gut, das kommt bestimmt mit der Zeit. Ich nehme eine Zeitung aus dem Wagen. „Aber bitte kontrollieren, dass es wirklich nur eine ist“, sensibilisiert mich Monika. „Die sind abgezählt.“ Heute umso wichtiger, denn es fehlt ausnahmsweise ein Reserve-Exemplar.

Zustellprofis haben eine Taschenlampe

Ich gehe die dunkle Einfahrt hoch, das schwache Licht an meinem Handy hilft mir auf dem Weg bis zur Tür. Profis haben eine echte Taschenlampe. Ich hab keine. Monika schon. Zeitung gefaltet - und ab in den Briefkasten-Schlitz der Hausnummer 14.

Bei Nummer 16 geht es weiter. „Jetzt bin ich gespannt, was Sie machen“, sagt Monika zu mir. Ich stehe mit der Zeitung vor der Tür des Mehrfamilienhauses und suche an den drei Briefkästen den Namen, der auf meiner Liste steht. Aber „B. Adam“ ist nicht auffindbar. „Denk nach“, schießt es mir durch den Kopf. B. Adam. Dann fällt der Groschen. B. Adam muss jetzt B. Jürgens sein. Der Mädchenname wird für mich nicht zum Fallstrick…

Zeitungsrohr, Haustür oder Briefkasten?

Ein paar Straßen später. 3:12 Uhr. „Hier müssen Sie aufpassen. Dieser Leser legt wert darauf, dass die Zeitung auf jeden Fall in das Zeitungsrohr gelegt wird.“ Andere wollen lieber, dass die Zeitung ganz in den Briefkasten gesteckt wird. Ich notiere mir alles vorsichtshalber auf meinem Zettel. Man weiß ja nie. So vergeht die Zeit: Hausnummer finden, Blick auf die Liste der Abonnenten, Zeitung falten, in den Briefkasten stecken, weiter geht's.

Monika und ich unterhalten uns derweil blendend. Gut 20 Jahre stellt sie bereits Zeitungen zu. Die Frage nach dem Wieso beantwortet sie umgehend. „Hören Sie mal!“ Ich höre nichts. „Diese Ruhe liebe ich!“

Wenn die Ruhe irritierend wirkt

Für mich ist sie noch ungewohnt. In der Redaktion klingelt ständig das Handy oder klingelt eine Benachrichtigung im Teams-Kanal (Anm. d. Autors: Teams ist ein Programm, um sich innerhalb des Unternehmens Nachrichten zu schicken, virtuelle Konferenzen zu veranstalten und Video-Anrufe zu tätigen). Da geht es um relevante Inhalte und Strategien für die Zukunft. Die Ruhe irritiert mich.

Monika und ich erzählen uns ein paar Geschichten aus dem Leben. Wir sprechen über die tolle Zusammenarbeit mit ihren Gebietsleitern Sascha Roth und Martin Stoewer - und über Auslandsaufenthalte. Nordamerika. Journalismus wollte sie sogar mal studieren. Ich habe Deutschland nie verlassen, aber vom 16. Lebensjahr an meinen Berufswunsch erfolgreich vorangetrieben.

Zeitungen zustellen: eine Arbeit, die Spaß macht

In der Heerstraße finde ich wieder nicht direkt den richtigen Briefkasten. „Oben rechts“, ruft Monika von der Straße und leuchtet auf den Schlitz. Mir macht die Arbeit in der Nacht Spaß. Sie fordert mich. Mehr als 10.000 Schritte werde ich am Ende absolviert haben. So viele wie seit Tagen nicht mehr.

Die letzten zwei Zeitungen schmeiße ich bei der Realschule ein. Gegen 4:20 Uhr bin ich fertig. Ich merke meine Beine, vor allem mein linkes Knie. Monika könnte noch weiter machen. „Manchmal mache ich auch mehrere Bezirke“, sagt sie. Für heute reicht es. Wir verabschieden uns. „Bis zum nächsten Mal. Sie sind ja ganz okay“, sagt sie. Ich freue mich über das Lob. Und kündige euphorisch ein Wiedersehen an. Im Winter. Wenn es keine acht Grad sind. Aber zumindest der Himmel wieder ganz klar ist.

Schwarzwälder Bote sucht Zustellerinnen und Zusteller

Der Schwarzwälder Bote sucht Zusteller für die Landkreise Calw, Freudenstadt und Rottweil sowie den Schwarzwald-Baar- und den Zollernalb-Kreis. Insgesamt sorgen mehr als 1400 Zustellerinnen und Zusteller dafür, dass der Schwarzwälder Bote, aber auch Fremdzeitungen in der Regel pünktlich bei Ihnen im Briefkasten sind. Dennoch suchen wir weiter nach Unterstützung. Wollen Sie selbst als Zusteller tätig werden? Haben Sie Freunde, Verwandte oder Bekannte, die die Zeitung austragen und sich etwas dazuverdienen möchten? Dann melden Sie sich gerne oder empfehlen Sie jemanden, der den Schwabo austragen möchte. Den Schwarzwälder Boten erhalten Zusteller und Zustellerinnen zum Mitarbeiterpreis von lediglich 5,50 € pro Monat. Bewerben Sie sich bei Interesse online unter zustelleraktiv.de, unter der Bewerber-Hotline 07423 / 78-507 oder schreiben Sie eine E-Mail an zustellung@zssw.de.

*Die genannten Namen in diesem Artikel wurden anonymisiert.