Der spanische Exmonarch begleicht eine offene Rechnung beim Finanzamt über rund vier Millionen Euro – für Flugreisen, die er großzügig geschenkt bekommen hatte. Musste er eine Gegenleistung bringen?
Madrid - Juan Carlos de Borbón y Borbón hat immer gerne gelebt wie ein König. Auch wenn sein Gehalt dafür nicht reichte. Um die Lücke zwischen Wunsch und Wirklichkeit zu schließen, sprangen reiche Gönner ein, zum Beispiel ein entfernter Verwandter namens Álvaro de Orleans, der ihm Flüge im Privatjet spendierte. Sehr viele Flüge. Um die acht Millionen Euro soll Orleans’ Stiftung Zagatka (mit Sitz in Liechtenstein, wo sonst?) für Ausflüge des spanischen Exmonarchen im Privatjet hingelegt haben. Eine Sachleistung, die versteuert werden muss. Was Juan Carlos bisher nicht tat. Nun aber doch.
An diesem Freitag hat die große spanische Tageszeitung El País mit der Exklusivmeldung über die königliche Steuernachzahlung in Höhe von rund vier Millionen Euro aufgemacht, und viele andere Medien ließen sich die Nachricht sofort von „Kennern der Operation“ bestätigen. Die Netzzeitung „El Confidencial“ brachte auch gleich noch eine gute Theorie über den Anlass für die plötzliche Nachzahlung: Sie sei das Ergebnis diskreter Verhandlungen zwischen Regierung und Königshaus, um eine halbwegs respektable Rückkehr des Exmonarchen nach Spanien zu ermöglichen. Seit vergangenem August ist Juan Carlos in Abu Dhabi untergekommen und soll sich dort nicht recht zu Hause fühlen. Der Anwalt von Juan Carlos bestätigte, dass sein Mandant den spanischen Steuerbehörden einen Betrag von knapp 4,4 Millionen Euro bezahlt habe, der Verzugszinsen und andere Zuschläge beinhalte.
Retter der Demokratie? Oder bloß ein Lebemann?
Der 83-jährige frühere König wird es schwer haben, die Herzen der Spanier zurückzugewinnen. Sein Sohn und Nachfolger, Felipe VI., hat an diesem Mittwoch noch einmal an eine der großen Leistungen seines Vaters erinnert: die „Festigkeit und Autorität“, mit denen er sich vor vierzig Jahren, am 23. Februar 1981, dem Putschversuch rechter Militärs entgegenstellte und damit den „Triumph der Demokratie“ ermöglichte. Das ist vielen jungen und manchen älteren Spaniern aber egal. Für sie ist Juan Carlos wenig mehr als ein Lebemann „unter Korruptionsverdacht“. Auch wenn sich bisher noch keine einzige Verdächtigung bestätigt hat.
Was dem alten König tatsächlich vorgehalten werden kann, ist eine miese Steuermoral. Er fand es normal, sich beschenken zu lassen und dafür keine Steuern zu bezahlen. Offenbar war er von Leuten umgeben, die ihn in dieser Überzeugung bestärkten. Es war ein langsamer Prozess, ein gesellschaftlicher und ein persönlicher, der Juan Carlos aus seiner Blase hervorholte, in der für Könige andere Regeln gelten als für das Volk. Schließlich dürfte ihn die Möglichkeit eines Strafprozesses beeindruckt haben: Ein abgedankter König kann im Gegensatz zu einem amtierenden König in Spanien vor Gericht gestellt werden.
Bemerkenswert, wie viele Gönner der alte König gefunden hat
Vier Millionen Euro Steuerschulden sind keine Kleinigkeit. Ab 120 000 Euro hinterzogener Steuern im Jahr beginnt in Spanien die Strafbarkeit. Wer seine Steuerschuld allerdings begleicht, ehe ihn das Finanzamt dazu aufgefordert hat, kommt straffrei davon.
Juan Carlos hatte schon im Dezember knapp 680 000 Euro Steuern nachgezahlt, damals wegen der Ausgaben über eine Kreditkarte, die ihm ein mexikanischer Geschäftsmann überlassen hatte. Es ist bemerkenswert, wie viele Gönner der alte König im Laufe seines Lebens gefunden hat. Der großzügigste von allen war der mittlerweile verstorbene saudische König Abdullah, der seinem spanischen Königskollegen 2008 runde 100 Millionen US-Dollar überwies, die Juan Carlos später an seine deutschen Freundin Corinna zu Sayn-Wittgenstein weiterverschenkte. Den Königskritikern fällt es schwer, sich solche Geschenke ohne Gegenleistung auszumalen. In Genf ermittelt deswegen ein Staatsanwalt, hat aber in knapp drei Jahren noch nichts Verwertbares gegen Juan Carlos herausgefunden.
Dass der Exmonarch eine Millionensteuerschuld zu begleichen hatte, sei „keine gute Nachricht“, sagte die spanische Vizeministerpräsidentin Carmen Calvo am Freitagmorgen. Schlimmer wär’s, er hätte nicht bezahlt.