Wer im Alter genug Geld hat, dem dürfte die Diskussion um ein höheres Rentenalter ziemlich egal sein. Foto: Imago/Wolfgang Maria Weber

Deutschlands Rentensystem ist dringend reformbedürftig. Darüber sind sich alle Verantwortlichen einig. Doch welche zusätzlichen Belastungen für die Bürger noch verkraftbar sind, darüber gehen die Meinungen weit auseinander. Jetzt hat sich die Wirtschaftsweise Veronika Grimm mit einem Vorschlag zu Wort gemeldet, der bei vielen auf wenig Gegenliebe stößt.

In der sehr emotional geführten Diskussion über die Zukunft der Rente hat sich die „Wirtschaftsweise“ Veronika Grimm dafür ausgesprochen, das Renteneintrittsalter bei steigender Lebenserwartung automatisch anzuheben.

Nach geltender Rechtslage wird die Altersgrenze ohne Rentenabschläge schrittweise von 65 auf 67 Jahre angehoben. Für jene, die 1964 aufwärts geboren wurden, gilt die Regelaltersgrenze von 67 Jahren. Eine weitere Anhebung hat die Ampel-Koalition bisher ausgeschlossen.

Wirtschaftsweise Veronika Grimm: Später in Rente

„Man sollte die Regelaltersgrenze für den Renteneintritt an die Lebenserwartung koppeln“, fordert die Professorin für Wirtschaftstheorie an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. „Die Formel in Zukunft könnte sein: Nimmt die Lebenserwartung um ein Jahr zu, so würden zwei Drittel des zusätzlichen Jahres der Erwerbsarbeit zugeschlagen und ein Drittel dem Ruhestand.“

Ausnahmen müsste es bei gesundheitlichen Beeinträchtigungen geben, so die Ökonomin und Mitglied des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung.

Veronika Grimm forderte mit Blick auf den Fachkräftemangel zudem, dass der „Trend zur Frühverrentung“ sich nicht fortsetzen dürfe. „Wir müssen dafür sorgen, dass die Menschen länger arbeiten wollen und auch können, dass also das tatsächliche Rentenalter steigt.“

Finanzminister Danyal Bayaz: Später in Rente

Auch Baden-Württembergs Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) warnt, ein regulärer Renteneintritt mit 67 Jahren werde bei gleichbleibendem Wohlstand nicht dauerhaft zu halten sein. In vielen Berufen halte er längeres Arbeiten auch zunehmend für zumutbar.

Bundeskanzler Olaf Scholz: Nicht später in Rente

Demgegenüber hat Bundeskanzler Olaf Scholz erklärt: „Ich bin der festen Überzeugung, dass wir es jetzt nicht mehr nötig haben, das Renteneintrittsalter immer weiter anzuheben.“

Und weiter sagt der SPD-Politiker: „Wer jetzt mit 17 die Schule verlässt, hat fünf Jahrzehnte Arbeit vor sich. Ich finde, das ist genug.“ Wenn jemand länger arbeiten wolle, solle er das tun können. „Aber nicht weil er muss, sondern weil er oder sie kann.“

So reagiert das Netz auf den Vorschlag der Wirtschaftsweisen

Mit ihrem Beitrag zur Rentendebatte hat Veronika Grimm selbst eine Debatte losgetreten, in der auch sie selbst als Professorin für Wirtschaftstheorie an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg zum Thema wird.

Hier ein Einblick in einige Reaktionen im Netz:

Wie ist das Renteneintrittsalter in Europa geregelt?

Das gesetzliche Rentenalter wird in den einzelnen Ländern Europas sehr unterschiedlich definiert. Laut dem OECD-Datensatz und dem Bericht „Renten auf einen Blick“ gibt es in jedem Land unterschiedliche Praktiken, je nach Rentenart.

In beiden Berichten werden die Zahlen für 2020 verwendet - die neuesten verfügbaren Daten, die das derzeitige und künftige Renteneintrittsalter für Personen analysieren, die im Alter von 22 Jahren in das Erwerbsleben eingetreten sind.

Wann gehen Europas Arbeitnehmer in Rente?

Wann gehen Arbeitnehmer in Deutschland in Rente?

In Deutschland gehen die Menschen im Schnitt im Alter von 64,4 Jahren in Rente. Das durchschnittliche Alter stieg nach Angaben der Deutschen Rentenversicherung (DRV) in Berlin im vergangenen Jahr auf diesen Wert. 2021 waren es noch 64,1 Jahre.

Was ist die „Rente mit 63“?

Grund für den Anstieg sei vor allem eine Anhebung der Altersgrenze bei der ursprünglichen „Rente mit 63“. Die Grenze hat 2022 bei 64 Jahren gelegen.

Sie wird schrittweise auf 65 angehoben, ähnlich wie die Regelaltersgrenze, die schrittweise auf 67 steigt. Langfristig ist das tatsächliche Renteneintrittsalter nach Angaben der Rentenversicherung deutlich gestiegen. Es lag demnach im Jahr 2000 noch bei 62,3 Jahren.

Die „Rente mit 63“ war von der damaligen schwarz-roten Bundesregierung eingeführt worden und zielt auf „besonders langjährig Versicherte“, die mindestens 45 Jahre Beiträge eingezahlt haben. Vor 1953 Geborene konnten so ohne Abschläge schon mit 63 in Rente gehen.

Ab welchem Alter können Erwerbstätige in Rente gehen?

Beim Erreichen des 67. Lebensjahres wird die monatliche Rente allen ausbezahlt, die ab 1964 geboren wurden. Für Arbeitnehmer, die vor dem 1. Januar 1947 geboren wurden, gilt noch die Rente mit 65 Jahren. Für alle dazwischenliegenden Jahrgänge gilt eine gestaffelte Regelung.

Die Altersgrenze stieg zwischen 2012 und 2019 schrittweise von 65 Jahre auf 67 Jahre. Nur für diejenigen, die vor 1947 geboren wurden, bleibt die Altersgrenze bei 65 Jahren.

Das bedeutet: Ab dem Geburtsjahrgang 1947 erhöht sich die Altersgrenze zunächst pro Jahr um einen Monat, ab 2024 pro Jahr um zwei Monate. Wer 1958 geboren ist, erreicht die Altersgrenze also mit genau 66 Jahren. Für alle Jahrgänge ab 1964 beträgt sie 67 Jahre.

Welche Renten-Optionen gibt es?

Versicherte können Ihre Altersrente beantragen, bevor oder nachdem man das Renteneintrittsalter erreicht hat.

Außerdem ist es möglich, die Rente als Voll- oder Teilrente zu beziehen. Abschläge kann man durch zusätzliche Beiträge ausgleichen.

Gibt es Abschläge, wenn man früher in Rente geht?

Nach Aussage der Deutschen Rentenversicherung gibt es für die verschiedenen Altersrenten vom Gesetzgeber ein genau festgelegtes Renteneintrittsalter.

Wer früher in Rente gehen möchte, muss allerdings Abschläge in Kauf nehmen. Entscheidend für den Zeitpunkt des Rentenantrags sind in der Regel die bereits erworbenen Rentenansprüche, der Gesundheitszustand sowie die individuelle private und berufliche Situation.

Welche Renten sind vom Renteneintrittsalter von 67 Jahren ausgenommen?

• Altersrente für besonders langjährig Versicherte: Anspruch haben Versicherte, die mindestens 45 Jahre Versicherungszeit und die maßgebliche Altersgrenze erreicht haben.

• Altersrente für Schwerbehinderte: Die Altersgrenze für eine abschlagsfreie Altersrente für schwerbehinderte Menschen wird stufenweise vom 63. auf das 65. Lebensjahr angehoben.

• Altersrente für langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute: Für diese Versicherten, die nach dem 31. Dezember 1951 geboren sind, wird die Altersgrenze stufenweise auf das 62. Lebensjahr angehoben.