Ein Leben für die Leichtathletik: Der Unterhaugstetter Fritz Sander hat in 75 Jahren viel erlebt: Ehrungen, Moderationen und und und. Auch bei Sportgrößen wie Sabrina Mockenhaupt (unten rechts) ist der Funktionär sehr beliebt. Fotos: Stark und Kraushaar Foto: Schwarzwälder Bote

Leichtathletik: Fritz Sander ist eine echte Institution – am Sonntag wird er 75 Jahre alt: ein Auszug aus einer Lebensgeschichte

Feste soll man feiern wie sie fallen – vor allem, man soll sie mit Freunden feiern. Fritz Sander aus Unterhaugstett, langjähriger Vorsitzender und inzwischen Ehrenvorsitzender der Leichtathleten des Kreises Calw, wird am Sonntag 75 Jahre alt.

Wer das Haus von Fritz Sander in Unterhaugstett betritt, der sieht gleich, dass dort ein erfolgreicher Sportler wohnt. Urkunden, Pokale und weitere Ehrenpreise – egal wo man hinblickt. Das Treppenhaus ist voll, das Wohnzimmer und der Flur ebenfalls. Jeder einzelne Preis hat seine Geschichte – genau wie jede Urkunde. Fritz Sander kennt sie bis heute fast alle. Die kleinen und die großen Geschichten, die hinter all den Andenken verborgen sind. Er könnte tagelang, vielleicht auch nächtelang erzählen. Immer wieder tauchen Namen von bekannten und heute inzwischen auch eher unbekannten Sportlern auf – alle sind irgendwie ehemalige Weggefährten von Fritz Sander.

Seine Feier findet nun in Unterhaugstett vom späteren Samstag in den Sonntag hinein statt. "Ich freue mich darauf, viele Freunde wiederzusehen, die mich begleitet haben und mit denen ich zusammen Sport getrieben habe", sagt Fritz Sander und verrät auch gleich, dass er sich auf eine Person besonders freut. Seinen Stargast: Schlagersängerin Michaela Zondler. Die gebürtige Pforzheimerin soll am Samstagabend ab 22.30 Uhr das Publikum unterhalten und am Sonntagnachmittag zum Geburtstagskaffee noch einmal. "Meine Freundin", sagt er und lächelt. Die 45 Jahre alte Künstlerin war einst bei einer der deutschen Straßenmeisterschaften in Bad Liebenzell vor Ort. "Ich hatte mit ihr ausgemacht, dass sie die Nationalhymne singt. Das war absolut unglaublich und hat die Veranstaltung aufgewertet", erinnert sich der Unterhaugstetter ganz genau.

"Die 10 Kilometer auf der Bahn, die haben alle gekannt, aber 10 Kilometer auf der Straße, das gab’s noch nicht."

Rückblickend darf man Fritz Sander als Pionier der Leichtathletik im Kreis Calw sehen. Die Sportart selbst hat er freilich nicht erfunden, aber beispielsweise den Straßenlauf über 10 Kilometer auf nationale Ebene gebracht. "Die 10 Kilometer auf der Bahn, die haben alle gekannt, aber 10 Kilometer auf der Straße, das gab’s noch nicht." Im Frühjahr 2000 war Fritz Sander Initiator und Organisator der württembergischen Straßenlaufmeisterschaften in Bad Liebenzell, die unter der Regie des Leichtathletikkreises Calw, der Turnerschaft Bad Liebenzell und der SG Monakam ausgerichtet wurden.

"Die Veranstaltung war ein toller Erfolg", erinnert sich Fritz Sander. Offenbar hat der Straßenlauf in der Kurstadt auch beim Deutschen Leichtathletikverband (DLV) seine (positiven) Spuren hinterlassen. "Der DLV hat dann schnell nachgezogen." Nur vier Jahre nach den "Württembergischen" waren Fritz Sander und sein Team erneut gefordert. Dieses Mal ging es in Bad Liebenzell um nationale Titel. "Das war natürlich schon eine große Sache", erinnert sich der Fliesenlegermeister noch genau an diese Veranstaltung mit rund 700 Teilnehmern.

Ins Leben gerufen hat er auch den Stäffeleslauf in Bad Wildbad, seiner ehemaligen Heimatgemeinde. Den Stäffeleslauf, der längst zur Kultveranstaltung geworden ist, gibt es seit 2006. Die Idee, von der Talstation der Sommerbergbahn bis nach oben zu laufen, ist ihm jedoch nicht etwa zuhause gekommen, sondern weit, weit weg vom Schwarzwald. "Wir waren damals in New York City und wollten aufs Empire State Building. Aber da waren so viele Leute, und wir mussten lange anstehen. Da bin ich einfach zu Fuß nach oben gegangen. Als die anderen dann mit dem Aufzug ankamen, war ich schon längst oben."

Recht schnell ist Fritz Sander die Idee gekommen, dass man nicht nur im fernen New York Treppen laufen kann, sondern Gleiches auch im Schwarzwald machen kann – und dies sogar wettbewerbsmäßig. Eben zu dieser Zeit hatte die Stadt Bad Wildbad, damals noch mit Bürgermeister Walter Jocher, eine Auflage zu erfüllen: Die Bergbahn musste eine Fluchttreppe bekommen. Dort, wo bis dahin nur eine eher schlecht beleuchtete Anlage vorzufinden war, entstanden die Treppen, wie sie heute zu finden sind. Das war praktisch die Geburtsstunde des Stäffeleslaufs, bei dem sich inzwischen regelmäßig die erfolgreichsten Treppenläufer Deutschlands die Klinke in die Hand geben.

Planung und vorausschauendes Denken ist wichtig. Einmal, sagt Fritz Sander, wäre er damit aber fast auf die Schnauze gefallen. "Wir haben das Georg-Baumann-Stadion auf dem Wimberg eingeweiht, damals eine große Sache", erinnert sich Fritz Sander. "Wir hatten jetzt mit der neuen Kunststoffbahn die Möglichkeit, auch größere Veranstaltungen in Calw durchzuführen. Mir ist damals zwar aufgefallen, dass kein Wassergraben für die 3000 Meter Hindernis da war, aber den hatte ich unter der Hochsprungmatte vermutet." Groß war dann das Erstaunen, dass unter eben jener Hochsprungmatte nichts war – schon gar kein Wassergraben. Wurde der etwas einfach vergessen?

So nicht, dachte sich Fritz Sander und nahm Kontakt zu Oberbürgermeister Herbert Karl auf. In diesem fand er einen Mitstreiter, der sich der Sache annimmt, schließlich war Karl nicht nur Stadtoberhaupt, sondern in seiner Zeit zuvor aktiver Leichtathlet, genauer gesagt Zehnkämpfer.

Tatsächlich wurde recht schnell nachgerüstet. "Der Wassergraben wurde nachträglich gebaut, und die Laufbahn wurde verlängert, damit nicht nur 100 Meter gelaufen werden konnte, sondern auch 110 Meter Hürden", erinnert sich Fritz Sander. Und das Ganze hat richtig Geld gekostet. "Es waren so um die 50 000 Mark."

"Genau genommen bin ich ja gar kein richtiger Leichtathlet, keiner der wirft oder springt. Ich bin ein Läufer."

"Genau genommen bin ich ja gar kein richtiger Leichtathlet, keiner der wirft oder springt. Ich bin ein Läufer", meint der Unterhaugstetter und erzählt von seiner Leidenschaft, die ihn einst in viele Länder geführt hat – auch tausende von Kilometern fernab der Heimat im Schwarzwald. Elfmal hat er in Nijmegen in den Niederlanden am Viertagemarsch über 200 Kilometer teilgenommen. "Das wird nicht zur Routine. Das war jedes Mal eine ganz besondere Herausforderung", sagt Fritz Sander. Ebenfalls auf elf Starts ist er beim 100-Kilometer-Lauf in Biel in der Schweiz gekommen. Fünfmal war er auf Teneriffa auf den Kanarischen Inseln bei den dortigen Läufertagen.

Und dann waren da noch die ganz großen Veranstaltungen. wie 1994 der Marathon in Griechenland auf der Originalstrecke von Marathon nach Athen und 1974 der weltbekannte Boston Marathon. Weit weg von der Heimat war er auch 1975, als er bei den Weltbestenkämpfe am Yamanaka See in Japan seine läuferischen Qualitäten unter Beweis stellte und die 25 Kilometer in 1:29 Stunden bewältigte und auf Platz acht kam. Unvergesslich für Fritz Sander ist der Silversterlauf 1977/78 in Sao Paulo in Brasilien. "Es ist nicht so, dass da Tausende von Leuten mitrennen. Wer nicht eine bestimmte Qualifikationszeit vorzuweisen hat, der darf dort nicht starten. Da waren damals vielleicht 500 Läufer am Start." Fritz Sander ist damals über Wolfgang Weiß aus Ostelsheim nach Brasilien gekommen. Diesen hatte es damals beruflich dorthin verschlagen. Für Fritz Sander war es eine willkommene Gelegenheit, auch mal in Südamerika eine Top-Veranstaltung zu besuchen. "So etwas ist eine Sache, die man im Leben nie vergisst."

Manche der vielen Geschichten und Geschichtchen werden auch am Wochenende bei der großen Feier aufgewärmt. Für Fritz Sander dürfte es unvergesslich werden – unvergesslich wie die vielen sportlichen Veranstaltungen, auf die er in seinem Leben zurückblicken kann.

Teilnahme an

sportlichen Veranstaltungen

 1970 bis 1979 und 1988

11 x Viertagemarsch

in Nijmegen/Niederlande

über 200 Kilometer

  1971 bis 1975

5 x Vasalauf in Schweden

über 90 Kilometer

Bestzeit 7:50 Stunden

  1971 bis 1981 und 1989

11 x 100-Kilometer-Lauf

in Biel/Schweiz

Bestzeit 9:41 Stunden

  1973 und 1975

2 x Koasa-Lauf

in Kizbühel/Österreich

über 72 Kilometer

  1974

Schwarzwälder Skimarathon

Schonach-Hinterzarten

über 60 Kilometer

Zeit 5:40 Stunden

  1974

Marathon in Griechenland

Originalstrecke von

Marathon nach Athen

  1994

Boston Marathon

  1975

Weltbestenkämpfe

am Yamanaka See in Japan

Platz acht über 25 Kilometer

  1975

Dolomiten-Lauf

in Liez/Österreich

über 50 Kilometer

Bestzeit 4:44 Stunden

  1975

Finnlandia Hiihto Lahti

Langlauf über 75 Kilometer

  1978

Silvester-Lauf in Sao Paulo/Brasilien 10 Kilometer

in 29:57 Minuten

  1982

Europameisterschaft im

Straßenlauf über 25 Kilometer in Mamaia/Rumänien

Platz zwei über 25 Kilometer

  1992

Läuferwoche auf Lanzarote

10 Kilometer Straßenlauf

10 Kilometer Crosslauf

5 Kilometer Strandlauf

25 Kilometer Straßenlauf

Veranstaltungen   1973

Organisator 1. internationaler Volkslauf im Kreis Calw – in Bad Wildbad

  1974

Gründung 1. Lauftreff im Kreis Calw in Bad Wildbad

  1984

Tauzieher der SG Monakam

steigen mit Fritz Sander als Trainer in die Bundesliga auf

  1992

Wahl zum Kreisvorsitzenden

  1994

Tragen des olympischen Feuers für Lillehammer in Stuttgart

  1997

Beschaffung elektonische

Zeitmessanlage für den

Leichtathletikkreis Calw   1999

Wahl zum Vorsitzenden

des Leichtathletikbezirks Nagold

  2004

Verbandstag in Bad Liebenzell

 2004

Deutsche Meisterschaft im

Straßenlauf über 10 Kilometer in Bad Liebenezll

  2006

Initiator 1. Stäffeleslauf

in Bad Wildbad

  2007

Deutsche Meisterschaft im Halbmarathon in Bad Liebenzell

  2008

Deutsche Meisterschaft im Halbmarathon in Calw

  2010

Deutsche Meisterschaft im Halbmarathon in Bad Liebenzell