Joris kommt zum Sommersound VS Warm-Up nach Villingen-Schwenningen. Foto: Doering

"Herz über Kopf" – den Song mit dem Joris der Durchbruch gelang, kennen die meisten. Doch er hat noch viel mehr auf dem Kasten – zu hören gibt’s vieles davon, wenn der Sänger am 15. August in Villingen-Schwenningen auftritt.

Villingen-Schwenningen - Was ihn sonst noch ausmacht und einen Künstler im Lockdown bewegt, darüber sprach er mit unserer Zeitung.

Am 15. August dürfen wir Dich in Villingen-Schwenningen erleben. Endlich wieder Konzerte – das Publikum ist begeistert. Wie fühlt es sich für Dich an?

Ähnlich! Ich hatte schon ein paar Sommerkonzerte in diesem Jahr und ich hab’ auf jeden Fall gemerkt, wie sehr ich das Ganze vermisst habe in diesen anderthalb Jahren und was das für uns, auch alle hinter der Bühne, für eine große Entbehrung war. Es tut gerade einfach gut, dass ein paar erste Lebenszeichen der Musik-, Kunst- und Kulturwelt wieder da sind. Die Konzerte gerade sind auch wirklich sehr intensiv.

Inwiefern?

Ich habe an allen vier Abenden bisher in ganz, ganz viele glückliche Augen gesehen – sowohl auf der Bühne als auch vor der Bühne.

Normalerweise füllst Du große Hallen oder in Shows wie "Sing meinen Song" auch Fernsehstudios. Bei uns hier in VS wird das alles eine Nummer kleiner sein. Erinnert Dich das an Deine Anfänge?

Naja, ich bin ja jetzt noch nicht seit 20 Jahren dabei – das ist jetzt, inklusive einer zuletzt eigentlich einjährigen Pause, mein siebtes Jahr...

Hoffentlich kein verflixtes...

(lacht) ja, hoffentlich! Aber nach so einer Pause ist natürlich jedes Konzert erstmal ein besonderes. Da geht es gar nicht darum, dass man die riesigen Hallen bespielen möchte. Ich finde es sogar sehr schön, dass gerade diese besonderen Konzepte möglich sind, dass wir mal in Regionen kommen, wo wir normalerweise gar nicht direkt spielen würden. Für den Tourplan ist das, ehrlich gesagt, eine totale Bereicherung.

Gefühle scheinen Dir allgemein sehr wichtig zu sein – in Deinen Songs geht es oft um Dein Seelenleben, oder?

Unbedingt! Ich heiße ja auch in echt Joris und habe mir keinen Künstlernamen zugelegt, sondern schreibe Musik, die ich schreiben möchte. Ich bin auch jemand, der etwas länger braucht für ein Album. Das letzte Album "Willkommen Goodbye" hat beispielsweise drei Jahre gebraucht – und das für, in Anführungszeichen, nur elf Songs. Das macht es für mich auch aus, dass ich wirklich über das schreibe, was ich erlebe und was ich auch schreibenswert finde. Dann braucht so ein Album halt etwas länger, aber dafür gibt es kein Füllmaterial.

Wie entsteht ein Song, wie muss man sich das vorstellen, wenn Du drei Jahre an einem Album arbeitest?

Komplett unterschiedlich! Manchmal gibt es Momente, in denen ich nachts am Klavier sitze und irgendwann komponiere – 90 Prozent davon sind am nächsten Tag im Papierkorb. Und manchmal gibt es Songs, die genau umgekehrt entstehen – "Steine" beispielsweise.

Wovon handelt er?

Das war der letzte Song, den ich für das neue Album geschrieben habe, in dieser schweren Lockdown-Zeit als ich jemanden verloren habe an das Coronavirus und wieder einmal bemerkt habe, dass ich durch diesen Schmerz alleine durchgehen muss, es aber verdammt guttut, dass ich trotzdem Menschen an meiner Seite habe, die für mich da sind.. Da spielt die Sprache oder das Lyrische gar nicht so die ganze große Rolle. Da sind dann ganz einfache Worte, aber manche Songs wollen eben genau so sein und sprechen dadurch vielleicht ganz geradeaus genau das aus, was sie aussagen.

Du hast jemanden an das Coronavirus verloren?

Ich glaube, ganz viele Menschen haben in dieser Zeit Menschen verloren, die sie lieben. Natürlich bleibt auch mir so etwas nicht erspart.

Viele Künstler hatten Frust oder auch eine Wut im Bauch, weil die ganze Kulturbranche brachlag. Denkt man anders darüber, wenn man jemanden an das Virus verloren hat? Vielleicht mit weniger Frust?

Die Kunst- und Kulturwelt macht zurecht darauf aufmerksam, dass eine ganze Branche unter dem Lockdown extrem litt, weil keine Veranstaltungen mehr stattfinden konnten, viele Existenzen bedroht sind oder sogar aufgegeben werden mussten. Insofern ist völlig verständlich, dass darauf aufmerksam gemacht und ein Missstand aufgezeigt wird. Aber das heißt ja nicht, dass Kunst und Kultur nicht trotzdem versteht, warum jetzt gerade große Veranstaltungen nicht sinnvoll sind. Ich glaube schon, dass jeder Mensch, der halbwegs geradeaus denken kann, mitbekommen hat, was los ist, dass wir in einer Pandemie sind und dementsprechend Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden müssen.

Klingt nach einem Aber...

Ja, denn trotzdem muss parallel geschaut werden, dass nicht nur irgendwelche großen Schifffahrtsgesellschaften und Airlines gerettet werden, sondern dass wir gerade in der Kunst und Kultur eine ganz besondere Fähigkeit haben, Menschen zusammen zu bringen und einen schönen Abend zu haben. Das gilt nicht nur für Joris-Konzerte, sondern natürlich für jede Art, ob klassische Musik, Jazz oder Rock/Pop. Ich glaube, das ist etwas, das man auch bei meinem Konzert erleben wird, wie wertvoll das ist, wenn man zusammenkommt für einen Abend, ganz egal welche Hautfarbe man hat, welche Religion man ausübt, wo man herkommt, und den Abend zusammen genießt. Das hat auf jeden Fall gefehlt.

Soviel Offenheit für Gefühl, trotzdem gibst Du Dich zugeknöpft, wenn’s um Privates geht. Entschuldige, im Interesse unserer Leserinnen kann ich mir die Frage wirklich nicht verkneifen: Bist Du vergeben?

(lacht schallend) Das ist eine Frage, die ich nicht in einem Interview beantworten werde!

Naja, verheiratet bist Du ja ohnehin mit der Musik. Und Nachwuchs gibt es da auch immer wieder. Zuletzt das neue Album, das Du bereits erwähntest, "Willkommen Goodbye" – der Titel passt zum Lockdown...

Stimmt! Das Album sollte ursprünglich "Nur die Musik" heißen. Als ich dann mein Album quasi fertig hatte, kam der Lockdown und ich habe mir das Album nochmal komplett angehört und gedacht, es wäre irgendwie unpassend, in dieser Zeit, in der alle gezwungen sind, sehr viel Acht zu geben und sich zu isolieren, mit einem "Festival" Album zu kommen. Ich habe dann zum Glück weitergeschrieben und herausgekommen ist eben "Willkommen Goodbye", also sowohl die Willkommen-Seite als auch ein bisschen das Goodbye. Für mich selbst habe ich damit absolut die richtige Entscheidung getroffen, angesichts der letzten anderthalb Jahre. Das Leben geht einfach nicht stringent nur in eine Richtung, sondern zum Leben gehören eben alle Höhen und Tiefen mit dazu. Ich glaube, deshalb ist das Album für mich auch so schlüssig geworden.

Wird es in Villingen-Schwenningen auch Deine Klassiker zu hören geben?

Das darf nie fehlen! Und das Schöne ist, dass es mittlerweile so viele Songs gibt, die die Leute kennen, das macht einfach extrem viel Spaß, wenn man auf die Bühne geht und einfach merkt, dass sehr viele Songs sofort eine Partystimmung erzeugen. Und genauso wollen wir endlich unsere neuen Nummern auf der großen Bühne und live präsentieren dürfen – insofern wird das eine sehr bunte Mischung werden.

Dann freuen wir uns auf eine der Generalproben auf der kleinen Bühne. Verrate uns aber noch eins: Dieser Moment, kurz bevor Du die Bühne betrittst, wie sieht der aus?

Ich habe mich vorher eingesungen, komme mit meiner Band zusammen, und wir schwören uns kurz ein. Die ganzen Interviews und der Stress, den ich an dem Tag hatte, das fällt in dem Moment alles ab und ich mache das, was ich liebe und warum ich angetreten bin: auf die Bühne gehen und Musik machen.

Wir sind gespannt! Herzlichen Dank für das Interview!

Danke Ihnen – und bleiben Sie gesund!

Info: 

Das Sommersound VS Warm-Up findet vom 12. bis 15. August auf dem Gelände des Druckzentrums Südwest, Auf Herdenen 44, in Villingen-Schwenningen statt. Álvaro Soler eröffnet das Festival am Donnerstag, 12. August. Weiter geht es am Freitag, 13. August, mit den Dorfrockern. Am Samstag, 14. August, rockt die Band Revolverheld die Bühne und Joris tritt am Sonntag, 15. August, beim Sommersound VS Warm-Up auf. Alle Konzerte beginnen um 20 Uhr. Eintrittskarten sind unter der Ticket-Hotline 07423/7 87 90 oder unter www.schwabo.de/tickets oder www.karoevents.de sowie bei allen bekannten Vorverkaufsstellen erhältlich. Für die Konzerte besteht ein umfangreiches Hygiene- und Infektionsschutzkonzept auf Grundlage der am Veranstaltungstag geltenden Gesetze und Vorschriften.