Skispringer Andreas Wellinger hat in Innsbruck Platz fünf belegt. Foto: AFP/GEORG HOCHMUTH

Mit einem Podestrang wird es für Andreas Wellinger in Innsbruck nichts. Trotzdem kann er Sven Hannawalds Nachfolger werden. Auf die Finalschanze freut er sich sehr.

Andreas Wellinger lächelte und strahlte trotz knapp verlorener Gesamtführung riesige Zuversicht aus. Die laute Partymusik und die euphorischen Fans in der Abenddämmerung von Innsbruck passten zur Stimmung des deutschen Skisprung-Teams um den großen Hoffnungsträger bei der Vierschanzentournee. Zuvor hatte Wellinger als Tagesfünfter auch den berüchtigten Bergisel gemeistert und die Hoffnungen auf den ersten deutschen Tournee-Triumph seit Sven Hannawald 2002 am Leben gehalten.

Zwar verlor der 28-Jährige seine Gesamtführung am Mittwoch knapp an den Japaner Ryoyu Kobayashi. Mit einem Rückstand von umgerechnet nur rund 2,5 Metern hat er im großen Finale von Bischofshofen am Samstag aber beste Chancen auf den ganz großen Triumph.

„Ich mag Bischofshofen extrem gerne. Ich hoffe, dass da die Bedingungen wieder mitspielen und dann sind zweieinhalb Meter nichts auf der großen Schanze“, sagte Wellinger im ZDF. Er und Kobayashi werden den Kampf um den goldenen Adler aller Voraussicht nach unter sich ausmachen. „Es ist ein Zweierduell“, sagte Wellinger. „Ich bin mit meiner springerischen Leistung echt extrem zufrieden.“

Probedurchgang lief für Wellinger nicht optimal

Bundestrainer Stefan Horngacher sah es ähnlich. „Der Andi ist super gesprungen heute. Er hat einen tollen Wettkampf gemacht“, sagte er. „Der Abstand ist nicht so groß geworden.“ Auch Horngacher schätzt seinen besten Sportler auf der Schluss-Station der Tournee stark ein. „Der Andi springt sehr gerne ich Bischofshofen und ich denke, dass er auch mit dem Geschwindigkeitsvorteil einiges rausholen kann.“

Bei den wichtigen Anlaufgeschwindigkeiten war Wellinger auch in Innsbruck ganz vorn dabei. Den Sieg auf der ersten österreichischen Etappe des Schanzenspektakels sicherte sich Lokalmatador Jan Hörl.

Konstanter sind aber Kobayashi und Wellinger. Der sportlich vielseitig interessierte Bayer, der gern reist und im Urlaub die Sprungski gern gegen das Surfbrett tauscht, hatte in Oberstdorf zum Auftakt gewonnen. Seine Spitzenposition verteidigte er mit Platz drei beim Neujahrsspringen in Garmisch-Partenkirchen knapp.

Sein 15. Platz in der Qualifikation für die dritte Tournee-Etappe am Dienstag war ein kleiner Dämpfer. Auch der Probedurchgang lief für Wellinger nicht optimal. Im Wettkampf ließ er sich davon aber nichts anmerken. Als Wellinger sich kurz vor dem Start unter der Schanze warmlief, wirkte er bereits komplett im Tunnel.

Andreas Wellinger „für solche Situationen geboren“

„Wenn man ihn schon länger kennt, weiß man genau, dass er für solche Situationen geboren ist“, sagte Stephan Leyhe zum Druck, der auf seinem Zimmerkollegen lastet.

„Welli Fliag“ stand auf einer mit einem Adler versehenen schwarz-rot-goldenen Fahne, die am Zaun an der 130-Meter-Marke aufgehängt war. Nach seinem ersten Sprung auf 132 Meter sangen die zahlreichen deutschen Fans „Oh, wie ist das schön“.

Im zweiten Durchgang ließ Wellinger einen Versuch auf 126,5 Meter folgen. „Ich hab’ die Peitsche gekriegt oben“, sagte er direkt nach dem Sprung und ordnete anschließend ein: „Wir haben gewusst, dass es ein bisschen eine Windlotterie wird. Ich war nicht der Glücklichste im Zweiten“, sagte er.

Bei prächtigem Sonnenschein feierten 21 000 Zuschauer im Stadionkessel am Berg über der Innsbrucker Innenstadt eine große Skisprung-Party. La Ola schwappte über die Ränge, ein DJ heizte den Zuschauern mit Party-Hits von Abba und den Höhnern ordentlich ein. So gut war die Stimmung in der Arena mit Blick auf die schneebedeckte Nordkette lange nicht.

Auch von einer mehrminütigen Pause wegen schwieriger Bedingungen ließen sich die Fans nicht die Laune verderben. Einige von ihnen feierten mit Pyro-Fackeln.

Der finale Wettkampf findet am Dreikönigstag statt

Der Bergisel galt bislang als Schicksalsschanze der Deutschen. Auf der wegen ihrer exponierten Lage windanfälligen Anlage büßten in den vergangenen Jahren unter anderen schon Richard Freitag mit einem Sturz, Karl Geiger und Markus Eisenbichler Tournee-Chancen ein. Wellinger passierte das nicht.

Sein Konkurrent Kobayashi, der am Mittwoch auf Platz zwei sprang, ist allerdings ein absoluter Tournee-Profi. 2019 und 2022 sicherte sich der 27-Jährige bereits den Gesamtsieg. Bei seinem ersten Erfolg gewann er wie zuvor nur Hannawald und der Pole Kamil Stoch alle vier Springen.

Aus dem deutschen Team sprangen hinter Wellinger auch Leyhe als 18., Philipp Raimund auf Rang 20 und Geiger auf dem 26. Platz unter die besten 30 Athleten. Pius Paschke schied dagegen überraschend nach dem ersten Durchgang aus.

Nach einem Ruhetag geht es für die Springer am Freitag mit der Qualifikation in Bischofshofen weiter (16.30 Uhr/ARD und Eurosport). Der entscheidende Wettkampf findet dann traditionell am Dreikönigstag statt.