250 Gramm Toast kosten 0,99 Euro, 500 Gramm kosten 1,29 Euro Foto: StN

Für Single-Haushalte werden immer mehr Lebensmittel in kleinen Mengen abgepackt – zu sehr hohen Preisen.

Stuttgart - Ravioli in der Ein-Portionen-Dose, ein Viertel Liter Milch und zehn statt 20 Scheiben abgepackter Toast: Die Lebensmittelhersteller haben sich in den letzten Jahren mit kleinen Mengen auf die immer größere Zahl von Single-Haushalten eingestellt – allein in Stuttgart gibt es 340 000 Singles und nur 230 000 Verheiratete.

Diesem gewachsenen Angebot von kleinen Portionen zum Trotz werden in den deutschen Single-Haushalten dennoch sehr viele Lebensmittel im Müll entsorgt: Pro Haushalt sind das 72 Kilo im Jahr, rechnet die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung vor.

Zum Vergleich: Ein Vier-Personen-Haushalt bringt es im Jahr zwar auf 98 Kilo pro Kopf – im Gegensatz zur Zahl der Single-Haushalte ist die der Mehrpersonenhaushalte aber zumindest in Städten rückläufig. Und so rät die Bundesanstalt den kleinen Haushalten, statt XXL-Packungen kleine Portionen zu wählen.

Die Hersteller schieben dem Handel die hohen Preise in die Schuhe

Um zu verstehen, warum viele Singles den Griff zur Kleinverpackung trotz vorhandenem Angebot offenbar scheuen, lohnt sich ein Blick auf das Preisschild. Egal ob Ravioli, Butter, Milch oder Toast: Im Vergleich zu den meist doppelt so großen Normalportionen haben die Single-Angebote oft fast denselben Preis. So kosten 500 Gramm Butter-Toast beispielsweise 1,29 Euro (Grundpreis für 100 Gramm: 26 Cent), die 250-Gramm-Packung 0,99 Euro (Grundpreis für 100 Gramm: 40 Cent). So mancher Single wird bei diesem Preis-Leistungs-Verhältnis lieber zur Normalverpackung greifen und im Zweifelsfall die Hälfte entsorgen. Woher aber kommen die extremen Preisunterschiede?

„Hinsichtlich der Preisgestaltung sprechen wir lediglich eine Empfehlung aus. Am Ende bestimmt der Handel, zu welchem Preis er ein Produkt anbietet“, sagt Hannah Strüver, Leiterin Marken- und Produkt-PR beim Lebensmittelkonzern August Oetker. Ähnlich lauteten auch die Antworten von neun weiteren großen Lebensmittelfirmen, von denen unsere Zeitung eine Stellungnahme zur Preisgestaltung eingefordert hat.

Der Einzelhandel hingegen wehrt sich gegen willkürlich hohe Preise für Kleinverpackungen und verweist zurück auf die Lebensmittelproduzenten. „Verpackung, Befüllung, Materialkosten für Etiketten, Arbeits- und Transportkosten sind für eine kleine Packung Toast ebenso hoch wie für eine große“, sagt Kai Falk, Geschäftsführer beim Handelsverband Deutschland. In der kleinen Packung sei lediglich weniger Toast enthalten. „Und der macht preislich den geringsten Unterschied.“

Es gibt immer mehr Singles – und sie sind zahlungskräftig

Doch Bernd Sadlowsky, Verpackungsexperte von der Hochschule HAW Hamburg, lässt diese Begründung für die hohen Preise nicht gelten. „ Die Hersteller sparen bei kleinen Verpackungen an Material und Inhalt. Und nur mit den ähnlichen Personal- oder Transportkosten lassen sich solche großen Preisunterschiede sicher nicht begründen.“

Seiner Meinung nach liegt es vielmehr an der Zahlungsbereitschaft der Kunden. „Vielleicht achten Singles einfach weniger auf den Preis als Großfamilien. Und sie sind bereit, für die Bequemlichkeit eines fertig angemachten Ein-Portionen-Salats viel Geld zu bezahlen.“

Eckhard Benner, Referent für Verbraucherpolitik bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, vermutet, dass sich die Anbieter die steigende Zahl von Ein-Personen-Haushalten zunutze machen, „um auf Kosten dieser Verbraucher ihren Gewinn ohne erkennbare Gegenleistung zu steigern“.

Über den Grundpreis können Kunden gut vergleichen

Um bei den Herstellern günstigere Preise für kleine Mengen durchzusetzen, empfiehlt Verpackungsexperte Sadlowsky, beim Einkauf auf die Grundpreisauszeichnung (für 100 Gramm oder 100 Milliliter) zu achten – und überteuerte Produkte stehen zu lassen.

Lebensmittelabfälle lassen sich seiner Meinung nach vor allem durch eine bessere Einkaufsplanung vermeiden. „Gerade Singles gehen oft recht planlos nach Feierabend in den Supermarkt. Was noch im Kühlschrank steht, wissen sie nicht. Sie haben Hunger und kaufen ein, worauf sie gerade Appetit haben.“ Erst zu Hause stellten sie dann fest, dass noch genug Milch und Tomaten im Kühlschrank sind.