Pfarrer Chacko Nadakkaviliyil unterstützt die beiden Pfarrer in den Seelsorgeeinheiten Heuberg und Am Kleinen Heuberg. Foto: Müller

Eigentlich hätte Chacko Nadakkaviliyil schon im Februar als Pfarrer die beiden Seelsorgeeinheiten Heuberg und Am Kleinen Heuberg unterstützten sollen. Wegen Corona wartete er monatelang auf seinen Umzug nach Deutschland. Nun ist er angekommen.

Meßstetten/Geislingen - Jeweils zur Hälfe greift Pfarrer Chacko Nadakkaviliyil den Leitern der Seelsorgeeinheit Heuberg, Pfarrer Joseph Kaniyodickal, und Augusty Kollamkunnel O.Praem, Dekan des Dekanats Balingen und Leiter der Seelsorgeeinheit Am Kleinen Heuberg, unter die Arme. Vor wenigen Tagen hat er seine Wohnung in Binsdorf bezogen. Am Anfang wird er eine Woche im Monat in Meßstetten, Nusplingen, Obernheim und Oberdigisheim aushelfen und in dieser Zeit im Pfarrhaus in Nusplingen wohnen.

Der 48-jährige Geistliche kommt wie seine beiden Pfarrerkollegen in Geislingen und Meßstetten aus dem indischen Bundesstaat Kerala, wo eine der ältesten katholischen Kirchen des Landes beheimatet ist. Dem Ruf der Diözese Rottenburg-Stuttgart, auf die Schwäbische Alb zu kommen, sollte Pfarrer Chacko bereits im Februar folgen. Doch wegen der Delta-Variante des Corona-Virus’, die erstmals in Indien entdeckt wurde, gilt der Subkontinent als Virusvariantengebiet. Pfarrer Chacko durfte deshalb lange nicht nach Deutschland reisen.

Erst einen Tag vor seiner Ausreise am 21. Juli hat er sein Visum bekommen. In Deutschland musste er sofort in eine einwöchige Quarantäne – kein leichtes Unterfangen in einer Wohnung, die noch nicht eingerichtet ist, in einem Land, in dem man niemanden kennt. Dankbar ist Pfarrer Chacko dafür, dass viele Menschen aus den beiden Seelsorgeeinheiten ihn unterstützt, für ihn Einkäufe und Botengänge erledigt haben.

Corona traf seine Heimat schwer

Corona habe seine Heimat schwer getroffen, berichtet er: Zu Beginn der Pandemie habe man mit Sorge auf Europa geschaut und sei dann selbst das Zentrum der Pandemie geworden. Krankenhäuser seien überfüllt gewesen, die Ausgangssperren und Restriktionen hart. Mittlerweile habe sich die Lage entspannt – auch weil viele Inder geimpft seien. Die Regierung habe sich gut um die Bevölkerung gekümmert. Statt Überbrückungshilfen gab es für die Menschen kostenlose Nahrung. Mittlerweile litten aber viele Landsmänner an Armut. Die einst florierende Wirtschaft sei um viele Jahre zurückgeworfen.

In den vergangenen Jahren war Pfarrer Chacko vorwiegend in der Lehre tätig: Seine Dozententätigkeit und Forschung an der Universität Pune in Indien in den Fächern Philosophie und Psychologie haben ihn stark beansprucht. "In den vergangenen zehn Jahren habe ich nur gearbeitet", sagt der 48-Jährige. "Ich wollte eine Pause und nach Deutschland, damit ich mein Deutsch nicht verlerne", sagt der Geistliche, der 2001 in Indien zum Priester geweiht wurde. Deutsch hat er in Innsbruck gelernt, während er 2006 an der dortigen Universität studierte und in Philosophie und Psychologie promovierte. Dort hat er auch erstmals Bekanntschaft mit dem zentraleuropäischen Winter gemacht – die Kälte ist immer noch etwas, an das er sich gewöhnen muss. Anschließend war er drei Jahre in Schemmerhofen im Landkreis Biberach als Pfarrvikar tätig.

In den vergangenen zehn Jahren war er in Indien Dekan und Professor. Diesen Lehrauftrag behält er weiter – dem Internet sei Dank: Wegen der Zeitverschiebung hält er nun morgens um 6 Uhr Vorlesungen via Videocall vom Binsdorfer Pfarrhaus aus. Wenn das neue Semester anfängt, wird er seine Forschung an der Universität in Tübingen weiterführen.

Gottesdienste in der Heimat stets gut besucht

Vor allem aber wird er auf dem Großen und dem Kleinen Heuberg Gottesdienste, Taufen, Hochzeiten und Beerdigungen abhalten.

In Indien habe der Glaube einen hohen Stellenwert, berichtet Pfarrer Chacko. Die Gottesdienste in seiner Heimat seien stets gut besucht. In Deutschland hingegen blieben viele Kirchenbänke unbesetzt. Dennoch erkenne er ein gesteigertes Bedürfnis nach Spiritualität: "Ich glaube, dass die Menschen hier gläubig sind und die Sehnsucht nach etwas Tieferem haben." Viele Werte, die im christlichen Glauben verankert sind – etwa Nächstenliebe und Hilfsbereitschaft – lebten die Menschen hier. Die Kirche an sich sei nur nicht attraktiv.

Pfarrer Chacko führt diesen Trend auch auf den Priestermangel zurück: Früher sei der Pfarrer in jedem Ort verwurzelt gewesen, hätte jeden Einzelnen gekannt und zum Glauben animiert. Heute müssten Pfarrer ein geografisch großes Feld abdecken. Hinzu kämen administrative Aufgaben – da blieben Beziehungen auf der Strecke.

Pfarrer Chacko will für die Gläubigen in beiden Seelsorgeeinheiten bereitstehen: "Überall wo ich gebraucht werde, möchte ich da sein", sagt der Geistliche. Hilfesuchenden möchte er vor allem mit seinem psychologischen Wissen begegnen und ihnen im Gespräch Sinn und Ruhe geben. "Unsere Berufung ist es mit den Menschen zu reden", sagt der 48-Jährige. In Zeiten der Kontaktbeschränkungen sei das ein großes Problem für ihn gewesen.