Die Jubilarin Erna Kainz mit Bürgermeister Detlev Bührer, der ihr die Glückwünsche der Stadt überbrachte. Foto: Franziskusheim

Sie erlebte den Krieg, eine einjährige Verschleppung ins tschechische Gebiet und die Vertreibung der Deutschen aus dem Sudetenland – nun wurde Erna Kainz 100 Jahre alt und feierte im Schwenninger Franziskusheim. Auf ihr Leben blickt sie zufrieden zurück.

Am 11.Januar konnte Erna Kainz ihren 100. Geburtstag im Franziskusheim feiern.

Sie freute sich über den Besuch des Bürgermeisters Detlev Bührer, der ihr die Glückwünsche der Stadt überbrachte.

Ihr zu Ehren sangen die Kinder der angrenzenden Kindertagesstätte im Franziskusheim ein Geburtstagslied. Weitere Glückwünsche erhielt Erna Kainz von ihrer Familie, den Bewohnern des Wohnbereichs, den Mitarbeitenden und der neuen Einrichtungsleiterin Nicole Kretzschmar.

Früher wünschte sie sich einen Rollmops

„Früher“, erzählt Erna Kainz, „spielten die Geburtstage bei uns zuhause keine Rolle. Nur die Namenstage, die waren wichtig. Da wünschte ich mir immer einen Rollmops. Warum ich den so gerne aß, weiß ich nicht mehr. Aber vielleicht, weil mein Vater eine Bäckerei hatte und es so viele süße Sachen dort gab.“

Aufgewachsen im Sudetenland in Reichenau bei Gablonz legte ihr Vater sehr viel Wert darauf, dass sich seine Tochter zweisprachig unterhalten konnte, und so verbrachte Erna Kainz als Schülerin mehrfach ihre Ferien bei tschechischen Familien. In Reichenberg ließ sie sich im Bankenwesen ausbilden und arbeitete während der Zeit des Reichsanschlusses des Sudetenlandes bei der Girozentrale. Ihr Ehemann ließ im Krieg sein Leben.

Als weitere Schicksalsschläge folgten nach Kriegsende die einjährige Verschleppung zur Zwangsarbeit ins tschechische Gebiet und später die Vertreibung der Deutschen aus dem Sudetenland 1946. Die Familie fand für einige Jahre eine erste Ruhestation in Mittelfranken.

Vom Allgäu zog sie nach Schwenningen

Am Neujahrstag 1948 heiratete Erna Kainz dort einen Vertriebenen aus dem Böhmerwald und zog mit ihm zunächst nach Wangen ins Allgäu, später nach Schwenningen, wo es für beide Arbeit gab. Erna Kainz war im Lohnbüro der Firma Kienzle-Uhren und nach der Insolvenz dieser Firma bei der Firma Kübler, ebenfalls im Lohnbüro, beschäftigt.

Gemeinsam mit ihrem Mann hat sie ihre Urlaube in den Bergen verbracht und ist viel gewandert. Im Alter von 65 Jahren begann der Ruhestand. Ihr Mann verstarb vor 13 Jahren. Seit 2018 lebt Erna Kainz im Franziskusheim.

Ihr Äußeres ist ihr noch wichtig

Auch mit ihren 100 Jahren ist sie immer noch interessiert an Neuem und nimmt gerne an musikalischen Veranstaltungen teil. Die Musik habe sie ein Leben lang begleitet, und das Singen bereite ihr heute noch viel Freude. Auch ihr äußeres Erscheinungsbild sei ihr immer noch wichtig.

Bereits als junges Mädchen legte sie Wert auf gute Kleidung. Sie war stolz auf ihr Dirndl, dass sowohl im Alltag als auch in der Freizeit beim Wandern getragen wurde. Allerdings brachten die 40er-Jahre neue Freiheiten mit sich, es kamen kurze Hosen auch für Frauen auf. Erna Kainz trug die Hose, wie sie erzählt, verschämt unter dem Dirndlrock. „Bei den Wanderungen haben wir die Röcke dann mutig abgelegt und in den Rucksack verpackt. Und vor der Ankunft zuhause verschwanden die Hosen dann wieder unter den Röcken.“

Zufrieden blickt sie nun auf ihre 100 Lebensjahre zurück und freut sich über die Fürsorge im Franziskusheim und die regelmäßigen Kontakte mit ihrer Familie, die ihr sehr wichtig sind. Mit leuchtenden Augen betrachtet sie Familienbilder und erzählt von ihren Urenkeln. „Ich habe viel erlebt, mein Leben war sehr abwechslungsreich und so kann ich dankbar und zufrieden sein.“