Thomas Vosseler, Geschäftsführer von Univent Medical, präsentiert im Dezember vergangenen Jahres die Maskenproduktion des Unternehmens in Schwenningen. Momentan steht ebendiese Produktion still. (Archivfoto) Foto: Preuß

Etwa acht Millionen Schutzmasken laufen bei Univent Medical im Schwenninger Industriegebiet normalerweise monatlich vom Band. Doch momentan steht die Produktion still. Geschäftsführer Thomas Vosseler erklärt, wieso das so ist und wann es weitergeht.

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VS-Schwenningen - "Mit Einschränkung geeignet" ist laut Stiftung Warentest die "atemious pro"-Maske des Schwenninger Herstellers Univent Medical. Grundlage des Urteils ist ein durch die Prüfgesellschaft Dekra durchgeführter Test, bei dem zehn verschiedene FFP2-Maskenmodelle – auch die "atemious pro"-Maske von Univent – getestet und verglichen wurden. Während die Univent-Maske in den Bereichen Atemwiderstand und Filterwirkung im Test zu den Spitzenreitern gehört, waren die Prüfer mit der Passform unzufrieden.

Vosseler: "Katastrophe"

"Ein gut filterndes Modell nützt wenig, wenn es nicht dicht am Gesicht anliegt. Eine schlechte Passform kann die Schutzwirkung deutlich mindern", schreibt die Stiftung Warentest zur Wichtigkeit der richtigen Passform der Maske auf ihrer Webseite. Getestet wurde diese anhand von zehn Personen, die mit der FFP2-Maske verschiedene Bewegungen ausführen mussten – auf einem Laufband gehen, dabei sprechen, nicken und den Kopf drehen beispielsweise. Bei vier der zehn Testpersonen war die dabei festgestellte Leckage bei der "atemious pro" dabei größer als der Grenzwert der entsprechenden DIN-Norm. Dieser liegt bei acht Prozent.

Geschäftsführer Thomas Vosseler sieht die "atemious pro"-Maske im Test ungerecht behandelt, spricht in Bezug auf die Prüfung durch die Dekra von einem "großen politischen Theater" und einer "Katastrophe". Doch wieso? Wer in der EU eine FFP2-Maske auf den Markt bringen will, muss sich die Sicherheit seines Produkts von einer unabhängigen Prüfstelle, einer sogenannten notifizierten Stelle, bescheinigen lassen. Univent Medical lässt seine produzierten Masken von einer Stelle in der Türkei prüfen, worüber die auf jeder Maske aufgedruckte Kennzeichnung "CE 2163" informiert. Bei den dafür durchgeführten Tests, betont Vosseler, liege die Leckage der "atemious pro"-Maske stets zwischen drei und fünf Prozent – und damit deutlich unter dem Grenzwert.

Ohrbänder oder Kopfband?

Dass die Prüfung der Dekra im Auftrag der Stiftung Warentest zu einem Ergebnis kommt, das davon so stark abweicht, macht Vosseler stutzig. "Ich weiß, dass die Dekra falsch geprüft hat", sagt er deshalb. Seine Vermutung: Um den Passform-Test der Dekra zu bestehen, hätte seine Maske ein sogenanntes Kopfband statt Ohrbändern haben müssen. Die "atemious pro"-Maske wird mithilfe von zwei Gummibändern, die jeweils um die Ohren des Trägers gelegt werden, am Kopf befestigt. Ein Kopfband führt im Gegensatz dazu einmal um den Hinterkopf des Trägers.

Was Vosselers These zu stützen scheint: Im Test der Dekra bekam nur eine FFP2-Maske das Siegel "geeignet" – die Maske des britischen Herstellers 3M, die als einzige über ein Kopfband verfügte. Von den neun weiteren getesteten Masken, allesamt mit Ohrbändern, wurden drei wegen geringem Atemkomfort als "wenig geeignet" eingestuft; die verbleibenden sechs – unter ihnen auch die "atemious pro"-Maske – wurden als "mit Einschränkung geeignet" eingestuft. Bei all diesen Masken war es die Passform, welche die Tester bemängelten. Vosseler ärgert sich, da er findet, dass die Vergleichbarkeit von Masken mit Kopfband und Masken mit Ohrbändern nicht gegeben ist. "Da kommt die 3M-Maske als Apfel, und dann werden noch neun Birnen eingeladen. Und am Ende gewinnt der Apfel, weil er am rundesten ist", meint er.

Urlaub, Umbau und Urteil

Denn natürlich, räumt er ein, sei die Leckage bei Masken mit Kopfband geringer. Warum das so ist, erklärt Univent in einer Mitteilung auf der Unternehmenswebseite, die auf das Stiftung-Warentest-Urteil Bezug nimmt: "Das Kopfband ermöglicht einen deutlich höheren Anpressdruck (Dichtigkeit) als mit Ohrbändern, hat aber durch diverse Anwendungsnachteile bei Alltagsnutzern auch eine deutlich geringere Akzeptanz." Vosseler ist überzeugt: Im Alltag wolle "kein Mensch eine Kopfband-Maske tragen."

Vosseler kritisiert das Vorgehen der Tester wie auch das Ergebnis der Stiftung Warentest also scharf. Dennoch steht die Produktion des Schwenninger Maskenherstellers jetzt still – mittlerweile seit rund zwei Wochen und im Zusammenhang mit dem Stiftung-Warentest-Urteil, teilt Vosseler mit. Allerdings, betont er, war die vorübergehende Einstellung der Produktion freiwillig. Univent hätte trotz der Kritik der Stiftung Warentest weiter produzieren können – die Zertifizierung durch die türkische Prüfstelle sei nämlich nach wie vor gültig.

Wie also passen die Kritik am Test und der Stillstand der Produktion zusammen? Auf Nachfrage erklärt Vosseler, dass man die "atemious pro"-Maske derzeit von einer anderen Prüfstelle, dem Tüv, noch einmal testen lasse – vor allem, da die türkische Prüfstelle, die Univent nutzt, in den vergangenen Wochen "unter Beschuss" geraten ist, wie Vosseler sagt. Der Univent-Geschäftsführer ist sich dennoch sicher, dass das Tüv-Urteil anders ausfallen wird als jenes der Stiftung Warentest. "Sobald wir ein positives Ergebnis von einer zweiten Prüfstelle haben, produzieren wir einfach weiter."

In die Entscheidung, die Produktion anzuhalten, habe mit hinein gespielt, dass Univent neue Köpfe für das Anschweißen der Haltebänder geliefert wurden, die in die Produktion integriert werden sollen – "das haben wir davor die ganze Zeit herausgeschoben" – und dass die Mitarbeiter wegen der hohen Auslastung bislang kaum Gelegenheit hatten, Urlaub zu nehmen. "Wir müssen die Umbauten ja eh machen, die Mitarbeiter müssen ihren Urlaub ja eh nehmen", gibt Vosseler die Überlegungen wieder – also habe man sich entschlossen, die Produktion vorerst einzustellen.

Neue Modelle in Planung

Wann es weitergeht, kann der Univent-Geschäftsführer noch nicht sagen. Das hängt davon ab, wie schnell der Tüv die "atemious pro"-Maske prüft. "Es kann sein, dass wir in ein paar Tagen wieder produzieren, es kann aber auch sein, dass wir in vier Wochen noch nicht produzieren." Auch der Verkauf steht während der Produktionspause erst einmal still, denn laut Vosseler sind die Lager leer.

Komplett steht Univent dann übrigens doch nicht auf Kriegsfuß mit Kopfband-Masken. Denn das Unternehmen arbeitet bereits an eigenen Masken-Modellen mit Kopfband. Drei entsprechende Maschinen sind bereits bestellt. Diese sollen dann vor allem bei der Fertigung von FFP3-Masken, bei denen die Vorgaben zur erlaubten Leckage noch strenger sind als bei FFP2-Masken, zum Einsatz kommen. Aber auch FFP2-Masken mit Kopfband will Univent Medical kommenden Monat zusätzlich auf den Markt bringen. Auch an unterschiedlichen Maskengrößen wird gefeilt. Eine Kindermaske, eine für betont vertikale und eine für runde Gesichtsformen sollen in spätestens vier Wochen erhältlich sein.