Sebastian Schoch (von links), Michael Ilg, Gudrun Brugger, Stefanie Steiner, Andreas Menge-Altenburger, Tamer Ötelos und Joachim Gunzenhauser bei der Vorstellung des Präventionsprojektes. Foto: Schück

Präventionsprojekt verlängert. Akt psychischer Gewalt ein zunehmendes Problem. Eltern fühlen sich oft getrieben.

Schwarzwald-Baar-Kreis - Vier Stunden am Tag sind Zwölf- bis 19-Jährige in diesem Jahr durchschnittlich mit Whatsapp und You-Tube beschäftigt. Schon Neunjährige haben Smartphones. Weil die neuen Medien auch für Straftaten genutzt werden, verlängert die Polizei 2018 ein Präventionsprojekt.

Es heißt "Neue Medien – eigene Kompetenz stärken" und wurde 2013 ins Leben gerufen. Seither ist Cybermobbing als Akt psychischer Gewalt ein zunehmendes Problem, weiß Polizeikommissarin Gudrun Brugger, Präventionsbeauftragte der Polizeidirektion Tuttlingen für den Kreis.

Stefanie Steiner, medienpädagogische Referentin des Landesmedienzentrums als einem der Kooperationspartner im Projekt, vermittelt den Schülern, wie man Cybermobbing bei sozialen Medien wie Whatsapp entgehen und den Schutz der Persönlichkeit erreichen kann. "Meist geht reales Mobbing voraus", berichtete sie im Pressegespräch. Die Gruppendynamik übertrage sich dann auf die sozialen Medien, wenn beispielsweise Beleidigungen über Whatsapp verbreitet werden.

Rache nach beendeten Beziehungen

"Medienkompetenz müsste eigentlich Medienwirksamkeitskompetenz heißen", sagt Michael Ilg, stellvertretener Leiter des Referats Prävention beim Polizeipräsidium Tuttlingen. Whatsapp, Snapchat, You Tube und Instagram sind die sozialen Medien, in denen Beleidigungen ausgesprochen oder beispielsweise aus Rache nach beendeten Beziehungen Nacktbilder eingestellt werden. Bis hin zu Selbstmordgedanken reichen dann die Reaktionen der Opfer. Nicht unbedingt immer die Polizei sei dann gefragt. Man könne auch mit den Schulen reden, einen Täter-Opfer-Ausgleich suchen. Beleidigung, Bedrohung und Erpressung sowie die Verbreitung pornografischer Schriften sind allerdings, so stellte Ilg klar, Straftatbestände. "Wichtig ist uns der Gedanke der Vernetzung, weil jeder Akteur etwas anderes kann", betonte er. 2017 fanden im Bereich des Polizeipräsidiums Tuttlingen 243 Präventionsveranstaltungen mit 7500 Schülern statt. Im Schwarzwald-Baar-Kreis waren es 59 Veranstaltungen mit 1400 Schülern.

Sebastian Schoch von pro familia als einem der Kooperationspartner spricht mit Eltern und Kindern über Pornografie. An pornografische Inhalte können selbst Grundschüler gelangen, die mit einem Smartphone auf die entsprechenden Seiten im Internet kommen. Eine solche Internet-Adresse an die Schultafel zu schreiben, dass stelle, so betont Steiner, einen Straftatbestand dar. Ebenso "Sexting", die Weitergabe von Nacktfotos im Internet.

Eltern fühlen sich oft getrieben

Andreas Altenburger-Menge von der Fachstelle Sucht als weiterem Kooperationspartner ist "stark im Bereich Elternbildung unterwegs". Eltern fühlten sich oft getrieben, ihren Kindern Smartphones zu gestatten. Diese seien eigentlich erst für 14-Jährige angebracht. "Für Eltern ist es schwierig, zu sagen, was ist normal", so Altenburger. Seit dem 18. Juni ist Medienspielsucht eine anerkannte Krankheit, genau vor 50 Jahren wurde Alkoholsucht als Krankheit anerkannt.

Nach wie vor bestehe an den Schulen großer Bedarf nach Workshops, die den Umgang mit Smartphone, Medienkonsum und -sucht, Cybermobbing, Computerspiele, Pornografie und Passwort betreffen, erklärte Gudrun Brugger. Die Schüler seien oftmals unerfahren und sorglos. Mit 1000 Euro unterstützt das Landeskriminalamt das Präventionsprojekt. Weitere 1000 Euro kommen vom Verein Jugend- und Berufshilfe. Dessen stellvertretender Vorsitzender Joachim Gunzenhauser erklärte am Rande, als Rechtsanwalt kommuniziere er aus Datenschutzgründen überhaupt nicht per Whatsapp. Tamer Ötelos (Stiftung Lernen-Forschen-Arbeiten) betonte, dass man auch die Gewohnheiten von Migranten bei der Mediennutzung beachten müsse. Die Schulen müssen sich ab diesem Jahr mit 50 Prozent an den Kosten der Workshops beteiligen.

Weitere Informationen: Polizeipräsidium Tuttlingen, Telefon 07721/601 314. E-Mail: tuttlingen.pp.praevention.vs.@polizei.bwl.de