Die Hebammen Julia Beraud (links) und Christiane Paul-Klingner (rechts) betreuen die schwangere Maren Bosse. Foto: Kienzler

Versicherungen wollen Hebammen-Berufsrisiko nicht mehr tragen. Bei 8,50 Euro Stundenlohn 5000 Euro Prämie.

Schwarzwald-Baar-Kreis - Die Nachfrage nach Hausgeburten steigt. Viele Frauen wollen ihr Kind in den eigenen vier Wänden zur Welt bringen. Letztes Jahr hatten wir 140 Hausgeburten", erzählt Christiane Paul-Klingner.Sie hat in 30 Jahren beruflicher Tätigkeit mindestens 1500 Kinder sozusagen ans Licht der Welt gebracht und ist eine von 15 Hebammen im S’Hebammenhaus in Villingen, die Frauen im gesamten Kreis vor, während und nach der Geburt begleiten und beraten.

"Die Nachfrage ist riesig", weiß sie. Die Hebamme, die bei der Geburt hilft, hat schon vorher Kontakt zur Schwangeren und betreut sie auch hinterher. Das Angebot kommt an. Doch im Moment steht in den Sternen, ob das Hebammenhaus nächstes Jahr noch existieren wird. "Wenn das so weiter geht, müssen wir 2015 schließen", sagt die 54-Jährige. "Aber das betrifft nicht nur uns, sondern alle Geburtshäuser", fügt sie hinzu. Das Hebammenhaus Villingen hat eine Außenstelle in Triberg, die beispielsweise Kurse für Schwangere und zur Geburtsvorbereitung veranstaltet.

Der Grund für das Damoklesschwert Schließung, das über dem Hebammenhaus schwebt, sind die hohen Prämien für die Berufshaftplichtversicherung. 4700 Euro im Jahr sind momentan pro Hebamme zu zahlen, berichtet Christiane Paul-Klingner.

Im Juli sollen die Beiträge um 20 Prozent steigen, auf 5000 Euro oder mehr. "Und ab 2015 wollen die Versicherungen Hebammen überhaupt nicht mehr versichern", erzählt sie: "Das bedeutet praktisch ein Berufsverbot." Abgedeckt in den hohen Beiträgen ist das Risiko, zum Beispiel das seltene Ereignis, das ein Baby geboren wird, das später wegen einer Behinderung nicht in der Lage ist, zu arbeiten. Dann tritt die Sozialversicherung unter Umständen an die Berufshaftpflichtversicherung der Hebammen heran. Geburtsschäden sind im den vergangenen Jahren zwar nicht mehr, aber teurer geworden.

Von 2003 bis 2012 sind die Kosten für schwere Geburtsschäden nach Mitteilung des Gesamtverbandes der deutschen Versicherungswirtschaft um zirka 80 Prozent gestiegen. Mehr Schäden als früher gebe es aber nicht. Etwa 50 Schadenersatzmeldungen erhält der Hebammenverband. Das Risiko bei einer Geburt, die in den eigenen vier Wänden stattfindet, ist, so die Hebamme, grundsätzlich "nicht höher als bei einer Geburt im Krankenhaus".

Schließlich kenne man die Gebärende, wisse, womit zu rechnen sei. "Wenn Komplikationen auftreten, fährt man ins Krankenhaus", sagt die erfahrene Geburtshelferin. Vielen Schwangeren gelinge aber eine gute Geburt zuhause, beispielsweise unter Wasser in der Badewanne. Schwere Eingriffe und Kaiserschnitt seien selten. Weil die Arbeit der Hebammen aber Neugeborene betrifft, sind die Prämien der Berufshaftplicht sehr hoch. "Als ich 1990 begonnen habe, zu arbeiten, waren 800 Mark im Jahr zu zahlen", erzählt Christiane Paul-Klingner. Und das von einem verhältnismäßig geringen Verdienst. "Das Grundproblem ist, dass wir mit einem Stundenlohn von 8,50 Euro unterbezahlt sind."

Weniger hoch sind die Beiträge, die Hebammen ohne Geburtshilfe zahlen müssen, sie liegen bei ungefähr 400 Euro pro Jahr. Auch im Schwarzwald-Baar-Klinikum sind Hebammen tätig. Allerdings seien alle 28 fest angestellt, versichert Kliniksprecherin Sandra Adams. Die Hebammen sind dann, wie alle Mitarbeiter des Klinikums über die Berufshaftplicht des Krankenhauses abgesichert. Manche Häuser beschäftigen allerdings auch freiberufliche Hebammen. Diese seien dann, so Christiane Paul-Klingner, ebenfalls betroffen. Die Hebammenverbände setzen jetzt auf eine Lösung, die mit Gesundheitsminister Hermann Gröhe gefunden werden soll. Schließlich soll jede Frau selbst bestimmen können, wie sie ihr Kind zur Welt bringen möchte.