Niedrige Toleranzen und hohe Oberflächenqualität zeichnen die Rohre aus Walddorf aus. Foto: Buchner

Seit einem guten halben Jahr ist das Schwarzwälder Röhrenwerk eine 100-prozentige Tochter des Luxemburger Stahlkonzerns Arcelor Mittal. Die neuen Besitzer wollen in Walddorf die Produktion erhöhen.

Altensteig Walddorf - Seit 2016 war Arcelor Mittal Anteilseigner bei der Condesa-Gruppe, der neben drei Stahlwerken in Spanien seit 2004 auch das Anfang der 1960er-Jahre gegründete Schwarzwälder Röhrenwerk in Walddorf gehörte. Nachdem die Wettbewerbshüter grünes Licht gegeben hatten, übernahm der international agierende Konzern auch die verbleibenden Anteile, die bis dahin ein Banken-Pool gehalten hatte. In Walddorf wolle man nun die Produktion steigern, erklärt Geschäftsführer Adrian Alecu. Schon für dieses Jahr sei ein Plus von zehn bis 15 Prozent angepeilt. Um dieses Ziel zu erreichen, wolle man in den Maschinenpark des Schwarzwälder Röhrenwerks investieren und zusätzliche Mitarbeiter einstellen.

Von den neuen Werken überzeugt

"Wir sind von den neuen Werken überzeugt, auch vom Schwarzwälder Röhrenwerk", betont Alecu im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten. Das Walddorfer Unternehmen mit seinen rund 60 Mitarbeitern habe sich vor allem mit der Qualität seiner Produkte einen Namen gemacht. "Wer in der Branche auf hochwertiges Material setzt, sagt: ›Da nehmen wir Schwarzwälder‹ ", erzählt der neue Geschäftsführer, der bei Arcelor Mittal für 16 Werke in mehreren Ländern zuständig ist. Es sei die Präzision in der Fertigung, und die Fähigkeit, Rohre mit sehr spezifischen Eigenschaften, niedrigen Toleranzen und hoher Oberflächenqualität herzustellen, die die Produkte aus Walddorf in manchen Bereichen nahezu alternativlos machen würden. Sollen beispielsweise mehrere Stahlrohre teleskopierbar in einander passen, führe am Schwarzwälder Röhrenwerk eigentlich kein Weg vorbei.

"Und wer in Deutschland in einen Supermarkt geht, schiebt in den meisten Fällen unsere Produkte vor sich her", so Alecu. Denn in Deutschland gebe es nur einen relevanten Hersteller von Einkaufswägen, "bei dem kaufen alle großen Ketten ihre Wägen, und der bezieht die Rohre für die Rahmen wiederum von uns." Aber auch im Möbelbau seien die Erzeugnisse aus Walddorf sehr begehrt.

Das Rohmaterial kommt mit der Bahn bis Nagold

Rund 25 000 Tonnen geschweißter Stahlrohre verlassen jedes Jahr das Walddorfer Werk. Das Rohmaterial dafür – "Coils" genannte Rollen von Stahlbändern mit einem Gewicht von jeweils 20 bis 27 Tonnen – wird per Bahn nach Nagold geliefert, wo das Schwarzwälder Röhrenwerk eine Lagerhalle unterhält. Von dort aus wird es – ein Coil pro Fuhre – mit Lastwägen nach Walddorf geschafft. "Das sind drei bis vier Ladungen pro Tag", rechnet Adrian Alecu vor – in Zeiten steigender Benzinpreise kein unerheblicher Kostenfaktor. Aber ganz abgesehen vom finanziellen Aspekt verfolge Arcelor Mittal das Ziel, ab 2050 klimaneutral produzieren zu können – für einen Stahlkonzern durchaus ambitioniert.

"Wenig Fluktuation"

Als größtes Hindernis für die Erweiterungspläne haben Geschäftsführer Alecu und Verkaufsleiter Martin Jocher die Situation auf dem Arbeitsmarkt ausgemacht. Fachkräfte seien ohnehin knapp, und "Unternehmen wie Daimler in erreichbarer Entfernung und Boysen in direkter Nachbarschaft entwickeln eine Sogwirkung, die nicht viel übrig lässt", stellt Alecu fest. Deshalb bilde man auch aus, ergänzt Martin Jocher – sowohl Industriekaufleute als auch Industriemechaniker und -mechanikerinnen. Dass Mitarbeiter des Schwarzwälder Röhrenwerks zum Teil schon auf eine sehr lange Betriebszugehörigkeit zurückblicken, wertet Adrian Alecu als ein Zeichen der Zufriedenheit in der Belegschaft: "Wir haben sehr wenig Fluktuation."

Investitionen geplant

Rund eine Million Euro will Arcelor Mittal in den nächsten Jahren in Walddorf investieren, vor allem in den Maschinenpark. Ganz oben auf der Liste steht eine neue Sägeanlage, die die zunächst sechs Meter langen Stahlrohre auf die bestellte Endlänge kürzt. "Die neue Säge hat eine höhere Kapazität als die drei vorhandenen zusammen", kündigt Adrian Alecu an. Und dass ein Mitarbeiter die Endprodukte von Hand aus der Maschine nimmt und bündelt, "ist in der heutigen Zeit eigentlich auch nicht mehr nötig."