Fahrscheinkontrolle in Berlin – die meisten Nutzer haben einen. Foto: dpa/Paul Zinken

Es gibt gute Argumente, das Schwarzfahren juristisch neu zu regeln. Es nur zur Ordnungswidrigkeit zu machen, greift zu kurz, kommentiert Christian Gottschalk.

Auf den ersten Blick klingt das einleuchtend: Schwarzfahren, soll keine Straftat mehr sein. Begründung: Wer die Strafe nicht bezahlen kann, der bekommt eine Ersatzfreiheitsstrafe aufgebrummt und landet letztendlich in Haft – und da gehört er in der Regel nicht hin. Also raus aus dem Strafgesetzbuch mit dem Delikt und hin zur Ordnungswidrigkeit, wie beim Falschparken? Wird so die Justiz entlastet, den Menschen geholfen, das Problem gelöst? Leider nicht.

 

Die Haft bleibt gleich, heißt aber anders

Man muss nur ein wenig weiter denken: Wer die Sanktion einer Geldstrafe nicht bezahlen kann, der kann auch die gleich hohe Summe einer Ordnungswidrigkeit nicht begleichen. Und auch in diesen Fällen droht in letzter Konsequenz die Haft. Deren Name ist anders, und ihre Voraussetzungen sind sogar deutlich strenger. Jetzt heißt es Erzwingungshaft, und wer die abgesessen hat, muss die Geldstrafe immer noch bezahlen. Wer hingegen die Ersatzfreiheitsstrafe verbüßt hat, der hat seine Schuld getilgt. Die Reform des Schwarzfahrens wird somit schwieriger und umfangreicher als gedacht. Zumal Gerichte bei dieser Art der Neuerung nicht entlastet werden, sie müssten künftig die Einsprüche gegen das Knöllchen verhandeln.

Weiter denken tut Not

Da wäre es durchaus überlegenswert, Gedanken an etwas ganz anderes zu verschwenden: den kostenlosen Nahverkehr. In Tallinn und Luxemburg gibt es den schon. Das 9-Euro-Ticket war ein viel zu kurzer Schritt in die richtige Richtung.