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Mit einem Mitgliederentscheid will der Schwäbisch Haller SPD-Landtagsabgeordnete Nik Sakellariou seine Partei zu einem ordnungspolitischen Kurswechsel bewegen.

Schwäbisch Hall/Stuttgart - Mit einem Mitgliederentscheid will der Schwäbisch Haller SPD-Landtagsabgeordnete Nik Sakellariou seine Partei zu einem ordnungspolitischen Kurswechsel bewegen. „Es geht darum, Gemeinden zu ermöglichen, dass sie auf öffentlichen Plätzen unter besonderen Bedingungen ein befristetes Alkoholverbot verhängen dürfen“, sagt der Rechtsanwalt.

Eigentlich hat die Südwest-SPD diese Frage bereits zweimal klar negativ beantwortet: Zuletzt hatte im September 2012 ein Landesparteitag in Ulm das Ansinnen der Parteiführung abgelehnt, ein solches Instrument gutzuheißen – was die Grundlage für eine Änderung des Polizeigesetzes gewesen wäre. In der Breite der 36.000 SPD-Mitglieder macht Sakellariou jedoch eine ganz andere Mehrheitsmeinung aus: „Wo ich hinkomme, ernte ich Zustimmung für das Alkoholverbot.“

Aus diesem Grund will er nun erstmals im Südwesten einen offiziellen Mitgliederentscheid in einer Sachfrage anstoßen. Die Satzung bietet diese Möglichkeit seit rund zwei Jahren. „Eine Mitgliederbefragung hat den Zweck, den Widerspruch zwischen Parteitag und Basis aufzulösen“, sagt der Abgeordnete den Stuttgarter Nachrichten: „Genau diese Situation haben wir jetzt.“

Die formale Hürde ist allerdings beträchtlich: Bis zum 24. Mai muss Sakellariou insgesamt 3700 Unterschriften von SPD-Mitgliedern vorweisen können. Rund 500 hat er bisher zusammen. Er reist zwar im ganzen Land umher und wirbt in Orts- und Kreisverbänden um Zustimmung für seinen Vorstoß, doch einfacher wäre es, über den Post- und E-Mail-Verteiler des Landesverbands sämtliche Mitglieder anzuschreiben. Doch dabei spielt der Landesverband in Stuttgart nicht mit.

„Durch die Regeln, die sich die Parteispitze jetzt gibt, bindet sie sich“

„Jeder kann einen Mitgliederentscheid anstoßen, aber das ist nicht mit dem Automatismus verbunden, dass er Zugriff auf den Apparat des Landesverbands hat“, sagt Parteisprecher Andreas Reißig. Formal sei jedenfalls alles korrekt auf den Weg gebracht – einschließlich der Unterrichtung des Vorstands und der Veröffentlichung des Begehrens in der SPD-Zeitung „Vorwärts“, die jedes Parteimitglied regelmäßig in seinem Briefkasten hat. Darüber hinaus gebe es keine Hilfe.

Sakellariou hält das für kurzsichtig, denn damit schaffe die Partei einen Musterfall für künftige Mitgliederentscheide, warnt er: „Durch die Regeln, die sich die Parteispitze jetzt gibt, bindet sie sich.“ Seine Initiative solle ja kein Einzelfall bleiben. Es sei auch kein gutes Zeichen, wenn sich die SPD einerseits die Mitgliederbefragung auf die Fahnen schreibe, sie andererseits aber nicht befördere. So vermutet der SPD-Mann vor allem finanzielle Gründe für die Vorbehalte der Parteispitze. „Da ist man schnell bei 60 000 Euro“, räumt SPD-Sprecher Reißig ein, bestreitet allerdings, dass Sparsamkeit eine Rolle spielt: „Mitgliederbefragungen sind bewusst niedrigschwellig angelegt. Wenn sie zustande kommen, müssen wir sie auch machen.“

Ob der Vorstoß des Abgeordneten aus Schwäbisch Hall im beginnenden Bundestagswahlkampf der SPD nützt, ist eine ganz andere Frage. An der Parteispitze wird das bezweifelt. Zuletzt hat die Öffentlichkeit den Streit zwischen profilierten Kommunalpolitikern und der Basis um ein Alkoholverbot nämlich eher mit den Grünen als mit der SPD in Verbindung gebracht.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) persönlich vertritt bekanntlich die Meinung, dass man gegen Saufgelage und deren kriminelle Begleiterscheinungen am besten mit erweiterten Polizeibefugnissen vorgeht. Er stellt sich damit jedoch ebenfalls gegen ein Parteitagsvotum. Seine Grünen folgten ihm wiederholt nicht.

In der SPD will sich Anfang Juni erneut der Landesvorstand mit dem Thema befassen. Dann geht es allerdings nicht um das Alkoholverbot an sich, vielmehr um die Frage, wie man mit Sakellarious Antrag eines Mitgliederentscheids umgeht.