Bis auf den letzten Platz besetzt war der katholische Pfarrsaal Tennenbronn bei dem Vortrag. Fotos: Ziechaus Foto: Schwarzwälder Bote

Heimatgeschichte: Stefan Blum referiert zu Schwarzwaldhäusern / Reine Schutz- und Nutzbauten mit reduzierter Ästhetik

Überraschende Erkenntnisse lieferte Stefan Blum bei seinem Vortrag über das Schwarzwaldhaus.

Schramberg-Tennenbronn. Auf Einladung des Tennenbronner Heimathauses lauschten im katholischen Pfarrsaal "erschreckend viele Besucher" den Ausführungen des Architekten und Bauhistorikers aus St. Georgen.

Die Forschung wisse wenig über die späte Besiedlung im Schwarzwald, die erst im elften Jahrhundert durch die Klöster einsetzte mit dem Urbarmachen von Wäldern durch Bauern. Die zweite Form der Besiedlung im 13. und 14. Jahrhundert "prägt bis heute die Landschaft" mit Nutzflächen der Hofgüter, die oft in Streifen vom Berg hinab in die Täler liegen.

Das typische Schwarzwaldhaus sei "keine uralte Bauform, sondern deutlich nachmittelalterlich". Zwar könne man einzelne Fragmente von Höfen bis ins 15. Jahrhundert verfolgen, aber erst zwei Jahrhunderte später entstand das bekannte Wohnstallhaus mit tief gezogenem Walmdach, getragen von einer Firstsäule. Das seien baulich "total reduzierte landwirtschaftliche Holzgebäude mit Wohnen als Nebeneffekt".

Viele Laien und ein Experte beim Dachbau

Entgegen der heutigen Ansichten von Aus- und Umbauten waren die Gebäude von "extrem reduzierter Ästhetik" als reine Nutz- und Schutzbauten. Meist in Notsituationen wurde von 30 bis 50 Laien mit einem Zimmermann das Dach über dem Kopf errichtet. Vom Holzeinschlag bis zum Einzug von Tieren und Menschen verging höchstens ein halbes Jahr.

Was Bauern damals im Schwarzwald bauten, war für die Wissenschaft nicht interessant, verwies Stefan Blum auf eine erst seit 150 Jahren währende Forschungstradition.

In der Romantik im 19. Jahrhundert rückten Landschaft und Landleben in den Blick der Gesellschaft. Friedrich Eisenlohr aus Karlsruhe baute um 1840 Bahnhöfe in Mannheim und Heidelberg und entwickelte aus Bahnwärterhäuschen eine "Bahnhäusleuhr", das Muster für die Kuckucksuhr.

Der Landschaftszeichner Hermann Schilling aus Freiburg veröffentlichte 1915 viele Zeichnungen von Schwarzwaldhöfen und 1942 wurde "Das alte Bauernhaus im Hochschwarzwald" dargestellt. Hermann Schilli untersuchte um 1953 die Konstruktion der Bauernhäuser und versuchte daraus sieben Typen zu entwickeln. Darunter ist im mittleren Schwarzwald das Gutacher Haus besonders häufig und auf ebenen Flächen auch das Zartener Haus. Schilli gründete 1964 die Vogtsbauernhöfe und konnte bis 1981 verschiedene Typen im Museum wieder aufbauen lassen.

Als Grundmuster der Schwarzwaldhäuser gilt die räumliche Aufteilung des Wohnbereichs auf der Giebelseite in Stube, Küche und Kammern. Ähnlich wurden die alten Höfe in Oberschwaben und in der Schweiz gebaut.