Vera Decker sorgt mit ihrem Auftritt in Schramberg für ein volles Haus. Fotos: Herzog Foto: Schwarzwälder Bote

Kultur: Kabarettistin Vera Deckers hält ihr Publikum im Subiaco fast zwei Stunden lang auf Trab

Im Zeitalter des Internets und der Digitalisierung kann es hilfreich sein, wieder einmal an Grundwerte des Lebens erinnert zu werden. Der Kabarettistin Vera Deckers ist dies im Subiaco spielerisch und auf unterhaltsame Weise gelungen.

Schramberg. Hierzu hatte der Theaterring Schramberg die Künstlerin aus Köln engagiert, die als Solistin mit ihrem Programm "Probleme sind auch keine Lösung" auftrat.

Zugegeben, sie quasselt – mit Ausnahme einer 20-minütigen Pause – fast zwei Stunden lang ununterbrochen. Doch das Publikum hat seinen Spaß und vor allem viel zu lachen. Sie schlüpft dabei in verschiedene Rollen, mal als beschwipste Frau oder als zahnlose Großmutter, die der Enkelin ihre Jugendsünden beichtet. Nahtlos schafft sie den Übergang von einem Thema zum anderen, lässt kein gutes Haar an Heidi Klums Modelshow und nimmt weitere Stars der High Society sowie Politiker aufs Korn.

Bei der Kommunikation zwischen und unter den Geschlechtern bringt Deckers Verblüffendes zu Tage. Wenn ein Mann seinen Kumpel frage, ob das an seinem Bauch Muskeln oder Fett sei, komme als Antwort zurück: "Wahrscheinlich beides." Bei den Frauen würde die gleiche Frage zu Mord- und Totschlag führen.

Männer schrieben ihren Erfolg überwiegend sich selber zu und Misserfolge den anderen. Bei Frauen sei dies genau umgekehrt.

Facebook habe sie anfangs ja ganz toll gefunden. Plötzlich habe sie viele Freunde gehabt oder zumindest wollten die es sein. Vor lauter Schreiberei habe sie dabei das Duschen vergessen. Wenn man früher mit dem Zug gefahren sei, hätten sich die Menschen im Abteil noch unterhalten. Jetzt tippten die Leute ständig irgendwelche Nachrichten auf dem Smartphone und bekämen davon die neue Wohlstandskrankheit "Facebuckel".

"Wie verlogen ist das denn?"

Im Supermarkt ärgere sie sich nicht, wenn sich andere vordrängten. Kurios finde sie es aber schon, wenn eine zweite Kasse öffne, alle dorthin sprinteten und niemand gedrängt haben will.

Auch dem olympischen Wahlspruch "Dabei sein ist alles" gewinnt die rheinländische Frohnatur nichts Gutes ab. "Wie verlogen ist das denn? Im Swinger Club sagt auch niemand, bin nur gekommen, um zu gucken."

Heute finde bereits bei Kleinkindern ein Wettbewerb statt, wer was zuerst könne. Die beste Taktik, um da nicht mitmachen zu müssen, sei zu sagen: "Mein Paul kann gar nichts." In einer Bildungsstudie will die Kölnerin gelesen haben, dass Frauen beim Mathetest so gut abschneiden wie die Männer, "aber nur, wenn sie vorher nicht ankreuzen, dass sie Frauen sind".

Frauen seien nicht besoffen, sondern beschwipst und redeten dann in der Kindersprache. Weil dies Männer süß fänden und denken, die ist "voll wie 1000 Russen".

Apropos Trunkenheit: In diesem Zustand komme man immer noch ganz einfach ins Auto, während man fürs Hotelzimmer bereits Fingerabdrücke brauche. Es komme noch so weit, dass man sich nachts um halb drei nicht mal mehr etwas aus dem Kühlschrank holen könne.

Ihr bereite es Angst, wie vernetzt die Welt inzwischen sei. Da komme man zu spät ins Büro und erzähle dem Chef von dem Stau auf der Autobahn um 8 Uhr. Dann frage dieser, wieso dann um halb neun das Toastbrot zu Hause angebrannt sei.

Mit 75 will es die Blondine ordentlich krachen lassen und Orgien feiern. "Schwanger kannste da nicht mehr werden und bis das Aids ausbricht, biste längst gestorben."

Nach tosendem Beifall gibt die Kabarettistin noch eine Zugabe und blickt ein paar Jahrzehnte voraus, in der es die Niederlande nicht mehr gibt und ein früheres Bandmitglied von "Tokio Hotel" Bundeskanzler ist.