Johannes Zuckschwerdt Foto: Schwarzwälder Bote

Wirtschaft: Beim Thema Industrie 4.0 gehört SW in Waldmössingen zu den Vorreitern

Schramberg-Waldmössingen. Digitalisierung und Industrie 4.0 sind Themen, mit denen sich die Produktionsunternehmen der Raumschaft intensiv beschäftigen. Das gilt im besonderen Maße für die Maschinenbauer: Einerseits wollen sie selbst ihre eigene Produktion nach den Prinzipien von Industrie 4.0 digitalisieren. Andererseits sollen sie ihre Maschinen so entwerfen, dass die Kunden damit ihre Fertigung ebenfalls an Industrie 4.0 ausrichten können. Wir haben Johannes Zuckschwerdt, Leiter Organisationsentwicklung der Schwäbische Werkzeugmaschinen GmbH (SW), einige Fragen dazu gestellt.

Herr Zuckschwerdt, was versteht SW unter Industrie 4.0?

Wir verstehen unter dem Sammelbegriff Industrie 4.0 die Nutzung von leistungsfähiger Software und die intensive Vernetzung von Maschinen, um unsere Kunden so produktiv und flexibel wie möglich zu machen. Schon seit 2003 hat sich SW mit dem Thema beschäftigt, noch bevor es Industrie 4.0 als Schlagwort gab. Bereits damals waren unsere Maschinen über einen Online-Service nicht nur für unsere Techniker erreichbar, sondern auch eine Fehlersuche detailliert möglich. Mittlerweile haben wir ein Team von zehn Mitarbeitern, das sich mit Industrie 4.0 und "Internet of Things" befasst. Wir können schnellstmöglich den Verschleißgrad oder eine Fehlerursache ermitteln und Maßnahmen einleiten, ohne direkt vor der Maschine zu stehen: Wir sind sozusagen immer vor Ort.

Was sind die wichtigsten Vorteile von Industrie 4.0?

Die Produktivität und Verfügbarkeit einer Anlage ist für unsere Kunden das Wichtigste. Drei wesentliche Aufgaben werden durch die Anstrengungen rund um Industrie 4.0 erleichtert: Erstens ungeplante Stillstände vermeiden, zweitens Wartungen abhängig vom Zustand durchzuführen und drittens die Produktionsabläufe transparent zu machen, um sie optimieren zu können.

Macht Industrie 4.0 die Produktion nicht noch komplexer?

Wir glauben nicht, dass die Komplexität der Produktion durch Industrie 4.0 steigt. Im Gegenteil soll sie dazu beitragen, die ohnehin vorhandene Komplexität handhabbarer zu machen. Natürlich fordern neue Technologien auch die passenden Fachleute. Datenanalysten und Mathematikern arbeiten bei uns daran, die richtigen Algorithmen zur frühzeitigen Erkennung von Verschleiß oder Unregelmäßigkeiten zu entwickeln.

Gestaltet SW auch seine eigene Produktion nach den Prinzipien von Industrie 4.0?

Konkret geht es um die Digitalisierung von Geschäftsabläufen. Ob nun bei der Konfiguration von Maschinen im Vertrieb, einer automatisierten Stücklistenerstellung, einer hochflexiblen Fertigungssteuerung und Materialbeschaffung oder der Bereitstellung von Daten zur jeweils gelieferten Maschine als "Digitaler Zwilling". Der Kraftakt hierfür ist immens, aber wir sagen ja, unbedingt, und machen das.

Haben die für die Kunden produzierten Maschinen die entsprechenden Eigenschaften?

Ja, bei uns schon. Seit mehr als zehn Jahren verbinden wir unsere Maschinen mit einer leistungsfähigen Diagnoseplattform und können bis auf die Ereignisebene – inklusive alle Details – eine Maschine genauestens untersuchen. Zudem tragen SW-Maschinen seit Kurzem eine noch leistungsfähigere "Analytics-Engine" in sich, um in der Maschine und in Echtzeit maschineninterne Datenflüsse zu analysieren. Diese Option rund um ein "Datencockpit" ermöglicht unseren Kunden, ihre Produktion ein Stück näher an Industrie 4.0 heranzubringen.

Hilft SW ihren Kunden dabei, wie sie die Kurve zu Industrie 4.0 nehmen können?

Wir bieten seit knapp drei Jahren Beratung zur Materialflussplanung und Fabriksimulationen als Dienstleistung an und haben innovative Pilotprojekte am Laufen.

Ist "Künstliche Intelligenz" (KI) dabei nur ein weiteres neues Schlagwort wie Industrie 4.0 und Digitalisierung oder ein Hype mit Substanz?

Digitalisierung ist kein Schlagwort mehr, es ist ein Muss und schafft Voraussetzungen, um Industrie 4.0 umsetzen zu können. KI hilft dabei, automatisiert und schnell aus vielen Daten Folgerungen zu ziehen und Entscheidungen zu treffen oder sie vorzubereiten. Erste Forschungsprojekte in Richtung "Machine Learning" (Erkennen von Mustern) und KI sind in Verbindung mit "Data-Analytics" (Analyse großer Datenmengen) bereits am Laufen.  Die Fragen stellte Johannes Fritsche.