Im Rathaus besprechen die Datenerheber die Ergebnisse ihres Rundgangs. Fotos: Olowinsky Foto: Schwarzwälder Bote

Barrierefreiheit: Projekt startet

Was zunächst wie ein Unterrichtsbesuch im Rathaus aussah, hat sich schnell als erster Einsatz in einem gemeinsamen Projekt unter dem Namen "Hürdenlos" (Barrierefreies Schramberg) entpuppt.

Schramberg (olo). Zunächst erfolgte die Begrüßung durch Oberbürgermeister Thomas Herzog mit einem Dank an alle freiwillig Engagierten und die Initiatoren des Senioren Forums (SeFo), ebenso an Silvia Gmelin von der Aktionsgemeinschaft Gieb (Gestalten-Informieren-Erleben-Beteiligen) im Landkreis Rottweil, der Initiative des Landkreises zur Förderung von Inklusion und barrierefreien Projekten, sowie an Natascha Rümenapp, Fachstelle Bürgerschaftliches Engagement, angesiedelt im Juks 3 .

Dann gab es den Start der ersten praktischen Runde der Gebäudeerfassung vor Ort in Hinblick auf einen Landkreisführer und Wegweiser für Menschen mit Behinderung. Bewohner oder Besucher von Schramberg können in dem Wegweiser später schnell erfahren, welche Situation sie bei den verschiedenen Gebäuden vorfinden: Gibt es Treppen am Eingang und im Gebäude? Existiert ein Aufzug? Gibt es eine Behinderten-Toilette? Aber auch Fragen nach Beschaffenheit des Bodens vor und im Gebäude, Steigung eventueller Rampen, Ausstattung des Hauses mit Bedienelementen für Menschen mit eingeschränkten Bewegungs- oder Sehmöglichkeiten werden beantwortet.

Ausgerüstet mit Maßband, Fotoapparat und vor allem detaillierten Fragebögen zur technischen Ausstattung öffentlicher Gebäude in Bezug auf Barrierefreiheit zogen die Gruppen in die Innenstadt: Mitglieder des Senioren-Forums, 16 Schüler der Klasse 10a der Erhard-Junghans-Schule (sie hatten am Tag zuvor noch die letzte schriftliche Schulprüfung absolviert), Mitglieder der Lebenshilfe Waldmössingen und Mitarbeiterinnen vom Juks3. Sie alle waren im Vorfeld von Silvia Gmelin in der Handhabung der Umfragebögen geschult worden. Die Ergebnisse dieses ersten Rundgangs sollen später in die Plattform "Hürdenlos" eingepflegt werden. Weitere Rundgänge in Schramberg und in den Teilorten sollen noch folgen.

Bei unwirtlichem Wetter machten sich die gemischten Gruppen auf den Weg, die ihnen zugeteilten Gebäude zu bearbeiten. Dabei wurde schnell deutlich, dass ein solches Unterfangen auch seine Schwierigkeiten hat und mit vielen Detailinformationen verbunden ist. Nicht alle sogenannten "behindertengerechten Einrichtungen" entsprechen tatsächlich den geforderten Vorgaben: Ein Teilnehmer, selbst im Rollstuhl, demonstrierte an neuen Eingangstüren die Unerreichbarkeit des Türgriffs, machte deutlich, dass manche Aufzüge für Rollstuhlfahrer mit Begleitung viel zu eng sind und dass Gebäude zwar im Innenbereich gut ausgestattet sind, der Außen-Eingang aber ohne fremde Hilfe kaum zu bewältigen ist.

Klar wurde aber auch, dass einige öffentliche kulturelle Einrichtungen momentan für Rollstuhlfahrer nicht betretbar sind, also ihnen auch die Teilnahme an den Veranstaltungen verwehrt ist. So erfassten die sechs Gruppen den ganzen Vormittag zahlreiche öffentliche Gebäude der Stadt, wie Rathaus, Schloss, Schulen, Kirchen, Gemeindehäuser, Polizei und zahlreiche Außenstellen der Stadt, aber auch Toiletten.

Die Datenerheber berichteten in der gemeinsamen Schlussrunde im Sitzungssaal von so einigen Überraschungen auf dem Weg zur "Hürdenfreiheit": etwa ein Schild an der Tür zur ausgewiesenen Behindertentoilette mit der Warnung "Vorsicht Stufe" oder Rollstuhlrampen, die in der Praxis kaum zu bewältigen sind. Aber auch Örtlichkeiten, die nach den Kriterien des Fragebogens optimal sind, wurden vorgefunden.

Besonders freute sich eine Klein-Gruppe, dass ihre Anregung sofortige Wirkung zeigte: Eine Klingel für Rollstuhlfahrer war zu Beginn der Besichtigung eines Gebäudes lediglich mit dem nichtssagenden Standard "Mustermann" beschriftet, zum Ende ihrer Tour konnten sie im Datenbogen aber eintragen, dass die Klingel zwischenzeitlich beschriftet und mit dem Hinweis "Für Rollstuhlfahrer" versehen worden war.

Dies verdeutlicht, dass oftmals kleine Anregungen und Veränderungen bereits große Wirkung haben können, besonders für Menschen, die in ihrem Aktionskreis eingeschränkt sind: Ein erreichbarer Türöffner im Freien erleichtert auch jemandem mit Kinderwagen oder mit Rollator den Eingang.

Mit weiteren Schüler- und Jugendgruppen und mit Mitgliedern der Lebenshilfe Waldmössingen, soll durch SeFo und Juks3 die Daten-Erhebung in kommender Zeit in allen Stadtteilen fortgesetzt werden. Für Tennenbronn hat sich bereits eine Gruppe gefunden.