Niklaus Kuster steht kurz vor seinem Sabbathalbjahr, wo er ins Schweigen gehen wird. Foto: Anton Foto: Schwarzwälder Bote

Religion: Kapuzinerbruder berichtet von Freiheit für jede Lebensform und vom lieben Geld

"Nicht möglichst wenig haben, sondern möglichst viel teilen", diese Devise hat der Schweizer Kapuzinerbruder Niklaus Kuster vom Oltner Konvent an die zahlreichen Zuhörer bei seinem Vortrag im Elisabetha-Glöckler-Saal Heiligenbronn weitergegeben.

Schramberg-Heiligenbronn. Bei diesem zweiten reich illustrierten Vortrag von Marktplatz Kirche mit dem Titel "Bettelarm und beziehungsreich – zur Lebenskunst der Kapuziner" innerhalb des doppeldeutigen Jahresthemas "Mir reicht’s! Zwischen Nicht-genug-Bekommen und bewusst gelebter Genügsamkeit" vermittelte der Franziskusforscher und Reform-Franziskaner nicht nur ein lebendiges Bild des Poverello, der mit freien Händen, wachen Augen und mutigen Füßen alle Grenzen überwand, sondern gab auch intensive Einblicke in die eigene Gemeinschaft der Kapuziner, die materielle Abhängigkeit mit Solidarität und Beziehungsreichtum verbindet.

Ewald Graf streifte in seiner Begrüßung namens des Leitungskreises von Marktplatz Kirche auch die Bedeutung der Schweizer Kapuziner für den süddeutschen Raum und freute sich, den Referenten noch kurz vor seinem Sabbathalbjahr, wo er ins Schweigen gehen wird, zu diesem Vortrag begrüßen zu können.

Metaphorisch war schon das Eingangsbild: Franziskus und der Sultan stehen sich ohne Waffen, mit freien Händen gegenüber, denn "Brücken bauen kann man nur mit leeren Händen", wie der Redner erläuterte. Der Referent warf einen Blick zurück auf die mittelalterliche kleinbürgerliche Stadt Assisi mit ihrer aufkommenden marktwirtschaftlichen Kultur. Franziskus, privilegiert als angehender Kaufmann, Modeführer, "Eventmanager" und Immobilienbesitzer will noch höher in die Elitegesellschaft aufsteigen und träumt davon, Ritter zu werden.

Im zweiten Teil seines Vortrags stellte der Referent die Kapuziner vor, insbesondere seinen Oltner Konvent. Diese "Reform-Franziskaner", durch fünf Jahrhunderte leidenschaftliche Prediger, betrieben im Unterschied zu den Franziskanern immer auch Handarbeit. In der Gegenreformation wurden sie durch ihre Orientierung am Evangelium als ideale "Feuerwehr gegen die Reformation" eingesetzt. Anders als die Mönche, die in ihrer Einsiedelei verblieben, machten die Kapuzinerbrüder immer Wanderpastoral. Ihre Klöster, oft auf Felsen gebaut und etwas von der Stadt entrückt, erinnern an die Athos-Klöster in Griechenland.

Auch das Kloster Olten, das "Basislager" des Kapuzinerbruders Kuster, gehört dem Staat, doch tragen die Brüder die Ausgaben. Derzeit leben 16 Brüder im Kloster, doch sind meistens noch Gäste anwesend. Der Adventsmarkt im Klostergarten hat sich als absoluter Renner erwiesen. In vier Tagen werden 6000 Menschen verpflegt. Es gibt sogar eine Warteliste für freiwillige Helfer. Es gibt auch meditative Angebote und viel Gespräch. Der Erlös von circa 40 000 Euro wird für "Armutgetroffene" an die Sozialarbeiterin der Pfarrei weitergeleitet.

Auch auf die drei evangelischen Räte Armut, Gehorsam, Ehelosigkeit ging der Kapuziner ein und gab ihnen eine zusätzliche Bedeutung als dreifache Freiheit für jede Lebensform. Er sah in ihnen drei Grundhaltungen: zulassen (Leben mit wachen Augen), loslassen (freie Hände) und sich einlassen (mutige Füße). Diesen Grundsatz sah er vor allem vertreten durch den Noviziatsmeister Bruder Remigi Odermatt, der beispielsweise eine gemeinsame Kasse erlaubt, wobei jeder selber entscheiden könne, was er braucht. Die drei Schlüsselfragen seien: Was brauche ich? Was teile ich? Was gönne ich mir? Nur wenn ein Mensch mit sich selber großzügig sei, könne er mit anderen teilen. Teilen könne man den Lebensraum, seine Zeit, seine Aufmerksamkeit, sein Erfahrungen, sein Essen.

Im anschließenden Gespräch ging der Referent noch auf die Fragen der Zuhörer ein. So berichtete er auf die Frage, woher die Kapuziner das Geld für ihre Hilfeleistungen bekämen, dass die Brüder selbst ihre Pensionen einbrächten, viele Umschläge mit Geldbeträgen im Briefkasten des Klosters landeten und auch namenlose Beträge aus schwarzen Konten der Steuerhinterzieher bei ihnen ankämen. Außerdem sei ihr gemeinnütziger Orden steuerfrei.