Die ersten Gebäude der Uhrenfabriken Gebrüder Junghans auf einem der ältesten bekannten Fotos um 1870 Fotos: Stadtarchiv Foto: Schwarzwälder Bote

Heimatgeschichte: Die Stadt Schramberg hat dem bedeutenden Unternehmer viel zu verdanken

Im Jahr 2014 wurden die Graf-von-Bissingen-Schule und die Realschule in Schramberg zu einer Gemeinschaftsschule unter dem Namen "Erhard-Junghans-Schule" zusammengeschlossen.

Schramberg. Erhard Junghans wurde am 1. Januar 1823 als dritter Sohn von Nikolaus Junghans (1784 bis 1845) und Barbara Junghans (1783 bis 1846) in Zell am Harmersbach geboren. Der Vater Nikolaus, ein aus Horb am Neckar stammender Strickermeister, ging 1815 aus wirtschaftlichen Gründen auf Wanderschaft. Er landete in dem wenige Jahre zuvor badisch gewordenen Städtchen Zell am Harmersbach, wo er zunächst als Stricker und später dann als Tagelöhner in der Steingutfabrik Lenz arbeitete, in der er sich zum Kupferdrucker weiterbilden konnte.

1820 heiratete er die Tochter des städtischen Wundarztes und Barbiers, Barbara Schönenberger. Drei Jahre später kam Erhard auf die Welt, er hatte zwei Brüder und eine jüngere Schwester. Sein älterer Bruder, der Schreiner Xaver Junghans (1820 bis 1900), wanderte 1847 wie viele seiner Zeitgenossen in die USA aus.

Da die finanziellen Verhältnisse der Familie sehr bescheiden waren, mussten die Kinder früh in Haus und Garten mithelfen. Bereits im Sommer musste Brennholz für den Winter gesammelt werden, denn im Winter gingen die Kinder zur Schule. Der junge Erhard Junghans war ein sehr begabter Schüler im Rechnen, in der Geometrie, in Aufsätzen und im Zeichnen. Deswegen erhielt er von seinem Lehrer sogar Musikunterricht, besonders gerne spielte er auf der Flöte. Als die Söhne nicht mehr schulpflichtig waren, gingen sie mit ihrem Vater in die Steingutfabrik.

Ein alter Freund holte ihn 1847 nach Schramberg

1847 holte ein alter Freund der Familie, Isidor Faist (1797 bis 1853), der ebenfalls aus Zell am Harmersbach kam, die Familie Junghans nach Schramberg, um in der 1820 maßgeblich von ihm gegründeten Steingut- und Porzellanfabrik zu arbeiten. Erhard Junghans war dort zunächst als Zeichner und Formendreher beschäftigt. Im Herbst 1841 wurde er im Alter von 19 Jahren von Johannes Tobler (1785 bis 1855), dem Leiter der "Armenbeschäftigungsanstalt" (später: Strohmanufaktur J. P. Haas & Cie.) für zwei Jahre in die kaufmännische und technische Lehre genommen.

Im Frühjahr 1844 trat der junge Kaufmann aus dem Unternehmen aus und ging in die französische Schweiz, um seine Sprachkenntnisse zu verbessern. In Frankreich fand er eine Anstellung bei einem Bankier, der auch Abnehmer der Schramberger Strohtaschen war. Dabei blieb er immer in Kontakt mit seinem Chef in Schramberg und führte dem Unternehmen neue Geschäftsverbindungen zu. Im Herbst 1845 kehrte er nach Schramberg zurück. Zu dieser Zeit war er schon mit Luise Tobler (1820 bis 1910), der Tochter seines Chefs, verheiratet. In Schramberg fing er an, wieder auf seinem alten Posten in der Strohmanufaktur zu arbeiten. 1846 reiste er erneut nach Frankreich. In Le Havre erfuhr er, dass es in London einen bedeutenden Bedarf an Strohtaschen gäbe und beschloss, sofort nach London zu reisen. Auf seiner Reise erkannte er, dass die Strohhüte seines Unternehmens technisch und modisch nicht mehr auf dem höchsten Stand waren. Deshalb beantragte er nach seiner Rückkehr, ihm die Leitung der Strohhutfabrik zu übertragen. Er führte neuere und bessere Arbeitstechniken ein und gründete mit Unterstützung der "Königlichen Centralstelle für Gewerbe und Handel" im Königreich Württemberg Flechtschulen in den umliegenden Nachbargemeinden.

1854 entschloss sich Erhard Junghans endgültig, aus der Firma auszusteigen. 1859 kaufte er gemeinsam mit seinem Schwager Jakob Zeller aus der Schweiz ein Grundstück in der Geißhalde, um dort die Ölmühle Zeller & Junghans zu gründen, die allerdings zwei Jahre später schon am Ende war. 1861 folgte er der Anregung des Präsidenten der "Königlichen Centralstelle für Handel und Gewerbe", Ferdinand von Steinbeis (1807 bis 1893), und wandelte die Ölmühle in eine Fabrik von Uhrenbestandteilen nach "amerikanischem System" um, an deren Aufbau sein, 1862 aus den USA mit zahlreichen modernen Maschinen zurückkehrender, Bruder Xaver Junghans maßgeblich beteiligt war, sodass das Unternehmen den Namen "Uhrenfabrik Gebrüder Junghans" erhielt. Erhard Junghans starb jedoch bereits sehr früh im Alter von nur 47 Jahren am 9. September 1870. In den "Gewerbeblättern für Württemberg" wurde er in einem ausführlichen Nachruf als bedeutender Unternehmer gewürdigt, der sich um das Wohl des Landes, seines 1867 auch zur Stadt erhobenen Heimatortes und seiner Mitbürger große Verdienste erworben hatte.

Witwe übergibt Unternehmen an Söhne

Erhard Junghans hinterließ sieben Kinder, drei Söhne und vier Töchter. Nach seinem Tod wurde seine Witwe Luise Junghans Alleinerbin des Unternehmens und übergab es 1875 an die beiden Söhne Erhard Junghans (1849 bis 1923) und Arthur Junghans (1852 bis 1920), die bis zur Jahrhundertwende den Aufstieg zur "größten Uhrenfabrik der Welt" erreichten. Seine Heimatstadt hätte mit ihm sicher die Reihe ihrer "Ehrenbürger" eröffnet, wenn er nicht bereits drei Jahre nach der Stadterhebung gestorben wäre. In Schramberg gibt es bis heute viele Erinnerungen an ihn, die von dem bis heute bestehenden Traditionsunternehmen, über die Erhard-Junghans-Straße und den Erhard-Junghans-Brunnen auf dem Rathausplatz bis hin zu der nach ihm benannten Erhard-Junghans-Schule reichen, wodurch er doch einen vergleichbaren Rang im historischen Gedächtnis seiner Heimatstadt erhalten hat.

 Während eines Praktikums im Stadtarchiv Schramberg hat die Schülerin Isabell Füssl für die Erhard-Junghans-Schule die Biographie des Namensgebers erarbeitet.