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Bei Christel Arnold im Tierstein brüten seit nunmehr 30 Jahren einige Mauersegler-Pärchen Vorkehrungen gegen "ungewollte Mieter" getroffen

Tierliebe macht erfinderisch. Dieses etwas abgewandelte Sprichwort hat sich Christel Arnold im Tierstein zu Nutze gemacht, um Spatzen vor dem sicheren Tod zu bewahren.

Schramberg. Seit nunmehr 30 Jahren pflegt die 83-jährige Seniorin eine innige Tierfreundschaft mit mehreren Mauersegler-Pärchen. Wie sie berichtet, kommen sie jedes Jahr Ende April/Anfang Mai zum Brüten an ihr Haus und ziehen im August wieder ins Winterquartier nach Süden.

Doch in diesem Jahr ist alles anders. "Ich wohne jetzt seit 50 Jahren im hinteren Tierstein. Bis vor zwei Jahren kannten wir hier keine Spatzen. Vor ein paar Tagen hat ein ganzer Schwarm die Nistkästen auf meinem Balkon gestürmt", zeigte sie sich überrascht. Ihr auswärts wohnender Enkel hatte vorsorglich sechs passende Stöpsel gefertigt, die er ins Einflugloch stopfen wollte. Jedoch durfte er wegen dem Coronavirus seine Oma nicht besuchen.

Weil sie jedoch körperlich nicht in der Lage ist, auf einer Leiter zu den Nistkästen auf dem Balkon hochzusteigen, behalf sie sich anderweitig mit einer simplen Idee. Sie klebte Backpapier an sechs Kleiderbügel, die sie an einer Schnur befestigte und am Balkon des oberen Stockwerks so verankerte, dass sie vor den Nistkästen herunterhängen. "Wenn es etwas windet, flattert und knistert das Backpapier. Das hält die Spatzen ab", freut sie sich über den Erfolg.

Dabei hätte sie sich die Mühe gar nicht machen zu brauchen. Wie sie sicher weiß, hätten die Mauersegler die fremden Genossen kurzerhand aus den Nistkästen rausgeworfen. "Dies wäre dann in der Zeit geschehen, in der die Spatzen gebrütet hätten. Das käme für mich einer Tierquälerei gleich und würde mir für die Spatzen sehr leid tun", räumt die Tierliebhaberin ein. Nun hoffe sie, dass alles gut ausgehe und die Mauersegler trotz Coronavirus wieder zur gewohnten Jahreszeit Anfang Mai bei ihr einziehen. Sie freue sich jetzt schon darauf, wenn sie wieder pfeifend ums Haus zischten.

Die einzigen Feinde der Mauersegler seien Elstern und Spechte. Diese hätten im Sommer 2019, als sie für zehn Tage verreist gewesen sei, zwei Küken aus dem Nest geraubt. Das habe sie feststellen können, da ihr Sohn bereits vor mehreren Jahren in vier der sechs Nistkästen eine Kamera eingebaut habe. So könne sie im Wohnzimmer sitzend am Bildschirm das Treiben der Mauersegler beobachten und führe über alle Vorgänge akribisch Buch. Wie sie sich gegenseitig putzten, aneinander kuschelten und etwa 20 Tage nach dem Einzug ein bis drei Eier legten.

Die Eltern brüteten abwechselnd und manchmal kämpften sie geradezu, um auf den Eiern zu sitzen. Nur zum Fressen flögen sie aus. "Am schönsten ist es anzusehen, wenn der Nachwuchs schlüpft, gefüttert und umsorgt wird. Wenn die Jungvögel beinahe ausgewachsen neugierig aus dem Einflugloch herausschauen, kann ich mit ihnen sprechen. Im August vorigen Jahres sind die Paare mit insgesamt elf Kindern zurück nach Afrika geflogen", schildert Arnold ihre Erlebnisse eines ganz persönlichen und alle Jahre wiederholenden Sommermärchens.

Obwohl deren Wiederkehr nun schon drei Jahrzehnte andauere, sei sie jedes Mal im fortgeschrittenen Frühjahr aufs Neue angespannt, ob sie wiederkommen.

Der braun-schwarz gefiederte Mauersegler (Apus apus) ist eine Vogelart aus der Familie der "Segler". Er ähnelt den Schwalben sehr, ist mit ihnen aber nicht näher verwandt. Während der Brutzeit von Anfang Mai bis Anfang August hält er sich in Mitteleuropa auf, sein Winterquartier liegt in Afrika südlich des Äquators.

Er ist extrem an ein Leben in der Luft angepasst. Außerhalb der Brutzeit hält er sich etwa zehn Monate nahezu ohne Unterbrechung in der Lauft auf. Im Hochsommer ist der gesellige Vogel im Luftraum mit seinen schrillen Rufen auffällig. Seine Nahrung wie Insekten sucht er meist in großer Höhe. Bei Flugmanövern kann er im Sturzflug Geschwindigkeiten von mehr als 200 Stundenkilometer erreichen.