Carsten Kohlmann (links) und Robert Hermann empfinden die Nennung von Namen der Euthanasie-Opfer als heikel. Foto: Ziechaus Foto: Schwarzwälder Bote

Heimatgeschichte: Stadtarchivar Carsten Kohlmann stellt vier Personen in den Mittelpunkt

Der Lehre von der Verbesserung der Erbanlagen (Eugenik) sind im Dritten Reich auch Menschen aus Tennenbronn durch die Ermordung "unwerten Lebens" (Euthanasie) zum Opfer gefallen.

Schramberg-Tennenbronn. Stadtarchivar Carsten Kohlmann hatte die Spuren von vier Personen aus Tennenbronn verfolgt, die nach der nationalsozialistischen Erbpflege drangsaliert und ermordet wurden.

Als Opfer eugenischer Maßnahmen der Nazis wurden im Reich flächenhaft verteilt mindestens 200 000 Menschen ermordet und weitere 400 000 sterilisiert. Allein im gesamten Gebiet von Schramberg gebe es "50 oder mehr Euthanasie-Opfer". Auffällige im Sinne der Erbpflege mussten von Ärzten und Ortsgruppenleitern dem staatlichen Gesundheitsamt in Villingen gemeldet werden. Dafür war in Tennenbronn der Arzt Werner Freiberg zuständig, der seiner Verpflichtung auch nachkam, wie einige Meldungen auf Postkarten belegen. Seit Oktober 1939 gab es Regelungen, nach denen Erbkranken der "Gnadentod zu gewähren" war, weil sie die Volksgemeinschaft viel Geld kosteten.

Als erste Tötungsanstalt wurde seit 1940 das abgelegene Gut Grafeneck bei Reutlingen eingerichtet, fünf weitere waren über das Reichsgebiet verteilt. Nachweislich wurden in Grafeneck 10 654 Menschen ermordet.

Als Erbkranker mit religiösen Wahnvorstellungen wurde Andreas Eisenmann vom Bühl in Tennenbronn gemeldet, der als fast 60-Jähriger sterilisiert werden sollte. Todesmeldungen aus Grafeneck von 1940 gibt es von drei Personen aus Tennenbronn: Wilhelmine Kieninger (1896 bis 1940) und Christine Götz (1872 bis 1940) sowie das Kind Erwin Jäger (1932 bis 1940).

Mantel des Schweigens

Trotz aller Verschleierungen der Behörden, die Euthanasie nicht als Morde erkennbar zu machen, waren die grauen Busse der "gemeinnützigen Krankentransport GmbH" berüchtigt, die Kranke abholten. So gab es 1941 eine mündliche Anweisung von Adolf Hitler, die Euthanasie einzustellen; aber der wilden Euthanasie in Vernichtungslagern fielen danach noch 130 000 Menschen zum Opfer. Während Gefallene der Weltkriege auf Ehrenmalen in Gemeinden und Friedhöfen aufgeführt werden, liege über den Opfern der Euthanasie der Mantel des Schweigens.

Die Nennung von Namen sei noch immer sehr heikel, betonte Carsten Kohlmann. Aber nach fast 80 Jahren gebe es keine Sperrfrist mehr für persönliche Daten und die Namen der Opfer seien längst veröffentlicht worden.

Robert Hermann erinnerte an diesem Abend auch an einen jungen Arbeiter aus Polen, der im Krieg in Unterschiltach von den Nazis erhängt wurde.