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Beatrice Madlo berichtet von Menschen, die an Elektrohypersensibilität leiden.

Schramberg - Eine Reihe von Einwohnern der Region wendet sich mit einer Petition gegen die Einführung des Mobilfunkstandards 5G in Schramberg.

Auf zwei Internetplattformen hat die in Schramberg wohnende Beatrice Madlo in Vertretung einer Gruppe von Betroffenen die Petition gestartet. Unter dem Titel "Kein 5G in Schramberg – zum Erhalt der Gesundheit von Mensch und Umwelt" auf www.openpetition.de (Stand Freitag, 14. Februar: 18 Unterstützer) und auf www.change.org (90 Unterzeichner). Beides sind Plattformen für Bürgerinitiativen, Petitionen und Kampagnen.

"In Schramberg und Umgebung gibt es mehrere Menschen, die an Elektrohypersensibilität leiden. Wir haben aufgrund der jetzt schon vorhandenen Funkstrahlung schlimme gesundheitliche Auswirkungen, die bis hin zur Berufsunfähigkeit gehen. Wir überleben hier jetzt schon nur noch durch Isolationsmaßnahmen in unseren Häusern oder Wohnungen, die in die zweistelligen Tausender geht. Wenn 5G kommt, müssen wir gehen. Das kann nicht sein", begründet Madlo.

Sie verlangt eine öffentliche Information und die Einbeziehung der Bevölkerung in Schramberg zum Thema 5G und "dass wir als Schramberger ein Mitspracherecht haben". Der Gemeinderat müsse sich ausführlich mit dem Thema beschäftigten. Außerdem fordert sie, dass der Ausbau nicht begonnen werde, bevor die Unschädlichkeit für die Gesundheit der Menschen wissenschaftlich bewiesen sei. Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr und die Fraktionsvorsitzenden des Gemeinderats habe die Gruppe bereits über die Petition informiert.

Experte wird sprechen

Sie sei mit Beatrice Madlo schon seit einiger Zeit in Kontakt und kenne die Petition, teilte Oberbürgermeisterin Eisenlohr mit. "Aktuell planen wir, am 26. März im Gemeinderat einen externen Experten einzuladen, der neutral über die Vor- und Nachteile von 5G informieren wird. Eine Anfrage bei Professor Jürgen Anders, Professor für Digitale Infrastrukturen im Ländlichen Raum an der Hochschule Furtwangen, läuft", erklärte Eisenlohr auf Anfrage (siehe Infokasten).

Der Ausbau der Netze zu 5G obliege den Netzbetreibern. Wenn diese in Schramberg ausbauen möchten, müssten sie die Stadtverwaltung vorab informieren. "Klar ist natürlich auch, dass wir als Wirtschafts-, Lebens- und Tourismusstandort bei neuen Technologien mit der Zeit gehen müssen", fügte Eisenlohr hinzu. Derzeit lägen aber keine Informationen über Ausbauvorhaben vor.

Vorhandene Mobilfunkmasten könnten die Netzbetreiber für 5G nutzen, erklärt die zuständige Abteilung der Stadtverwaltung. Die Firmen müssten aber die Stadt informieren und deren Stellungnahme einholen. Wenn die Stadt keine Zustimmung gebe, wäre ein Schiedsverfahren der nächste Schritt. Neue Masten könnten natürlich auch auf Privatgrundstücke gesetzt werden, durch einen Pachtvertrag mit dem Eigentümer. Die Stadt müsse dann das Baugesuch prüfen. Unter welchen Bedingungen sie ablehnen kann oder zustimmen muss, dafür gebe es noch keine Erfahrungswerte. Bei Konflikten könnte eine gerichtliche Klärung nötig werden.

Im Zusammenhang mit 5G taucht manchmal auch der Begriff Smart City auf. So schreibt auch Madlo im Text der Petition: "Schramberg wird Smart City". Ihres Wissens nach, so Eisenlohr, habe Madlo diesen Begriff aus einer Veranstaltung mitgenommen, die von einer nicht mit der Stadt verwandten Organisation in Schramberg abgehalten wurde. "Wir als Stadtverwaltung verwenden diese Begrifflichkeit als solche nicht", stellte Eisenlohr fest.

Klarheit um Begriff

Recherchen unserer Zeitung haben ergeben, dass Fachbereichsleiter Uwe Weisser im Januar 2019 im Verwaltungsausschuss den Ausspruch "Beim Stichwort Smart City brauchen wir uns nicht verstecken" tätigte. Er wollte damit ausdrücken, dass Schramberg im Bereich E-Government bereits viele elektronische Dienstleistungen erbringe und sich in dieser Hinsicht nicht zu verstecken brauche.

Peter Hensinger hat den Satz am 27. September 2019 in der Aula des Gymnasiums in seinem Vortrag "Risiko Mobilfunk 5G: Gesundheitliche Gefahren und zunehmende Überwachung von Lebensbereichen" aufgenommen (wir berichteten). Eine Smart City mit den von Hensinger befürchteten, durch 5G erleichterten Kontrollmöglichkeiten der Smartphone-Nutzer hatte Weisser nicht gemeint.

Gespräche mit der ÖDP

Inzwischen haben sich Madlo und andere Betroffene mit Stadtrat Bernd Richter (ÖDP-Fraktionsvorsitzender) zum inhaltlichen Austausch getroffen. "Die Stadt sollte über das Thema 5G nicht nur im Gemeinderat, sondern in einer öffentlichen Veranstaltung mit neutraler Moderation informieren, auf der die 5G-Anbieter beziehungsweise -Befürworter sowie die Kritiker zu Wort kommen", unterstützt Richter deren Anliegen. Denn in einer Gemeinderatssitzung könnten die Bürger sich nicht beteiligen und diskutieren. Dass die Unruhe in der Bevölkerung zu dem Thema wachse, wundere ihn nicht: "Denn die Standards für die Grenzwerte variieren in der EU so stark, dass man sich fragt, ob sie willkürlich festgelegt wurden. In Deutschland sind sie sehr hoch." Und wenn ein Betrieb 5G brauche, dann könne er das lokal begrenzt realisieren, dafür müsse man 5G nicht flächendeckend einführen.

Auch in Schiltach wollen sich engagiere Bürger öffentlich mit dem Thema 5G auseinandersetzen: Am Freitag, 27. März, 19 Uhr, planen sie in der Friedrich-Grohe-Halle eine Veranstaltung dazu.

2010 wurde durch die Landesregierung und verschiedene Stifter an der Hochschule Furtwangen eine Stiftungsprofessur für digitale Infrastrukturen im ländlichen Raum eingerichtet und Jürgen Anders übertragen. Stiftungsgeber waren die Deutsche Telekom, Kabel Baden-Württemberg, Kellner Telekom, die IT der Sparkasse Pforzheim-Calw, die Firma Weigandbau, der Regionalverband Schwarzwald-Baar-Heuberg, die Landesanstalt für Kommunikation und das Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum.

"Der Spender bestimmt den Fachbereich und kommt in der Regel für die Forschungs- und Personalkosten der ersten fünf bis zehn Jahre", erläuterte das Ministerium für Ländlichen Raum, Ernährung und Verbraucherschutz (MLR), dass Stiftungsprofessuren für gewöhnlich von privaten Spendern finanziert werden.

2015 wurde die Stiftungsprofessur in das "Zentrum für Infrastruktur und Breitbanddienste Baden-Württemberg" an der Hochschule Furtwangen überführt. Nach dem Regierungswechsel 2016 ging die Zuständigkeit vom MLR an das Landesinnenministerium über. Zur Finanzierung des Zentrums, so das Landesinnenministerium auf Anfrage, erhalte die Hochschule Furtwangen die Hälfte der Kosten von 64.000 Euro im Jahr vom Land. Die anderen 64.000 Euro trage die Hochschule.