Der ehemalige Schramberger Hermann Reichert überreichte Ministerpräsident Stefan Mappus direkt bei einem Bürgerempfang in Lauchringen bei Waldshut einen "blauen" Bittbrief zum Thema Krankenhaus. Foto: privat

Ministerpräsident Mappus mit blauem Bittbrief zum Thema Krankenhaus überrascht.

Schramberg - "Noch kann er die Stimmung und die Stimmen retten": Mit diesen Worten bekam Ministerpräsident Stefan Mappus am Sonntag bei einem Bürgerempfang am Hochrhein einen blauen Bittbrief zum Krankenhaus überreicht.

Dem gebürtige Schramberger Hermann Reichert gelang es, in Lauchringen bei Waldshut den Regierungs-Chef persönlich anzusprechen und ihm ein Schreiben zu überreichen. Mappus zeigte sich im kurzen Gespräch mit Reichert gut informiert über die Stimmung in Schramberg, wo ja seine Mutter herstamme.

Bei Sozialministerin Stolz auf Bremse treten

Reichert appellierte an den Ministerpräsidenten, bei Sozialministerin Stolz auf die Bremse zu treten und zu verhindern, dass sie die Schramberger Krankenhausbetten aus dem Bedarfsplan streicht. Damit käme der Vertrag zwischen Landrat Michel und Helios nicht zustande. Reichert sagte zu Mappus: "Noch können Sie die Stimmung und die Stimmen retten. Tun Sie es".

"Hat Stefan Mappus noch ein Herz für Schramberg?", so Reicherts rhetorische Frage in dem blauen Brief. Als gebürtiger Schramberger, der heute in Waldshut-Tiengen lebt, beschäftigt ihn das Schicksal des Schramberger Krankenhauses und die Folgen für die 40 000 Einwohner in der Raumschaft Schramberg immer noch intensiv.

Als engagierten Bürger kennt man Reichert in seiner Heimatstadt bis heute als Vorsitzenden der 1899 gegründeten Bürgervereinigung Freiamt Tös. Mit Freude und einer gewissen Hoffnung auf Mappus möglichen Einfluss zugunsten von Schramberg habe er erst vor kurzem erfahren, dass dessen Mutter aus Schramberg stamme und der Ministerpräsident folglich wie er seine Wurzeln in der Schwarzwaldstadt habe. Als Schulkamerad, so erwähnte Reichert beiläufig, sei er mit dem auch Mappus bestens bekannten früheren Landtagsabgeordneten und Ehrenbürger Hans-Jochem Steim und ebenso mit seinem Klassenkameraden Albert Esslinger-Kiefer, dem Herausgeber und Verleger der Pforzheimer Zeitung, befreundet.

Unmittelbar nach dem "merkwürdigen" Kreistagsbeschluss vom 28. Februar fragte Reichert in einem Leserbrief im Schwarzwälder Boten, wo dazu die Meinung von Stefan Mappus und die der Ministerin Stolz "zu dieser gesundheitspolitischen Kastration für die Große Kreisstadt" bleibe. Um die gestellten Fragen direkt an den Mann und die Frau zu bringen, habe er am 6. März sein Anliegen per E-mail an das Staatsministerium und an das Sozialministerium übermittelt, in der Hoffnung, dass die Sorgen von Bürgern in Stuttgart nicht einfach im Papierkorb landeten. Da er von dort bis dato tatsächlich nichts zum Thema gehört habe, entschloss sich Reichert, am Sonntag die Gelegenheit in Lauchringen beim Schopf zu packen.

Wie er in seinem Brief an Mappus weiterschrieb, müsse er annehmen, dass für sein Anliegen dann doch der Weg in den Papierkorb gewählt worden sei. Das ärgere ihn sehr. Im Stillen habe er ja damit gerechnet, dass er keine Antwort bekomme. Doch dürften sich Politiker dann nicht wundern, wenn der Wahlbürger verdrossen reagiere.

Protestbewegung auf weit über 10 000 Personen angewachsen

In der Sache selbst, die ihm am Herzen liege, sehe es ja noch schlimmer aus: "Ihnen, Herr Ministerpräsident, sind die Bedenken und Befürchtungen aus der Raumschaft Schramberg durch Briefe und Berichte bekannt. Ebenso sind Sie auf die merkwürdigen Umstände und mögliche Zusammenhänge gewisser Personen zum Umfeld von Helios hingewiesen worden.

Auch die Entscheidungsmatrix hat meines Erachtens schon deutliche Angriffsflächen". Nach der jüngsten Äußerung des Regierungspräsidiums Freiburg sehe es aber so aus, als ob man dort spätestens am 9. April, also nach der Landtags-Wahl, die Rottweil-freundliche Kreistagsentscheidung zur Schließung des Schramberger Krankenhauses durchwinken werde.

Merkwürdig, so Reichert, sei auch, dass der Landrat den Vertrag mit Helios schon unterzeichnet habe, noch bevor das Regierungspräsidium in Freiburg geprüft habe, ob das Verfahren korrekt abgewickelt worden sei. "Ist das eigentlich zulässig?" Und warum seien die Unterlagen vom Landratsamt erst am 9. März nach Freiburg gegeben worden? Habe da jemand auf den Wahlkalender geschielt?

In der Raumschaft Schramberg herrschten Ärger, Frust, Protest, Wut und Unverständnis Die betroffenen 40 000 Bürger verstünden die Welt nicht mehr. Inzwischen sei die Protestbewegung auf weit über 10 000 Personen angewachsen. Er appelliere deshalb an den Ministerpräsidenten, sich unverzüglich einzuschalten. Er solle mit seinen Parteifreunden Steim und Maurer in Schramberg sprechen und den Freiburger Regierungspräsidenten zu einer äußerst kritischen Prüfung der Rottweiler Verfahrensweise auffordern.

Vor allem aber müsse er Ministerin Stolz davon abhalten, die Schramberger Krankenhausbetten aus dem Bedarfsplan zu streichen. "Die Schramberger hoffen auf Sie, Herr Ministerpräsident", schließt Reichert.