Frank Schrader Foto: Fritsche Foto: Schwarzwälder Bote

Geschichte: Frank Schrader hat neue Erkenntnisse über Eduard Trautwein zusammengetragen

Am Freitagabend hat Frank Schrader einen kritischen Blick auf das Leben und das Werk von Eduard Trautwein geworfen. Viele Zuhörer folgten gespannt dem Vortrag im Veranstaltungsraum des Gasthauses Adler.

Schiltach. Der Abend wurde von der VHS Schiltach gemeinsam mit der Mitgliedergruppe Schiltach/Schenkenzell des Historischen Vereins für Mittelbaden organisiert.

Mit seinen Gemälden ist der Schwarzwälder Kunstmalers Eduard Trautwein (1893 bis 1978) nicht nur auf den Rathausfassaden von Schiltach und Wolfach präsent, sondern auch in Wohnungen und Häusern vieler Privatleute der Region.

Um richtig verstanden zu werden, stellte Schrader seinem Vortrag ein Zitat von Wolfgang Proske (seit 2010 Herausgeber der Buchreihe "Täter, Helfer, Trittbrettfahrer") voran: "Es geht heute nicht mehr darum, Menschen, die längst verstorben sind, zu verurteilen. Viel wichtiger ist, aus einer Vogelperspektive heraus falsche Erinnerungen zu korrigieren und durch Abstraktionen aus dem Fehlverhalten für die Gegenwart zu lernen".

Zunächst skizzierte er Werk und Stil Trautweins als den "Schwarzwaldmaler", als der er vor allem bekannt ist. Mit vielen Dokumenten und einschlägigen Bildern Trautweins arbeitete er heraus, wie es mit dessen "Mitläufertum" während der Zeit des Nationalsozialismus tatsächlich bestellt war.

Sachlich vorgetragen entstand das Bild eines Mannes, der nicht nur ein anerkannter unpolitischer Landschaftsmaler war. Sondern das eines Mannes, der sich nicht scheute, während dieser Zeit in seiner Heimat auch eine Reihe politischer Funktionen der NSDAP zu übernehmen (es waren acht).

Hitler-Porträt macht Furore

Schrader zitierte dazu Trautweins Aussage 1948 vor der Spruchkammer, dass dieser sich als Kreiskulturstellenleiter "nicht mit rein politischen Dingen" befasst haben wollte. Ein Widerspruch zur Beurteilung des NS-Parteigerichts, dessen Vorsitzender Adolf Oehler Trautwein am 29. September 1936 als weltanschaulich gefestigt und in seinem Amt bewährt lobte.

Eigenschaften, die ihn auch für die Aufgabe des Blockleiters von 1944 bis 1945 empfahlen. Und die auch ihren Niederschlag in der Presse fanden: Überschwänglich lobte "Der Kinzigtäler" Trautweins Hitler-Porträt als eines der besten der damaligen Zeit. Das Porträt machte Furore, wurde bei NS-Veranstaltungen ausgestellt, einmal schmückte es einen Blumenteppich in Schenkenzell.

Die Wandmalereien der Rathausfassaden von Schiltach und Wolfach mit ihren Hakenkreuzen und dem Hitler-Zitat (ein Wochenspruch von diesem) in Schiltach sind weitere Beispiele, die Schrader neben etlichen anderen noch aufzeigte. Trautwein habe auch wirtschaftlich profitiert: Vor der NS-Zeit verfügte er nur über wenig Geld, am Ende dieser Zeit sei er ein vermögender Mann gewesen.

Nach dem Krieg kam Trautwein glimpflich davon. Die Spruchkammer stufte ihn am 12. Juli 1948 als "Minderbelasteten" ein. Trautwein hatte seine Arbeit als Kulturstellenleiter als "rein künstlerische Betätigung" dargelegt und kam damit durch. Für seine Parteimitgliedschaft und Tätigkeit als stellvertretender Beisitzer des Kreisgerichts musste er aber drei Jahre zehn Prozent des Nettoeinkommens als Sühne abführen.

Ein Grund für die Milde dürfte gewesen sein, dass die befragten Parteien SPD und KPD nichts Wesentliches gegen ihn vorbrachten, wie Schrader mit Auszügen aus deren Stellungsnahmen belegte. Beklemmend fanden es nicht nur Schrader, sondern auch die Zuhörer, dass aktuell Trautweins Hitlerporträt im Internet als Postkarten gehandelt werden.

Unzulässige Verkürzung?

In der lebhaften Diskussion nach dem mit viel Beifall bedachten Vortrag ging es auch um das Wandgemälde am Schiltacher Rathaus. Ein dort angebrachtes Schild soll das Werk historisch einordnen. "Der Text auf dem Schild entspricht nicht der von Schrader vorgetragenen Forschungslage", erklärte Hans Harter.

Auf Nachfrage des Schwarzwälder Boten präzisierte er nach der Veranstaltung seine Kritik daran: Erstens die unpräzise Formulierung, dass es die "damaligen nationalsozialistischen Machthaber" (wer sind die genau?) in Auftrag gaben, und zweitens, dass das Bildprogramm "an Schiltachs Geschichte als Stadt der Flößer und Gerber (erinnert)". Für Harter ist das eine unzulässige Verkürzung des NS-Bildprogramms auf den Touristikslogan der 1970er-Jahre, der heroische Kolossalstil des Dritten Reichs werde überhaupt nicht erwähnt.

Nach der Diskussion dankte der Vereinsvorsitzende Markus Armbruster Frank Schrader für den kritischen Vortrag, der den Blick auf lang bekannte Kunstwerke schärfe.