Fast voll besetzt war die Halle beim Kreisbauerntag. Zahlreiche Ehrengäste, darunter Staatssekretär Hans-Joachim Fuchtel (links) und Landrat Klaus Michael Rückert (rechts) unterstrichen mit ihrem Besuch die Bedeutung der Landwirte für die Region Fotos: Sannert Foto: Schwarzwälder-Bote

Landwirte kritisieren beim Kreisbauerntag Rahmenbedingungen / Ministerialdirektor rät zur Interessensbündelung in Genossenschaften

Von Doris Sannert

Kreis Freudenstadt. Die Weiterentwicklung der Europäischen Agrarpolitik ,aber auch die Förderrichtlinien für Ausgleichszahlungen der neuen Landesregierung waren Schwerpunktthemen beim Kreisbauerntag in Schopfloch.Gerhard Fassnacht, Vorsitzender des Kreisbauernverbands, begrüßte in der fast voll besetzten Turn- und Festhalle in Schopfloch neben Vertretern des Landwirtschaftsministeriums und des Landfrauenverbands auch Vertreter der Bundes- und Landespolitik, des Landkreises und der Kreisgemeinden.

"Wir sind in Deutschland mit den höchsten Kosten konfrontiert", machte Fassnacht deutlich. Während in anderen Ländern die Menschen mehr als 20 Prozent ihres Einkommens für die Lebenshaltung ausgeben, seien es in Deutschland nur elf Prozent. Für die Landwirte bedeute das einen Spagat zwischen Weltmarktpreisen und den entstandenen Kosten. Landwirte in Baden-Württemberg seien bei den Buchführungsergebnissen an letzter Stelle mit Kosten für eine Arbeitskraft von 23 000 Euro und Investitionskosten von 500 000 bis einer Millionen Euro pro Arbeitskraft. "Und jetzt frage ich die Politik, das Ministerium, wie wollen Sie diese Situation rechtfertigen?".

Fassnacht kritisierte auch die Kontrollen der landwirtschaftlichen Betriebe. An die Abgeordneten appellierte er, nicht von Bürokratieabbau zu reden und gleichzeitig die Kontrollschrauben anzuziehen. Kritik äußerte der Kreisvorsitzende auch an der Weiterentwicklung der Europäischen Agrarpolitik (GAP-Reform). Flächen aus der Produktion zu nehmen oder ein Grünlandumbruchverbot hält er für den falschen Weg, wo doch die Landwirtschaft durch die Besiedlung kontinuierlich an Grünland verliere.

"Brauchen wir eine grüne Agrarpolitik?" lautete das Thema, über das Ministerialdirektor Wolfgang Reimer referieren sollte. Seine Antwort darauf war kurz und knapp: "Wir brauchen keine schwarze, keine rote und auch keine grüne Agrarpolitik, sondern eine Agrarpolitik, die in die Zukunft gerichtet ist und zu unserer Agrarstruktur passt!"

In seinen Ausführungen ging Reimer stattdessen auf die Kritikpunkte von Gerhard Fassnacht ein. 33 Millionen Euro an EU-Mitteln fehlten, weil sieben Jahre lang die Gelder nicht so verteilt worden seien, dass am Schluss noch Geld da ist. Das Marktentlastungs- und Kulturlandschaftsausgleichs-Programm (Meka) sei mit 19 Millionen Euro überzeichnet, 14 Millionen Euro fehlten bei der Ausgleichszulage. Keiner übernehme gerne die Regierungsverantwortung und wolle gleich streichen, aber "es ist uns nichts anderes übrig geblieben", machte Reimer deutlich.

Die Mehrheit der Landwirte habe sich für eine Ausrichtung auf liberalisierte Märkte entschieden. Nun gebe es kein Zurück mehr. Statt über Zuschüsse, für die kein Geld da sei, sollte lieber über den Ausbau eines Sicherheitsnetzes, beispielsweise für die Interessensbündelung in Genossenschaften, nachgedacht werden, um im Fall eines erneuten Sinkens der Milchpreise gewappnet zu sein, riet der Ministerialdirektor. Kleinere Betriebe, die die Wachstumsschiene nicht schaffen, könnten sich neue Standbeine im Fremdenverkehr oder bei der Energiegewinnung schaffen.

Landrat Klaus Michael Rückert informierte die Anwesenden über die Hilfestellung des Landratsamts bei der neuen, elektronischen Antragsstellung. Für 40jährige ehrenamtliche Berichterstattung für das Statistische Landesamt ehrte der Landrat Willi Jäckle im Auftrag der Präsidentin des Statistischen Landesamts, Carmina Brenner, mit einer Ehrenurkunde und einem Geschenk. Die Daten zum Anbau, den Entwicklungsständen der Feldkulturen und zu den voraussichtlichen Ernteaussichten lieferten auch heute noch die Basis für Versorgungs- und Preisprognosen, so der Landrat.

Weitere Berichte über das abgelaufene Jahr kamen vom Vorsitzenden des Agrargesprächskreises, Christian Nübel, und von der Vorsitzenden des Landfrauenverbands, Katharina Schmelzle. Grußworte sprachen zudem der gastgebende Bürgermeisters Klaas Klaassen und Staatssekretär Hans-Joachim Fuchtel.

Für Diskussionsstoff sorgte am Ende auch das Thema Nationalpark.