Die kleinen Papier-Raketen weisen auf das Thema des Nachmittags hin: "Zeit". Fotos: Ciubotaru Foto: Schwarzwälder Bote

Freizeit: Seniorennachmittag im katholischen Pfarrheim / Nettes Beisammensein

Schönwald. Sie sitzen beisammen, im katholischen Pfarrheim: Senioren in vertrauter Runde, an liebevoll geschmückten Tischen, mit feinem Porzellan, schönen Tischdecken und wie kleine Briefumschläge gefalteten Servietten. Kleine Papier-Raketen mit Uhrblatt darauf, von den Maiers gebastelt, weisen auf das Thema des Tages hin: "Zeit".

Genau zuhören

Wenn ältere Menschen über die Zeit reden, lohnt es sich, zuzuhören. Denn sie gingen durch das Tor der Zeit, haben fast ein Jahrhundert durchlebt und eine Menge Geschichte – sie kennen die Nöte und Schmerzen des Krieges, sie haben hart gearbeitet und das Land wieder aufgebaut, sie erlebten die Studentenrevolution der 1968er und die Entnazifizierung, den Aufstieg und Fall der kommunistischen Diktaturen, den Planeten am Rande von atomarer Apokalypse. Ihre Uhren, an dem Ort, wo die Kuckucksuhren erfunden wurden, haben Millionen von Sekunden gezählt – Millionen von Herzschlägen.

Jakob und Mathilde Maier managen seit vielen Jahren die Treffs des Seniorenkreises in Schönwald, bereiten die Tagesordnung vor, organisieren kleine Ausflüge und Feste. Heute ist ihr Platz am Tisch aber leer und die Durchführung des Tagesprogramms mit Gebet, Liedern und einem Vortrag über die Bedeutung der Zeit übernahmen Roswitha Rombach und Angelika Wehrle.

Magrid Scherer hilft auch, die Frauen bedienen gemeinsam die Gäste. Kaffee und Kuchen werden herbeigezaubert.

Lebhafte Unterhaltungen

An zwei Tischenden unterhalten sich ein paar Frauen lebhaft. Der Rest der Senioren genießt die Gemeinschaft. Es dauert noch eine Weile, bis sie auftauen, aber dann werden auch die Herren gesprächig und im Saal herrscht darauf ein Stimmenwirrwarr – im lokalen Dialekt.

Nach einer guten Stunde beginnt das Programm. Das Gebet berührt: "Guter Gott, alles empfangen wir von Dir, die Jahre, die du uns bisher geschenkt hast, die Zukunft, die uns verborgen ist, und die Gegenwart, in der du uns nahe bist. Wir bitten Dich, lege Deinen Segen auf dieses neue Jahr, lass uns dich suchen und finden, in schönen und in schweren Tagen, in Freude und Hoffnung, in Arbeit und Erholung, im Gelingen und Scheitern, in Trauer und Trost, in allen Augenblicken dieses Jahres. Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn, Amen."

Den Text über das Thema Zeit hatte Mathilde Maier geschrieben, fesselnd und tiefsinnig. Das Wort "Zeit" sei das meist gebrauchte Hauptwort der deutschen Sprache, so sehr beschäftige die Zeit den modernen Menschen. Allerdings dominiere seine Verneinung: "keine Zeit". Eine Studie besage, dass mehr als 25 Millionen der Deutschen angegeben hätten, sich gehetzt zu fühlen. Die Zeit soll zu den knappsten Gütern des 20. und 21. Jahrhunderts gehören, paradox eigentlich für eine Epoche, in der so viel Technik zwecks Erleichterung der Arbeit und des Alltags erfunden wurde, eigentlich "Zeitsparer".

Sich Pausen nehmen

"Doch die Zeit ist kostbar. Zu kostbar, um sie mit den falschen Dingen zu verschwenden", soll der Schauspieler und das Idol der alten Generation, Heinz Rühmann, gesagt haben. Der Ratschlag der Senioren: seine Aufmerksamkeit mehr zu fokussieren, sich Zeit für Pausen, für sich selbst und die Liebsten nehmen. Sich die Frage stellen, was im Leben am Wichtigsten ist.