Seniorenbetreuungsplätze gibt es in Schömberg schon viele. Jetzt sollen neue hinzukommen. Foto: © Monkey Business – stock.adobe.com Foto: Schwarzwälder Bote

Pflege: Häuser Tanneck und Martényi üben mit Brandbrief Kritik am Einstieg des Evangelischen Diakonissenvereins

Pflegenotstand herrscht in Schömberg wohl nicht. Zumindest wenn es nach zwei Häusern geht, die sich mit dem Thema beschäftigen. Sie machen nun nämlich mobil gegen die geplante Erweiterung des Pflegeangebots in der Glücksgemeinde.

Schömberg. Es brodelt im Schömberger Pflegesektor. Bereits im Februar diesen Jahres akzeptierte der Gemeinderat einstimmig das Pflegekonzept des evangelischen Diakonissenvereins Siloah. Das sieht vor, eine neue Einrichtung in der Neuen Mitte in Schömberg entstehen zu lassen. Neben barrierefreiem Wohnen wird stationäre-, ambulante- und Tagespflege angeboten und als neueste Einheit eine betreute Wohngruppe, die eine "stambulante" Pflege anbietet.

Insgesamt sollen dort zwischen 100 und 200 Plätze für Senioren geschaffen werden. Und genau diese Vielzahl bringt die Verantwortlichen der beiden Pflegeeinrichtungen Haus Tanneck und Haus Martényi auf die Palme. Sie beklagen in einem Brandbrief ans Rathaus, der dem Schwarzwälder Boten vorliegt, dass es durch "zusätzliche Kapazitäten zu einem Verdrängungswettbewerb" kommen könne, der für "alle Marktteilnehmer ruinös werden kann". Oliver Zajac als Geschäftsführer des Hauses Tanneck und Tanja Dickmann vom Haus Martényi ziehen hier an einem Strang, haben den Brief auch beide unterzeichnet. Beide haben zur Untermauerung ihrer These auch Zahlenmaterial des Landes bemüht: Denn laut diesen Zahlen brauche es rein rechnerisch fünf Prozent der über 65-Jährigen als stationäre Pflegeplätze. Das seien, legt man die Volkszählung von 2017 zu Grunde, 87 Plätze. Schon jetzt habe es, echauffieren sich Dickmann und Zajac, 276 Plätze. "Wir haben in Schömberg wahrscheinlich die höchste Dichte an Pflegeeinrichtungen in ganz Baden-Württemberg", vermutet Zajac.

Denn schon jetzt sind neben den beiden Häusern auch noch die Häuser Bergtal und Grünhof in Schömberg verortet. Hinzu kommt noch die Diakoniestation und Services, die Essen auf Rädern anbieten. "Dann ist das auch noch ein fünfter Wettbewerber", grollt Zajac, der ergänzt, dass man dann viel zu viel Kapazität hätte. Diese Bedenken hat man jetzt in dem Brief ans Rathaus und Bürgermeister Matthias Leyn übermittelt.

Auch bei Dickmann sorgen die Pläne für Stirnrunzeln: "Wir investieren hier Millionen, um zu erweitern und zu modernisieren und dann sowas. Das tut mir schon weh", klagt sie. Mehr noch.

Im Rathaus reagiert man noch entspannt

Die beiden Pflegeeinrichtungen fürchten eine, so führt der Brief wörtlich aus, "Kannibalisierung im Wettbewerb um Pflegekräfte". Das sehen Zajac und Dickmann als Gefahr für alle Pflegeinrichtungen am Ort. Durch den Verdrängungseffekt mit einer neuen Einrichtung sehen die beiden Pflege-Experten wirtschaftlichen Schaden auf die bereits bestehenden Betriebe in Schömberg zukommen. Das wolle man natürlich nicht, weshalb man sich gewünscht hätte, eher beziehungsweise überhaupt in die Planungen eingebunden zu sein.

"Wenn man der Meinung ist, dass man zusätzliche Angebote braucht, dann sollte man doch auf die Unternehmen am Ort zukommen, die ja den Sachverstand haben", bemängelt Zajac, dass man die örtlichen Pflegeeinrichtungen nicht berücksichtigt hat. Im Schömberger Rathaus lässt man die Welle der Empörung entspannt auf sich zurollen. Bürgermeister Leyn beteuert: "Selbstverständlich nehmen wir die vorgebrachten Bedenken ernst und werden uns im Gemeinderat auch damit auseinandersetzen."

Dabei werde auch das weitere Vorgehen besprochen. Natürlich wird man im Anschluss daran auch das Gespräch mit den Betroffenen suchen. Bisher sei auf den Brief aber noch keine Reaktion erfolgt, erklärt Dickmann, die deshalb keine hoheh Erwartungen hat: "Es wäre schön, wenn überhaupt mal jemand reagieren würde und auf uns zukommt." Das soll laut Leyn ja zu gegebener Zeit auch geschehen. Auch wenn er derzeit bei bestem Willen noch nichts über die geplanten Pflegeplätze sagen könne, denn "eine endgültige Entscheidung über die Anzahl der Pflegeplätze ist vom Gemeinderat noch nicht getroffen worden."

Erst im Zuge der Schaffung des Bauplanungsrechts werde hierzu eine Entscheidung im Gemeinderat gefasst. Und, das bekräftigt Leyn abschließend: "Im Entscheidungsprozess wird der Brief mit den vorgebrachten Bedenken mit abgewogen."

Es wird sich zeigen, ob das die beiden Häuser beruhigen kann. Denn die fürchten nichts weniger als dass der Wettbewerb "ruinös werden kann". Deshalb appellieren Zajac und Dickmann an Gemeinderat und Stadt, "auf dem vorhandenen Areal eine Nutzung [zu realisieren], die nicht die vorhandenen und bewährten Strukturen gefährdet, sondern sinnvoll ergänzt."