Hospiz-Koordinatorin Nadine Tscheuschner hielt einen Vortrag zum Thema "Sterben". Foto: Meinert Foto: Schwarzwälder Bote

Gesellschaft: Hospizdienst Schömberg informiert

Schömberg. Tod und Sterben, das sind gemeinhin Tabuthemen in der Gesellschaft. Man redet nicht gerne darüber, vor allem vor Kindern nicht. "Total falsch", meint Nadine Tscheuschner dazu. Gerade mit Kindern müsse man das Thema offen und ehrlich besprechen. "Sterben in der Familie" heißt denn der Vortrag der jungen Frau zum "Hospiztag 2019" im Kursaal Schömberg. Der Saal ist gut besetzt, das Interesse groß. Viele Menschen sind offenbar dankbar, über das Tabuthema endlich mehr zu erfahren.

Zum Informationsabend geladen haben der Hospizdienst Schömberg und die Initiative "Menschen helfen Menschen". Tscheuschner kennt sich bestens aus, wie mit Kindern umzugehen ist, deren enge Familienangehörige im Sterben liegen: Sie ist Koordinatorin ambulanter Kinder- und Jugendhospizdienst der Malteser im Kreis Calw. Viele Menschen mag es verwundern, doch sie beobachte immer wieder: "Kinder gehen lockerer mit Tod und Sterben um", sagt sie. Doch warum ist das so? Ein Grund, so ihre Vermutung, könnte darin liegen, dass Kinder durchaus schon Erfahrungen mit dem Tod gemacht haben: Sie haben etwa schon einmal verendete Tiere gesehen. Oder ein Haustier in der Familie ist gestorben – und wurde gar im eigenen Garten feierlich beerdigt. Manche Kinder, so Tscheuschner, hätten so bereits Gelegenheit gehabt, sich dem Tod sozusagen "spielerisch zu nähern".

Ehrlichkeit notwendig

Oberste Regel beim Thema Tod und Kinder, so Tscheuschner: Ehrlichkeit. "Kinder spüren Lügen, auch Notlügen." Vor allem aber haben Kinder viele "Fragen, die sie loswerden wollen". Auf diese Fragen sollte man unbedingt eingehen, "und zwar auch dann, wenn wir selbst darauf keine Antwort haben". "Kinder haben ein sehr feines Gespür dafür, was sie brauchen."

Und was passiert, wenn man das Thema doch todschweigt? "Das Kind spürt dann, dass etwas nicht stimmt." Manche Kinder geben sich dann selbst Schuld am Tod des Elternteils oder am Tod der Großeltern. Todschweigen "verunsichert die Kinder, sie beziehen die Schuld dann auf sich". Es sei etwa sehr zu überlegen, ob es denn richtig ist, beim Tod des Großvaters das eigene Kind zum Übernachten bei Freunden zu schicken, nur damit es Trauer und Beerdigung nicht mitbekommt. "Kinder wollen die Welt verstehen" – heißt denn der oberste pädagogische Grundsatz, auch beim Thema Sterben.

Aufpassen müsse man auch bei der Sprache. Die Wendung "Der Großvater ist eingeschlafen" ist zwar Erwachsenen durchaus bekannt. Sie wissen, wovon die Rede ist – Kinder verstehen das aber nicht, zumindest nicht auf Anhieb. "Der Opa ist eingeschlafen – wacht er dann wieder auf?", denkt sich das Kind. Am Ende müsse es "dann von der Nachbarin erfahren, dass der Großvater gestorben ist", meint die Hospiz-Koordinatorin. Und noch einen Grundsatz gibt die junge Frau vom Malteser Hilfsdienst mit auf dem Weg: "Man darf weinen, man darf zeigen, dass man traurig ist."

Auch Ursula Hausen, Pfarrerin in Unterlegenhardt, berichtete, dass sie als junges Mädchen den Tod des eigenen Großvaters als "gar nicht so trauriges Erlebnis" empfunden habe. Erst später habe sie dann erfahren müssen, dass die Menschen auf das Ende nicht vorbereitet sind. Was geschieht da eigentlich mit dem Menschen, was mit der Seele? Wie sieht der "Weg aus in die andere Welt"? Natürlich betrachtet sie als Pfarrerin das Thema vor allem aus christlicher Sicht. Doch was tun, wenn viele Menschen in der heutigen glaubensfernen Gesellschaft mit Religion, Gott und Kirche eigentlich nichts mehr zu tun haben, der Glaube ans ewige Leben im Jenseits blass geworden oder gänzlich verschwunden ist? "Das ist bei jedem Einzelnen sehr unterschiedlich", antwortet die Pfarrerin. "Ich versuche, Anknüpfungspunkte zu finden...versuche Brücken zu bauen." Nichtreligiösen Menschen erzähle sie mitunter "einfach, was ich zu dem Thema denke". Allerdings, sie beharre nicht auf bestimmte, positive Reaktionen. "Ich frage dann nicht beim Sterbenden nach, ob er das glaube." Das Thema Tod und Sterben ist schwierig, generelle Antworten, die für alle passen, gibt es wohl nicht. Doch der Abend zu dem Tabuthema war informativ und hilfreich.