Neu erstellte Dokumentationstafeln in der Gedenkstätte Eckerwald sollen dazu beitragen, dass das Geschehene nicht in Vergessenheit gerät. Foto: Kiener Foto: Schwarzwälder Bote

Heimatgeschichte: Überlebende des Holocausts sprechen bei Gedenkstunde im Eckerwald / Mahnmal vor 30 Jahren eingeweiht

Die Initiative Gedenkstätte Eckerwald hat an die Gräuel der Nazidiktatur in den Außenstellen des Konzentrationslagers Natzweiler-Struthof im Rahmen des "Unternehmens Wüste" in der Region erinnert. Seit 30 Jahren gibt es das Mahnmal in der Gedenkstätte Eckerwald.

Schömberg/Rottweil. Der Verein hatte am Sonntag zur Gedenkstunde in den Eckerwald geladen und freute sich über die große Resonanz. Alle Sitzplätze waren belegt, zahlreiche weitere Zuhörer fanden Stehplätze rund um die vor 30 Jahren eingeweihte Skulptur eines KZ-Häftlings aus der Hand des Rottweiler Malers und Bildhauers Siegfried Haas.

Musikalisch umrahmt wurde die Veranstaltung durch den Musikverein Zepfenhan unter der Leitung von Thomas Brolde. Die Vorsitzende der Initiative, Brigitta Marquart-Schad, begrüßte neben dem Oberbürgermeister aus Rottweil und den Bürgermeistern aus Dautmergen und Schömberg vor allem den ehemaligen Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, Erwin Teufel. Auch Überlebende der Lager und Angehörige aus Frankreich, Luxemburg und Polen waren gekommen.

Marquart-Schad betonte, dass "unsere Verantwortung die Erinnerung, die Gegenwart und die Zukunft" sind. Sie wies darauf hin, wie wichtig Zeitzeugen für die Erinnerung seien, und darauf, "dass die Zeitzeugen nach und nach verschwinden": "Aus Zeitgeschichte wird Geschichte."

Als erste Zeitzeugin berichtete Annie Jacques, wie in Frankreich deutsche Truppen der SS mehrfach in ihr Heimatdorf eingefallen seien, um die Adressen von Mitgliedern des Widerstands zu erpressen. Sie warnte vor dem Wiedererstarken des Ultranationalismus und dessen Folgen.

Der Luxemburger Gaston Raths, der im KZ zur Welt gekommen war, warnte vor einer Verharmlosung der Nazizeit und davor, die Konzentrationslager zu reinen Touristenzielen verkommen zu lassen. Auch er warnte davor, wie leicht es sei, populistischen Strömungen zu erliegen. Ein Nicht-Erinnern würde sich in der Zukunft rächen.

Aus Polen angereist war Ursula Kublik-Koperska. Sie war als Achtjährige Zeugin des Aufstands in Warschau und musste mit ansehen, wie die Aufständischen in Viehwagen ins KZ Auschwitz deportiert wurden. Sie erinnere sich noch an ihre Verzweiflung, den Hunger, die Kälte und die Sehnsucht nach ihren Eltern.

Auch Frédérique Neau-Dufour, die Direktorin des Centre Européen du Résistant Déporté à Natzweiler-Struthof (CERD), schlug den Bogen von der Vergangenheit über die Erinnerung zur Gegenwart. Die Erinnerung sei die Waffe gegen den wiederaufflammenden Antisemitismus und Populismus.

Gerhard Lempp, Mitglied des Beirats der Initiative Gedenkstätte Eckerwald, berichtete über die Geschichte der Gedenkstätte und vom Entstehen der Bronzeskulptur im Jahr 1988.

Stellvertretend für fünf Häftlinge legten fünf Schülerinnen aus Rottweiler Gymnasien vier symbolische Steine und fünf rote Rosen vor der Skulptur nieder. Sie zitierten dabei jeweils einen Bericht eines ehemaligen KZ-Häftlings.

Brigitta Marquart -Schad und der zweite Vorsitzende des Vereins, Willi Koch, freuten sich, die neu erstellten Dokumentationstafeln enthüllen zu können, die das Werk 10 des "Unternehmens Wüste" und dessen Geschichte plastisch erklären.

Mit einem Dank an die Gemeindeverwaltungen der umliegenden Gemeinden und an den städtischen Bauhof Schömberg, der das Gelände ganzjährig pflegt, beendete Koch die Veranstaltung.