SPD-Frau Saskia Esken und Bürgerinitiave "Pro Windkraft Schömberg" wollen Anlagen in Langenbrand.
Schömberg-Langenbrand - Zur dezentralen Energieversorgung soll auch die Gemeinde Schömberg ihren Beitrag leisten. Darauf jedenfalls bestehen die Vertreter der Bürgerinitiative "Pro Windkraft Schömberg".
Eine Befürworterin dieser Strategie ist die SPD-Bundestagsabgeordnete Saskia Esken. Sie hat Vertreter der Bürgerinitiative (BI) "Pro Windkraft Schömberg" zu einem Gespräch bei der Windkraftanlage auf der Langenbrander Höhe eingeladen. Für sie ist die dezentrale Energieversorgung, möglichst in Bürgerhand, deshalb so wichtig, weil auch die großen Stromtrassen von Nord- nach Süddeutschland in der Bevölkerung unbeliebt sind. "Klimaziele waren nie mit Maßnahmen hinterlegt", räumte die Sozialdemokratin ein. Das habe sich geändert, so Esken. Im jetzigen Koalitionsvertrag zwischen SPD und CDU/CSU sei erstmals vereinbart worden, ein Klimaschutzgesetz zu verabschieden. Sollte es dazu kommen, müsse sich die Bundesregierung an Zwischenzielen messen lassen.
Bestehende Anlage ist fast 20 Jahre alt
Für die Bürgerinitiative "Pro Windkraft Schömberg" steht fest, dass ein Windpark auf der Langenbrander Höhe einen wichtigen Beitrag zur Stromversorgung leisten könne. "Der Wind bläst auch an Land", sagte Roland Helber aus Schömberg, einer der Befürworter der Windkraft und Anteilseigner der derzeit bestehenden Windkraftanlage auf der Langenbrander Höhe. Helber und Andrä von der BI "Pro Windkraft Schömberg" stellten anhand von Zahlen die fast 20 Jahre alte Anlage vor. Demnach schafft sie eine Leistung von 750 Kilowattstunden. Sie könnte damit rund die Hälfte der Bevölkerung von Langenbrand mit seinen etwa 1300 Einwohnern ein Jahr lang mit Strom versorgen. Eine moderne Anlage bringt die vierfache Leistung. Die auf der Langenbrander Höhe geplanten fünf Anlagen könnten circa 15 000 Personen, und damit nicht ganz die Bevölkerung von Schömberg und Bad Liebenzell für ein Jahr mit Strom beliefern.
Helber ging auch auf sein Lieblingsthema, die möglichen Pachteinnahmen für die Kommune ein. Während die Pacht beim derzeitigen Windrad bei unter 300 Euro pro Jahr liege, blieben bei einer modernen Anlage im Durchschnitt 40 000 Euro im Jahr in der Kasse.
Einwände der Gemeinderatsmehrheit
Andrä klagte darüber, dass der Teilflächennutzungsplan für die Windenergie der Gemeinde Schömberg noch nicht verabschiedet worden sei. Dabei habe sich die Bevölkerung bei einem Bürgerentscheid bereits vor mehr als drei Jahren mehrheitlich für die Nutzung der Windkraft ausgesprochen. Inzwischen bestehe keine Verpflichtung mehr, den Bürgerentscheid umzusetzen. Zudem habe die Gemeinde Schömberg Einwände gegen den Teilflächennutzungsplan zur Windenergie des Regionalverbandes Nordschwarzwald geltend gemacht.
Den Plan der Gemeinde Schömberg, etwa um geplante Aussichtstürme herum einen Radius von fünf Kilometern von Windkraftanlagen freizuhalten, hält Andrä für einen Trick, um den Windpark auf der Langenbrander Höhe zu verzögern.
Eine Mehrheit des Gemeinderates lehnt den Entwurf des Teilflächennutzungsplans des Regionalverbandes ab, weil sie Schömberg von Vorrangflächen für Windkraftanlagen regelrecht "umzingelt" sieht.
Schömbergs stellvertretender Bürgermeister Joachim Zillinger bestätigte auf Nachfrage des Schwarzwälder Boten, dass der Teilflächennutzungsplan der Gemeinde für Windenergie noch geprüft werde. Der Regionalverband Nordschwarzwald nehme momentan die Einwände der Kommunen gegen seinen Entwurf des Teilflächennutzungsplanes unter die Lupe, so Zillinger.
Mit überschüssigem Strom Erdgas herstellen
Die Befürworter der Windkraft sehen durchaus das Problem der Speicherung von Energie aus regenerativen Quellen. Nach ihrer Meinung muss überschüssiger Strom aber nicht einfach verschenkt werden, so Günter Höfeld von der BI "Pro Windkraft Schömberg". Vielmehr könne er zum Heizen oder Autofahren genutzt werden. So gebe es ein chemisches Verfahren, mit dem mithilfe des überschüssigen Stroms synthetisches Erdgas gewonnen werden könne.
Das Argument der Windkraftgegner, wonach die Infraschallwellen der Anlagen schädlich für Mensch und Tier seien, lässt Höfeld nicht gelten. "Es sind Pferde in der Nähe", sagt er im Hinblick auf die derzeit laufende Anlage auf der Langenbrander Höhe. Nach Höfelds Ansicht müsste angesichts des Klimawandels alles für eine Energiewende getan werden: "Niemand geht an die Wurzeln."
Info: Bürgerentscheid
Die Bürgerinitiative (BI) Pro Windkraft hat immer wieder darüber geklagt, dass die Gemeinde Schömberg die Umsetzung des Bürgerentscheids verzögere. Vor mehr als drei Jahren hatte sich eine Mehrheit der Bevölkerung in Schömberg für die Nutzung der Windkraft ausgesprochen.
Dazu sagt Anja Härtel, Pressesprecherin des Landratsamtes Calw, auf Nachfrage unserer Zeitung, dass ein Bürgerentscheid die Wirkung eines Gemeinderatsbeschlusses habe. Das bedeute, dass der Bürgermeister der betreffenden Kommune dazu verpflichtet sei, zeitnah im Sinne des Beschlusses beziehungsweise des Entscheids zu handeln.
Die Umsetzungsform und der Umsetzungszeitraum des Ergebnisses eines Bürgerentscheids seien dabei aber immer von der jeweiligen Fragestellung beziehungsweise dem Inhalt des Bürgerentscheids abhängig. Gerade wenn die Umsetzung eines Entscheids durch dessen Fragestellung eher offen gehalten sei und hier gegebenenfalls noch entsprechende Recherchen, Prüfungen und Gutachten erforderlich würden, könne die Umsetzung einige Zeit in Anspruch nehmen, macht Härtel deutlich.
Ein Bürgerentscheid könne innerhalb von drei Jahren nur durch einen neuen Bürgerentscheid abgeändert werden, so Härtel. Da aber ein Bürgerbegehren nur Angelegenheiten zum Gegenstand haben dürfe, über die innerhalb der vergangenen drei Jahre nicht bereits ein Bürgerentscheid aufgrund eines Bürgerbegehrens realisiert worden sei, müsse die Basis dieses Bürgerentscheids ein Ratsbegehren sein. Der Gemeinderat könne mit einer Mehrheit von zwei Drittel der Stimmen aller Mitglieder beschließen, dass eine Angelegenheit der Gemeinde, für die der Gemeinderat zuständig sei, durch die Bürger entschieden werde (Bürgerentscheid).
"Geht die Initiative von der Bürgerschaft aus, ist ein erneutes Bürgerbegehren innerhalb der Dreijahresfrist nur zulässig, wenn der erste Bürgerentscheid durch Beschluss des Gemeinderats zustande kam, nicht aber wenn er aufgrund eines Bürgerbegehrens durchgeführt wurde", so Härtel. "Voraussetzung für die Abänderung eines Bürgerentscheids durch eine erneute Entscheidung durch die Bürgerschaft in gleicher Sache ist jedoch, dass eine neue Situation eine neue Entscheidung erforderlich macht", fügt sie hinzu. "Nach Ablauf der drei Jahre endet die Sperrwirkung des Bürgerentscheids. Danach gelten die ganz normalen Voraussetzungen des Gemeinderechts", sagte Härtel.