Noch gibt es im alten Wilhelmspalais ein Lokal mit ganz speziellem Flair, aber am 14. September muss es schließen Foto: Ferdinando Iannone

Die Tage der Szene-Gastronomie und der wechselnden Kunst- und Kulturveranstaltungen im Wilhelmspalais sind gezählt. Am Abend des 14. September wird das Bauwerk geschlossen. Dann mutiert das frühere Wohnhaus des Königs zur Baustelle fürs Stadtmuseum. Schon gibt es Stimmen des Bedauerns.

Stuttgart - Das Ende für die Interimsnutzung des Kulturdenkmals Wilhelmspalais ist fixiert. Am Dienstag haben die Macher der Wagenhallen, die das Palais bewirtschaften, ihren Freunden, Kurzzeitmietern von Veranstaltungsräumen und Szenegängern in der Stadt den Termin genannt: Am Abend des 14. September soll Schluss sein. Unmittelbar danach beginnen die Vorarbeiten für den Umbau. Mitte 2016 soll hier dann das erste Stadtmuseum für ganz Stuttgart öffnen – nachdem das Gebäude erst Wohnhaus des württembergischen Königs Wilhelm II., dann Stadtbücherei und seit rund einem Jahr eben Interimslokal gewesen ist.

Die Schließung war stets etwa für diesen Zeitraum vorgesehen. Daher will Stefan Mellmann vom Wagenhallen-Team im Nordbahnhofviertel gar nicht klagen. Natürlich hätte man den Sommer und den Winter gern noch draufgesattelt, sagt er, aber im Terminplan für das Museum hat sich die zusätzliche Lücke nicht ergeben. Fürs Finale verspricht Mellmann noch ein kleines Feuerwerk. Am 24. August wird es ein Sommerfest mit DJs und Livebands geben und an den Wochenenden 6. und 7. September sowie 13. und 14. September „Closingpartys“. Ob sich das Engagement im Wilhelmspalais finanziell rentierte, vermag Mellmann noch nicht zu sagen. Der Betrieb wurde über die Bücher der Wagenhallen abgewickelt. „Diese Abrechnungen sehe ich erst am Jahresende.“ In allen anderen Punkten ist seine Bilanz positiv. Die Zusammenarbeit mit der Stadt sei gut gewesen. Vor allem aber: Der Zuspruch hat Mellmann und seinem Partner Thorsten Gutbrod bewiesen, dass sie mit ihrem Angebot richtig liegen. „Dass es in den Wagenhallen in der Gänze nicht immer so gut angenommen wird, liegt nicht an der Qualität, sondern am Standort.“ Daher sei man an einem Nachfolgeprojekt in der Stadtmitte interessiert, „wenn sich etwas Passendes findet“.

Interimsnutzung des Wilhelmspalais war ein Erfolg

Auch Kulturbürgermeisterin Susanne Eisenmann (CDU) sieht die Interimsnutzung positiv: „Das war ein echter Erfolg. Die Wagenhallen-Macher haben einen klasse Job gemacht.“ Die Entscheidung, das Palais zwischen dem Auszug der Stadtbücherei und dem Beginn der Arbeiten fürs Museum nicht einfach bloß abzuschließen, sei goldrichtig gewesen. Die Stadt habe zwar kein Geschäft gemacht, aber neben einigen Kosten für die Interimsnutzung die üblichen Nebenkosten erlöst. Denn der Stadt fielen die Mieteinnahmen zu, das Wagenhallen-Team profitierte von der Gastronomie. „Ich würde so eine Interimsnutzung bei ähnlichen Gelegenheiten gern wieder eingehen“, sagt Eisenmann. Aber auch Privateigentümer könnten darin ein Beispiel sehen.

Das Museumsprojekt läuft rund, meint die Bürgermeisterin. Vor den Haushaltsberatungen unterhalte man sich nur noch, ob der jährliche Betriebsaufwand für das Museum mit vier Millionen Euro richtig oder etwas zu hoch angesetzt sei. Hier gehe es um die Einschätzung von Eintrittsgelderlösen und Aufwand für Öffentlichkeitsarbeit.

Im Moment bereitet das Architekturbüro Lederer, Ragnarsdòttir, Oei in Zusammenarbeit mit dem Hochbauamt die Ausschreibung der Arbeiten vor. Auf dieser Basis soll der Gemeinderat Ende 2013 oder Anfang 2014 den Baubeschluss fassen. Dann wird sich zeigen, ob die Mitte 2012 von 31,7 auf 36,3 Millionen Euro korrigierte Kostenschätzung noch realistisch ist. Mit dem Rückbau des Gebäudeinneren bis zu den Außenmauern wird 2014 begonnen. Damit genaue Maße ermittelt werden können, müssen aber schon von Mitte September an Einbauten und Wandverkleidungen entfernt werden. Alle sind optimistisch, dass der Umbau bis Ende 2015 abgeschlossen und nach sechs Monaten Ausstellungsaufbau Mitte 2016 das Stadtmuseum öffnen wird. Der Grundentwurf dafür sei im Konzept fertig, sagt Anja Dauschek, Leiterin des Planungsstabs. Sie wünscht sich, dass man auf den Stufen zum Palais auch künftig abends ein Bier trinken könnte. Nur: Das Museumscafé wird im ersten Stock hinter dem Balkon sein – und abends schließt das Museum.

Die Interimsnutzung hat so gesehen neue Maßstäbe gesetzt. Das Palais stand vorübergehend mitten im Leben. Das hat auch bei manchem Befürworter des Museums in der Stadtverwaltung ein gewisses Nachdenken über diesen Standort ausgelöst. Zu spät.