Heimatgeschichte: Spannstattbrücke erfüllt über Jahrzehnte ihren Zweck / Straßenverlauf ändert sich wegen Bahn mehrmals

"Brücken sollten immer auch eine Verbindung zwischen den Menschen an beiden Ufern dienen" – das sagte Pfarrer Schütt einst anlässlich des Spannstattbrückenfests vor 35 Jahren.

Schenkenzell. Diese Funktion hat die "alte" Spannstattbrücke bis zuletzt voll erfüllt. 1849 wurde begonnen, die Kinzigtalstraße Wolfach–Schiltach–Schenkenzell auf der Talsohle auszubauen. Auf Schenkenzeller Gemarkung wurde 1869 von Schiltach her begonnen. Unter anderem waren drei Brückenbauten erforderlich, alle ausgeführt in einer Stahlkonstruktion.

Die alte Straße von Schiltach her führte noch über das Kaibächle, vorbei am heutigen Freibad und Schlosshof über einen gepflasterten Furt durch die Kinzig hin zur Schenkenburg. Dann ging es die Schlossbergsteige hoch um die Schenkenburg, über den Lehenweg zum Käppelesfelsen. Weiter verlief die Straße über den Allmendweg hinüber zum Tannensteg und wieder zurück über das Werksgeländer der heutigen Firma STW bis zur Einmündung in die Schulstraße beim ehemaligen Gasthaus Bahnhof. Es folgte die Querung der Reinerzau, ehe es hinüber ging auf die Spannstatt und von dort hoch zur Wiedmen und weiter ins württembergische Alpirsbach.

Durch den Bahnbau 1886 änderte sich öfters nicht nur dieser Straßenverlauf, sondern auch der Verlauf der Kinzig. Im Bereich der Schenkenburg fiel der steile Aufstieg zum Schloßberg weg. Vom Käppelesfelsen bis zur Drei-König-Brücke und von der Landstraße bis zum Stockhof kam es zu einschneidenden Straßenkorrektionen.

Eingabe hat keinen Erfolg

Der Gemeinde Schenkenzell wäre es 1869 lieber gewesen, wenn die bisherige Straßenführung über die Spannstatt und Wiedmen belassen worden wäre. Die Eingabe des Gemeinderats an das "Großherzogliche Hochpreisliche Handelsministerium" hatte keinen Erfolg. Das hatte zur Folge, dass die sehr alte Spannstattbrücke von der Gemeinde künftig selbst zu unterhalten war.

Es gingen noch Jahre dahin, aber 1884 war es dann soweit: Die Spannstattbrücke, eine Holzbrücke über die Kinzig, wurde baufällig und war nicht mehr zu reparieren. Es wurde eine solche in Eisen mit Schottergedeck gebaut.

Die Planung und Bauleitung hatte die Straßenbauinspektion Offenburg. Die Arbeiten wurden ausgeschrieben. Die Maurerarbeiten gingen an den einheimischen Maurermeister Franz Kilgus. Der Auftrag für die eiserne Brückenkonstruktion ging an die Maschinenfabrik Link in Oberkirch. Dort wurde die Brücke fertig zusammengebaut und nach Schenkenzell transportiert. Laut Waagschein hatte die Ladung eine Last von 9590 Kilogramm.

Die Gemeinde Schenkenzell kostete das Brückenbauwerk damals 3136 Mark. An diesen Kosten beteiligte sich der Kreis mit einem Zuschuss von 850 Mark. Zur restlichen Finanzierung nahm die Gemeinde beim örtlichen Leibgedinger Jakob Haberer ein Darlehen über 2000 Mark mit vierprozentiger Verzinsung auf.

Die Traglast der Brücke wurde von einem Ingenieur so berechnet, "dass sie Lastwagen mit 120 Zentner oder ein Menschengedränge mit fünf- bis sechsfacher Sicherheit tragen kann". Als 1926 Zimmermeister Wilhelm Müller mit seinen Söhnen auf der Spannstatt ein Sägewerk errichtete, kamen beim Bürgermeister leichte Sorgen auf. Ab sofort mussten schwere Holzfahrzeuge die Brücke passieren. Es kam zu Streitereien wegen der anfallenden Unterhaltungskosten: Ein "Kontrakt" mit der Gemeinde legte den Streit bei.

Langholzer fahren

In den 50er-Jahren erhielt die Brücke dann einen Betonbelag. Die Brückenbreite von 3,50 Meter wurde für den Schwerlastverkehr langsam recht knapp. Erhebliche Rostschäden und die Maximaltragfähigkeit von nur sechs Tonnen führte zu Beanstandungen der Verkehrsbehörde. Nicht unbekannt war, dass die Brücke von Langholzfahrzeugen mit der fünffachen Menge der zulässigen Tragkraft befahren wurde und auch befahren werden musste. Auch der knappe Einmündungsbereich in die Bundesstraße war äußerst problematisch und für die Verkehrsteilnehmer nicht ungefährlich.

Der Gemeinderat sah die Notwendigkeit einer neuen Brücke, scheiterte aber von Jahr zu Jahr nach dem Dringlichkeitskatalog anstehenden Maßnahmen der Gemeinde. Das Warten hatte Erfolg: Die Gemeinde bekam 1984 Zuschüsse von Bund und Land in einer Größenordnung, dass der Rat dem Neubau einer Spannstattbrücke 50 Meter oberhalb der alten Eisenbrücke bedenkenlos zustimmen konnte. Die Herstellung der Brücke und der verkehrsgerechten Anschlüsse im Zusammenhang mit dem Zwischenausbau der B 294 verursachte Kosten von 910 000 Mark.

Mit der Inbetriebnahme der neuen, zeitgemäßen Spannstattbrücke 1986 war die Zeit für den Abbruch der alten Eisenbrücke gekommen. Gerne hätten die Wohnanlieger der Spannstatt als Fußgängerbrücke noch länger gehabt, schon der Nähe zum Ort wegen.

Mit dem Abbruch ging eine mehr als 100-jährige Geschichte zu Ende. Die Brücke hatte in dieser Zeit alle guten und bösen Lasten auf sich genommen und könnte viel aus der wirtschaftlichen Entwicklung, von Hochwassernöten, von Friedens- und Kriegszeiten der Gemeinde und ihrer Bürger erzählen.