Das Schaufloß am Ufer der Reinerzau mit neuen Wieden Fotos: Schoch Foto: Schwarzwälder Bote

Heimatgeschichte: Knechte hatten etliche Privilegien / "Holländer" waren Stolz eines jeden Waldbauern

Am Rande des einstigen Flößerbachs Reinerzau, mitten im Ort Schenkenzell, liegt noch ein Gestör. Nicht aus dem 16. Jahrhundert. Nein, ein Geschenk der Schiltacher Flößer anlässlich des 750-jährigen Gemeindejubiläums.

Schenkenzell. Es soll an die Flößerzeit erinnern, die 1894 an der Kinzig eingestellt wurde. Das Gestör, Teil eines Floßes, musste von den Schiltacher Flößern dieser Tage wieder gerichtet werden. Die Wieden in den Bohrlöchern der Stämme hatten sich mit den Jahren aufgelöst.

Verwendet werden Haselstämmchen. Diese werden gewässert und im Wiedofen erhitzt, um die eigene Achse gedreht und zu Kränzen geformt. Nach einer erneuten Wässerung eignen sie sich als flexibles Verbindungsmittel der Stämme.

Das Floß an der Reinerzau soll daran erinnern, dass auch in Schenkenzell und Kaltbrunn, ganz oben im badischen Landesteil von Kinzig und Reinerzau, die Flößerei zu Hause war. Dort, wo in den Waldungen der König unter den Holzstämmen, der "Holländer", geschlagen wurde. Der Stolz eines jeden Waldbauern. Seinen Namen erhielt er im 17. Jahrhundert, als der Holzhandel mit den Niederlanden wuchs.

Der Holzbedarf der Werften und wachsenden Städte des Landes war groß. Bis zu 600 Floße gingen jährlich von Georgi (23. April) bis Martini (11. November) die Kinzig runter bis an den Rhein. Dafür war eine gute Organisation notwendig. Geregelt anfangs durch Floß- später durch Bachordnungen.

Gleiche Rechte und Pflichten für In- und Ausländer, also Badener und Württemberger: Für die Einhaltung dieser Vorschriften waren die Bachvögte zuständig. Separate Aufseher gab es für die jeweiligen Floßweiher. Der Bachgemeinde Kaltbrunn hatte die Aufsicht auf dem Kaltbrunnerbach und auf dem Reinerzaubach von der Landesgrenze beim Lambertsbächle flussabwärts bis zum "Eselwuhr" (Eselbach). Die Schenkenzeller Floßgespannschaft war zuständig für den Reinerzaubach vom "Eselwuhr" abwärts, der Kinzig von der Landesgrenze in der Teufelsküche, jeweils bis zum Schenkenzeller Weiher unterhalb der Schenkenburg. Unter der Herrschaft der Fürstenberger stand das Privileg, dass zwölf Untertanen als Floßknechte tätig sein durften. Alles Bürger mit entsprechender Befähigung.

Der Bachvogt von Schenkenzell wurde nach Anhörung der Schifferschaften von Schiltach und Wolfach vom Gemeinderat bestellt. Seine Aufgaben waren vielseitig. Die Schenkenzeller Flößer hatten das Recht, die "Waldflöße" aus dem Kaltbrunner- und Witticher-Tal, aus der Reinerzau und aus den Klosterwaldungen von Alpirsbach auf dem Schenkenzeller Weiher zu "Kinzigflößen" umzubauen. Das war der größte Umschlagplatz im gesamten Kinzigtal. Mit dem Umbau wurden die Floße breiter und länger, teilweise auch mit Oblasten (Kobaltfarben aus den Farbmühlen von Wittichen und Alpirsbach) beladen.

Die Floßknechte durften als weiteres uraltes Privileg auf dem Floß eine Partie Bretter mitführen und mit ihnen selbst Handel treiben. "Katzenfloz" hieß das Privileg. "Wie eine Katze auf dem Tisch, so lag der kleine Floz des Knechts auf dem großen seines Herrn", so die Erklärung.

Es waren täglich vier bis fünf Floße, die vom Schenkenzeller Weiher abgingen. Wurde das Holz an Schiffer von Schiltach oder Wolfach verkauft, waren Schenkenzells Flößer berechtigt, das Floß bis dorthin zu führen. Die Floßgespannschaft erhielt dann pro Tanne nach Wolfach einen Gulden, nach Schiltach 28 Kronen. Wurde das Floßholz vom Land aus eingebunden, wurde ein Zuschlag erhoben.

An Sonn- und Feiertagen und während der Nacht durfte nicht geflöst werden. Das Langholz musste dann am Ufer "angemährt" werden. An der Reinerzau am Zufluss des Eselbachs sind heute noch Anmährhaken sichtbar.

In vielen Haushalten von Schenkenzell und Kaltbrunn waren Flößer zu Hause, harte Männer mit Kühnheit und Wagemut. In den letzten Abrechnungsbüchern sind Namen wie Schmider, Oberföll, Lehmann, Fischer, Haberer, Schorn, Rauber, Haaser, Dreher, Huber und Hauer zu finden. Einer, der das Flößerhandwerk besonders beherrschte, war Augustin Fischer (1848 bis 1931). Er war zweimal verheiratet und hatte sieben Kinder. Im Hause Bischler auf der Spannstatt war er zu Hause.

Fischer war ein echter Haudegen, der seine Beschäftigung wie sein Vater im Wald fand. Diese Arbeit aber genügte ihm nicht. Er wollte auch wissen, wie seine gefällten Tannen die Kinzig hinabschwimmen und wohin all das Langholz seine Reise nimmt. Er wurde Flößer. Als Sperrmann hat er so manches "Floz" fahren helfen. Mit Freude erzählte er noch bis zu seinem Tode von unvergesslichen Erlebnissen als Flößer in Siebenbürgen. Ab 1872 war er für drei Jahre mit 92 anderen Flößern aus den umliegenden Gemeinden dorthin gegangen, hatte in den ausgedehnten Waldungen Holz gefällt und in den Flüssen die Flößerei eingerichtet.