Köstlich: Emma Thompson als strenge Autorin in „Saving Mr. Banks“. Foto: Verleih

Die Autorin P. L. Travers wollte Walt Disney ihre „Mary Poppins“ nicht zur Verfilmung überlassen. Jahrzehntelang musste er um die Filmrechte kämpfen: Emma Thompson glänzt als rigide Neurotikerin, Tom Hanks als der überbordende Charmeur Disney.

Filmkritik und Trailer zu "Saving Mr. Banks"

Stuttgart - Autorinnen der 1960er hätten viel dafür gegeben, dass der große Walt Disney eines ihrer Bücher verfilmt. Nur nicht P. L. Travers. Jahrzehntelang biss er bei ihr auf Granit, bis sie ihn 1964 endlich „Mary Poppins“ auf die Leinwand bringen ließ, diesen wunderbaren Roman über ein magisches Kindermädchen, das einer Bankiersfamilie beibringt, was wirklich wichtig ist im Leben.

Regisseur John Lee Hancock („Blind Side“, 2009) erzählt Disneys Kampf mit der Autorin parallel zu autobiografischen Rückblenden aus ihrer Kindheit in Australien, die sich in „Mary Poppins“ spiegelt – und es ist nicht leicht, ihrem warmherziger Vater Travers (!) Goff dabei zuzuschauen, wie er als Bankier (!) und im Leben scheitert.

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Zum Glück gleichen das die Darsteller in der köstlichen Gegenwartshandlung um 1964 aus: Die mit komödiantischer Finesse gesegnete Engländerin Emma Thompson zeigt sich als rigide Neurotikerin, die sich als Sprach-, Sitten- und Traditionswächterin geriert, und Tom Hanks glänzt als der überbordende Charmeur und Gefühlsverkäufer Disney, der sich stoisch an ihr abarbeitet, weil er das Buch so liebt.

„Ich kann Cartoons nicht ausstehen!“, wirft Travers Disney an den Kopf, er sei konzentrationsschwach und hyperaktiv und wolle ihre Mary Poppins „auf ein Happy End zurasen lassen wie einen Kamikaze“. Ganz besonders verachtet sie Disneyland, den Traum von Millionen; er aber wird sie dazu bringen, dort auf ein Karussell zu steigen.

Travers schont weder den Drehbuchautoren Don DaGradi, dem sie wie eine Gralshüterin jede Änderung am Original verbietet, noch die Sherman Brothers mit ihren Wortspielen, Komponisten von Klassikern wie „Supercalifragilisticexpialigetisch“ und „Chim-Chim-Cheree“. Selbst ihr sonniger Chauffeur (grandios: Paul Giamatti) braucht lange, ehe es ihm als Erstem gelingt, ihre harte Schale zu durchdringen.

Dabei ist dieser Film kein Rührstück, sondern exemplarisch für das Ringen einer Schöpferin um die Identität ihres Werkes mit einem Produzenten, der es überlebensgroß inszenieren möchte. Allerdings stellt sich die Frage, wie man das übersetzen soll, Thompsons mit Wortwitz getränktes Britisch, Tom Hanks’ geölten amerikanischen Betörerton. „You can stay over there until you learn the art of subtlety“, sagt sie zu einer Micky-Maus-Puppe, die sie im Hotel vom Bett wirft – auf Deutsch wird da etwas verloren gehen. Große Unterhaltung ganz im Sinne Disneys bleibt dieser Film trotzdem.

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