Die Neckardole verläuft zwischen der Alten Herdstraße und der Roßbergstraße, wo sie in das Rückhaltebecken mündet. Foto: Pohl

Die Neckardole, ein Mischwasserkanal der auf einer Länge von rund 1,4 Kilometern durch Schwenningen verläuft, steht vor dem Kollaps. Die Stadtverwaltung beziffert eine dringend notwendige Sanierung mit vorläufig vier bis fünf Millionen Euro – ohne zu wissen, ob das tatsächlich reicht.

VS-Schwenningen - Die Neckardole wurde in den 1960er-Jahren gebaut. Der Neckar wurde damals über eine Länge von 3,5 Kilometer verdolt und wird daher bis heute als Abwasserkanal genutzt. Von 2002 bis 2010 wurde zur Verbesserung des Hochwasserschutzes und des ökologischen Zustandes der Neckar wieder an die Oberfläche geholt beziehungsweise freigelegt. Die sogenannte Neckardole dient seit 2010 als reiner Mischwasserkanal zur Ableitung des Schmutz- und Regenwassers aus dem Stadtgebiet Schwenningen und erstreckt sich vom Einlauf an der Alten Herdstraße bis zur Roßbergstraße.

Die Neckardole ist stark beschädigt und muss so schnell wie möglich saniert werden. Das machte Bürgermeister Detlev Bührer in der Sitzung des Technischen Ausschusses diese Woche deutlich. "Und das wird ein Riesenprojekt", gab er wenig erfreut bekannt.

Aufgefallen waren die Probleme, die die Dole macht, vor etwa zwei Jahren, wie Thomas Fricke von der Abteilung Wasserwirtschaft im Grünflächen- und Tiefbauamt erläuterte. Damals habe man fäkalienhaltiges Wasser am Quelltopf am Ende der Dole nachgewiesen. "Bis zu diesem Zeitpunkt waren wir überzeugt, dass dort lediglich Drainagenwasser hineinfließt", so Fricke.

Dabei räumte er auf Nachfrage von Grünen-Stadträtin Ulrike Salat auch Versäumnisse ein: "Bis vor zwei Jahren ist die Dole über fast 60 Jahre lang nicht beprobt worden und auch nicht kontrolliert", berichtete Fricke. Das Resultat zeigt sich jetzt: "Bei der Begehung der Dole vor kurzem wurde ein enormer Schaden festgestellt." Die innere Beschichtung habe sich komplett abgelöst, Stahl sei gerostet und dadurch sei die statische Sicherheit auch nicht mehr gegeben, machten sowohl Bührer als auch Fricke deutlich.

Gefahr für Bauarbeiter während der Sanierung

"Bislang ist nichts passiert, aber es besteht eben ein Risiko für den Neckar", so Bührer. Und deshalb mache auch das Landratsamt unmissverständlich klar, dass eine Sanierung nicht mehr auf sich warten lasse. Und da werde einiges auf die Stadt Villingen-Schwenningen zukommen, wie Bührer deutlich machte.

Die Kosten seien vorläufig mit vier Millionen Euro beziffert, "wobei das nur die reine Sanierung der Dole ist". Darin seien weder die Nebenkosten, noch die Planung oder Begleitmaßnahmen enthalten, weshalb er von sich aus schon in Richtung fünf Millionen Euro schätzen würde. Problematisch sei beispielsweise, dass die Sanierung je nach Wetter gar nicht möglich wäre. "Wenn wir besonders viel Niederschlag haben, dann müssen die Arbeiter aufgrund der Wassermenge aus der Dole raus. Das wäre lebensgefährlich", sagte Bührer. Erst wenn die Planung stünde, ließen sich die Kosten halbwegs konkretisieren.

Das 60 Jahre alte Bauwerk, so Thomas Fricke, sei definitiv abgeschrieben, weshalb Verschleißerscheinungen durchaus nach dieser Zeit auftreten dürften. "Aber, man hat halt auch 60 Jahre lang nichts gemacht", weshalb das Ausmaß nun so extrem sei. Das, so machte er auf Nachfrage von Ulrike Salat deutlich, solle nach der Sanierung anders sein. "Das Bauwerk dürfte, bei entsprechender regelmäßiger Überprüfung, 30 bis 40 Jahre nach der Sanierung halten", prognostizierte Fricke.

Verantwortliche sind nicht auszumachen

Auch für SPD-Stadtrat Bernd Lohmiller ist diese Nachricht "eine böse Überraschung", die nun mit aufwendigen Maßnahmen behoben werden muss. Fricke rechnet damit, dass an mindestens sieben oder acht Stellen die Dole von oben geöffnet und dann etappenweise saniert werden muss. Eine Alternative dazu sieht er nicht, wie er auf Olaf Barths Kritik, die Sanierung als alternativlos darzustellen, entgegnete: "Die einzige Alternative, die ich sehe, ist ein kompletter Neubau. Aber dafür braucht es Platz, den wir in Schwenningen definitiv nicht haben."

Und noch eine schlechte Nachricht hatten Fricke und Bührer im Gepäck: Denn auch die Frage, ob es möglicherweise einen "Verursacher", wie ihn Ulrike Salat bezeichnete, gäbe, "den man eventuell zum Teil finanziell belangen kann", gibt es laut Bührer nicht. Fricke ergänzte: "An diesem Kanal hängt halb Schwenningen, etliche Firmen" – da lasse sich nicht nachweisen, wer da irgendwas einleite.

Den Planungsbeschluss muss aufgrund der Kostenhöhe der Gemeinderat fassen. Der Technische Ausschuss stimmte – aufgrund der Dringlichkeit und mangels Alternative – einstimmig für die Sanierung der Neckardole.