Die Voice-Boys sind seit 2016 ein fester Bestandteil des Sängerkreises – ein Verein, der sich seit 125 Jahren stetig weiterentwickelt. Foto: Sängerkreis/Wider

Mit etlichen Zusatzproben bereiten sich die Chöre des Sängerkreises Villingen und weitere Beteiligte auf die Veranstaltung "Klangzeit" vor – ein bedeutendes Konzert wirf seine Schatten voraus.

VS-Villingen - Es handelt sich um das Jubiläumskonzert, das eigentlich schon 2020 zum 125. Bestehen des Vereins geplant war, wie so vieles abgesagt oder verschoben werden musste und jetzt ins Jubiläumsjahr "50 Jahre Villingen-Schwenningen" passt. Am Samstag, 15. Oktober, um 19 Uhr sowie am Sonntag, 16. Oktober, um 16 Uhr werden in einer Zeitreise im Theater am Ring Melodien aus mehr als 125 Jahren präsentiert.

Zu Männern gesellten sich Frauen

Anlass genug einen Blick in die Geschichte des Sängerkreises zu werfen. Die 1995 vom MGV Sängerkreis Villingen 1895 e. V. herausgegebene Festschrift zeigt viele Aspekte des Vereins auf, der sich heute "Sängerkreis 1895 e.V. Villingen" nennt. Diese Namensänderung kam deshalb, weil inzwischen gut die Hälfte der Aktiven in einem Frauenchor mit dem Namen "Just for Femmes" (eine englisch-französische Wortwahl, übersetzt – nur für Frauen) mit dazu beiträgt, dass der Sängerkreis den Anschluss an die Zukunft mit einer freiwillig gewählten Frauenquote gefunden hat. Doch inzwischen finden auch wieder mehr jüngere Männer zum Chorgesang. Für sie gibt es seit 2016 das Angebot, bei den Voice-Boys mitzusingen.

Doch zurück zu der detailgenauen Arbeit des Chronisten Wilfried Mauch und aller weiteren Beteiligten an dem Druckwerk und damit zu den Wurzeln des Vereins. Als Gesangsabteilung des katholischen Arbeitervereins Villingen (später Kolpingfamilie) sind Statuten des MGV Sängerkreis aus dem Jahre 1902 dokumentiert. Sie enthalten Sängernamen und deren Eintrittsdatum aus dem Jahre 1895. Der vom damaligen Präses des Arbeitervereins, Kaplan Groß, ins Leben gerufene Sängerkreis trat bereits 1898 mit 30 Sängern bei einem Preissingen in Schwenningen auf. Er erzielte dort und auch in den folgenden Jahren erste Preise. Der Sängerkreis hatte vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges 65 Sänger. Er verlor elf aktive Sänger in den vier Jahren bis 1918.

1919 lebt der Sängerkreis wieder auf

Zu Beginn der Weimarer Republik ließen 25 Sänger den Sängerkreis 1919 wieder aufleben, jedoch nicht mehr in Abhängigkeit vom Arbeiterverein sondern als selbstständigen Verein. 1925 wurden die Statuten des Vereins überarbeitet, das Eintrittsalter für Sänger wurde von 20 auf 18 Jahre herabgesetzt. 1927 wurde der Chor beim Badischen Amtsgericht ins Vereinsregister eingetragen.

Der Deutsche Sängerbund als Fachverband in der Reichsmusikkammer bestätigt zum 1. Januar 1934 dem Sängerkreis Villingen, dass dieser mit seinen 130 Mitgliedern gemäß einer Anordnung des Präsidenten der Reichsmusikkamer berechtigt sei, musizierend öffentlich aufzutreten. Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges entfielen die Chorproben, weil "die Mehrzahl Sänger zum Wehrdienst einberufen wurde". Von 30 einberufenen Sangesbrüdern seien 17 zurückgekehrt, so hielt es der damalige Schriftführer nach Kriegsende fest. Erhalten geblieben ist auch die dreizeilige kurze Mitteilung des französischen Gouvernement Militaire en Allemagne vom Dezember 1946, wonach der Sängerkreis wieder als Verein anerkannt ist.

Fünf Jahre danach zählte der Sängerkreis 76 aktive Sänger, hatte 63 passive Mitglieder und 17 Ehrenmitglieder. Da 1945 die Vereinsaktivitäten noch ruhten wurde 1955 das 60-jährige Bestehen größer gefeiert. Es folgten Konzertreisen, unter anderem nach Luxemburg und alle zwei Jahre Konzerte in der Tonhalle. Auch nach Schwenningen bestanden lange vor der Städtefusion Verbindungen.

Ein verdächtiges "Schw." im Namen

Mit Datum vom 22. April 1927 findet man in der vor 25 Jahren erschienen Festschrift, die der MGV Sängerkreis Villingen e. V. aus Anlass des hundertjährigen Vereinsbestehens herausgegeben hat, beispielsweise die Formulierung "Männergesangverein Sängerkreis Villingen / Schw. e.V." – ein Hinweis darauf? Hatten die Sänger etwa, die im Jahre 1972 erfolgte Städtefusion von Villingen und Schwenningen vorweggenommen? Natürlich nicht. Das "Schw" steht für die Klarstellung, dass es sich um Villingen im Schwarzwald handelt. Aber freundschaftliche Kontakte zwischen dem badischen Villingen und dem württembergischen Schwenningen bestanden bereits. Kantor Max Werner, der von 1966 bis zu seinem frühen Tod im 57. Lebensjahr, den Chor leitete, war auch Musiker bei der Kapelle Hildebrand in Schwenningen. Diese wiederum gestaltete die Familienabende im "Schwarzwälder Hof" in Dauchingen mit und gab der Ehrung von langjährigen und verdienten Sängern einen würdigen Rahmen.

Das schrieben die Kritiker

Kontinuierliches Üben in festgeformter Besetzung zahlte sich aus. Das ist auch heute noch aus dem Bericht herauszulesen, der im Jahre 1975 aus Anlass des 80-jährigen Bestehens verfasst wurde. Der damals 36-jährige Oberlehrer an der Warenbergschule Alois Weinmann gab sein Debüt beim Sängerkreis. Zitat: "Alois Weinmann zeigte, dass er die Klassik genauso gut beherrscht, wie die zeitgemäße originale Chormusik. Vor allem aber beherrscht er das Instrument Chor! Ohne wild zu gestikulieren, hat er die Chöre jederzeit fest im Griff." Zitatende. Bereits vor 45 Jahren hatte der Chor ein hohes Durchschnittsalter, das aber keine Schlüsse auf Beweglichkeit, Schwung oder harmonische Einfühlsamkeit zulasse, wie der Kunstkritiker schrieb. Weinmann blieb 40 Jahre musikalischer Leiter.

Viele Feiern und Jubiläen feierte der Sängerkreis, der später vom inzwischen verstorbenen Vorsitzenden Karlheinz Stoll geführt wurde und der sich stetig weiter entwickelte. Der spätere Ehrenvorsitzende Karl-Heinz Kreye leitete die Öffnung des Vereins für Frauen mit in die Wege. Der Vorname Karlheinz ist im Sängerkreis-Vorstand indes prominent vertreten, zwischen den Vorsitzenden Stoll und Kreyer führte Karl-Heinz Laukart, der über Jahrzehnte die verschiedensten Vorstandsämter begleitet hat, den Vorsitz.

Musik verbindet – auch V und S

Im Nachtrag zum Wort "Villingen/Schw" sei erwähnt: Im Jahr des 125-jährigen Bestehens und 48 Jahre nach der Städtefusion waren Schwenninger ganz selbstverständlich ein Teil der Sängerkreis-Familie. Das sind sie bis heute. In der coronabedingten "Nachspielzeit" bis zum Vereinsjubiläum fuhren die "Villinger" Sängerinnen und Sänger vorübergehend nach Schwenningen zur Probe im Frohsinn-Sängerheim. Kontakte bestehen auch über den Dirigenten von Oldies und Just for Femmes, Dániel Sütö, der in Schwenningen die Liederkranz-Chöre leitet. So kam es im Sommer in der Liederhalle in Schwenningen anlässlich des Stadtjubiläums zu einem "Come together"- Musik verbindet eben.

Info: Es ist Klangzeit

Eine musikalische Reise durch 125+2 Jahre mit den Chören des Sängerkreises Villingen 1895, unterstützt vom Männerchor Villingen, und mit dem Schulchor Bickeberg, gibt es im Theater am Ring, am Samstag, 15. Oktober, 19 Uhr, und Sonntag, 12. Oktober, 16 Uhr; Karten: Tourist-Info & Ticket-Service Franziskaner Kulturzentrum Rietgasse 2, Villingen-Schwenningen und bei allen Vorverkaufsstellen im Verbund Kulturticket Schwarzwald-Baar-Heuberg.