Harald Fiedler ist stolz auf das dekorierte Adventsfenster in der Hochmaiengasse 23. Foto: Roth

Harald Fiedler hat es erneut getan: Das Schaufenster der Hochmaiengasse 23 im Rottweiler Herzen beherbergt ab sofort wieder erzgebirgische Weihnachtskunst – und besticht mit Liebe zum Detail.

Rottweil - Über acht Monate Vorbereitung stecken in den drei dargestellten Welten, die eine bunte Palette aus dem Alltag bietet. "Aber das macht mir nichts. Das Dekorieren ist meine Leidenschaft", so der gebürtige Sachse beim Besuch unserer Redaktion.

Zu sehen sind neben einem Bergwerk, ein Dorfleben und die Szenerie von Schneewittchen mit den sieben Zwergen. Bereits im Vorjahr hat Fiedler Adventsstimmung nach Rottweil getragen. Damals mit dem Ziel, die coronabedingte Tristesse ohne Weihnachtsmarkt und Co. in der Innenstadt zu übertünchen.

Spaziergänger sind begeistert

"Viele Spaziergänger waren begeistert und haben sich am Schaufenster erfreut", begründet Fiedler seine Motivation für die Neuauflage. Und das positive Feedback der Passanten hält an: "Wieder sehr schön", so der Kommentar einer Dame, die am Adventsfenster vorbeigeht.

Ein besonderes Highlight ist die sächsische Kunst selbstverständlich in der Dunkelheit. Dann erstrahlen Weihnachtsmann und Schlittschuhfahrer nämlich im Lichterglanz. Von 9 bis 21 Uhr ist die Beleuchtung eingeschaltet. Und durch die aufwendige Mechanik bewegt sich auch einiges in den drei Welten.

Fiedler haben es besonders die Bergleute angetan, die auf einem sogenannten "Arschleder" in das Felsmassiv eintauchen und wieder hochgezogen werden. Aber auch Schneewittchen ist aktiv und rührt kräftig in der Suppenschüssel. Ganz zu schweigen von Kindern, die auf einen gefrorenen See ihre Runden auf Schlittschuhen drehen.

Figuren stammen aus Seiffen

Die Figuren selbst stammen alle aus dem Erzgebirge – genauer dem Ort Seiffen, der weltweit bekannt ist für die traditionelle Weihnachtskunst. "Teilweise 40 oder 50 Jahre alt sind die Figuren", erklärt Fiedler seine Sammelleidenschaft. Insgesamt habe er in seiner Werkstatt mehr als 500 Sammelstücke – und es werden jährlich mehr. "Ich kenne einen Händler in Rottenburg. Da fahre ich jedes Jahr aufs Neue hin und kaufe limitierte Engel."

Da werde es dann ab und zu auch mal teuer, lacht der zugezogene Rottweiler. "Ich muss mich immer etwas bremsen." 70 bis 100 Euro müsse man schon berappen, um einen Bergmann zu kaufen. "Je nachdem welche Größe und Ausstattung die Figur hat, variieren auch die Preise."

Weitere Aktion 2023?

Jeden Tag nimmt er rund 15 Minuten Fußmarsch auf sich, um sein Werk zu bewundern. Die Engel sind diesmal zwar nicht vor Ort. Aber: "Wir müssen ja auch an das kommende Jahr denken und nicht gleich das ganze Pulver verschießen", kündigt Fiedler eine weitere Aktion 2023 an. Dankbar ist er erneut gegenüber der Familie von Gartenbau Weber, die das sonst leerstehende Schaufenster zur Verfügung stellt.

Wichtig ist Fiedler stets die Liebe zum Detail und die Einbindung historischer Hintergründe. "So hat das Leben im Erzgebirge im 16. und 17. Jahrhundert tatsächlich ausgesehen", berichtet der Sachse. Deutlich wird: Damals haben noch härtere Sitten geherrscht. Bergwerk-Azubis bekommen einen Satz heiße Ohren von ihrem Lehrmeister verpasst und auch die dünne Kleidung härtet die kargen Männer auf die unbequeme Weise ab.

Adventsromantik im November

Doch nicht nur die Figuren haben erzgebirgische Herkunft: "80 Prozent der Steine sind aus den sächsischen Stollen und auch die Kirche ist original aus Seiffen." Schaufenster-Bewunderern rät er, auch auf die Knie zu gehen, um alle Feinheiten betrachten zu können.

Ein Tipp unserer Redaktion: Wer behaupten will, wirklich alle Holzschnitzereien entdeckt zu haben, muss erstmal den Kobold und Rumpelstilzchen gefunden haben. So viel darf verraten werden: Ohne die Hilfe Fiedlers wäre der Autor dieses Textes bei der Suche auf verlorenem Posten gewesen.

Bis zur nächstjährigen Maria Lichtmess soll die Hochmaienstraße 23 in sächsischer Tradition eingehaucht werden. Adventsromantik wird aber nun schon Mitte November verbreitet.

Flucht aus der DDR

Wie hat es Fiedler in die älteste Stadt Baden-Württembergs verschlagen? 1955 ist Fiedler bereits aus der DDR geflohen. In Albstadt hat er dann seine Frau kennengelernt und den Wehrdienst geleistet – ehe der Umzug nach Rottweil folgte. Ins Erzgebirge selbst – sein Heimatort ist Grünheinichen südlich von Chemnitz – komme er aber nur noch selten. Gut, dass es das sächsische Handwerk auch online zu kaufen gibt. Ein bekannter Engel-Produzent ist beispielsweise "Wendt&Kühn".

Nun dürfen sich aber die Rottweiler selbst ein Bild von der etwas anderen Weihnachtsdeko machen. Wer Kontakt zu Harald Fiedler aufnehmen möchte, kann dies über die E-Mail: schaufenster@harfenklang.de oder über den QR-Code am Fenster selbst tun