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Ein Berufungsgericht in Moskau setzte das Urteil gegen Jekaterina Samuzewitsch aus, ihre beiden Bandkolleginnen müssen jedoch für zwei Jahre ins Straflager.

Moskau - Nur ein bisschen Gnade im Pussy-Riot-Prozess: Ein Mitglied der Moskauer Polit-Punkband ist überraschend auf Bewährung freigelassen worden, zwei weitere müssen aber für je zwei Jahre in Lagerhaft. Jekaterina Samuzewitsch (30) sei bei der umstrittenen Protestaktion von Pussy Riot gegen Kremlchef Wladimir Putin in einer Moskauer Kirche zwar dabei gewesen, sie sei aber früh gehindert worden, urteilte ein russisches Gericht am Mittwoch im Berufungsverfahren.

Dagegen müssen Maria Aljochina (24) und Nadeschda Tolokonnikowa (22) - beide Mütter kleiner Kinder - für zwei Jahre in Haft, wie Richterin Larissa Poljakowa entschied. Die Verteidigung sprach von einem Teilerfolg. Sie will die für alle drei Frauen weiterhin bestehenden Urteile wegen Rowdytums aus religiösem Hass erneut anfechten.

Frauen sind ungebrochen

Die seit März inhaftierten Frauen bekräftigten vor Gericht ihre Kritik an Putin. „Wir sind bisher gegen Putin aufgetreten und tun dies jetzt“, sagte Samuzewitsch. Auch Tolokonnikowa und Aljochina verteidigten die Aktion vom Februar. Sie forderten eine Aufhebung der in erster Instanz verhängten Strafe, die international auf Kritik gestoßen war.

Die Richterin unterbrach immer wieder Aussagen der Kremlgegnerinnen gegen Putin mit dem Hinweis, das Gericht sei keine politische Bühne. Vor dem Gerichtsgebäude protestierten sowohl Anhänger der Band als auch russisch-orthodoxe Christen, die nach harten Strafen riefen.

Die Verteidigung betonte, dass es für eine Verurteilung wegen Rowdytums und Verletzung religiöser Gefühle keine Grundlage gebe. Verteidiger Mark Fejgin kritisierte zudem, dass Putin das Gericht beeinflusse, indem er das harte Vorgehen gegen seine Kritiker ausdrücklich begrüßt habe.

Verteidigerin Violetta Wolkowa forderte ein neues unabhängiges Gutachten über die Aktion in der Kirche. Damit solle gezeigt werden, dass es in dem Punkgebet nicht um religiösen Hass, sondern ausschließlich um eine politische Kritik an Putin sowie an der engen Verbindung zwischen Staat und Kirche gegangen sei.

Kritik an "Schauprozess"

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International, die die Musikerinnen als politische Gefangene anerkennt, forderte erneut einen Freispruch für die Frauen. Der Europaabgeordnete Werner Schulz (Grüne) nannte das Berufungsverfahren „eine Farce“. Grünen-Chefin Claudia Roth kritisierte in Berlin einen „absurden Schauprozess“.

Menschenrechtler sprechen von einer Hexenjagd wie im Mittelalter. Die Frauen entschuldigten sich auch am Mittwoch noch einmal bei den Gläubigen, deren Gefühle sie verletzt haben. Sie betonten, dass sich ihre Aktion nicht gegen russisch-orthodoxe Christen gerichtet habe. Eine Buße, wie die Kirche sie verlangt, lehnten sie jedoch ab.