Saudi-Arabien will weitere Eurofighter ordern. Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka

Die Bundesregierung lobt Riad für seine Haltung im Nahost-Konflikt und gibt ihre Blockade zur Lieferung von Kampfjets auf. Doch hinter der Entscheidung stehen auch klar wirtschaftliche Interessen.

Es ist ein Deal, der umstritten ist. Deutschland hat seine Blockade gegen den Export von Kampfflugzeugen an Saudi-Arabien aufgegeben. Damit kann das Königreich 54 Jets vom Typ Eurofighter kaufen. Umstritten ist das deshalb, weil es über den Kunden eigentlich keine zwei Meinungen gibt. Es ist ein autoritärer Staat, in dem Menschenrechte kaum etwas gelten. „Ich fände es richtig, wenn wir bei der Position bleiben, dass keine Eurofighter an Saudi-Arabien geliefert werden“, sagte Grünen-Chefin Ricarda Lang.

Doch die Bundesregierung setzt sich über solche Einwände hinweg. Am Mittwoch genehmigte sie bereits die Lieferung von Raketen, die auch vom Eurofighter getragen werden können. Offiziell begründet wird dies mit der Rolle Saudi-Arabiens im Nahost-Konflikt. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) lobte, dass die saudische Armee Raketen der Huthi-Rebellen abfängt, die Israel treffen sollen. Saudi-Arabien als Verbündeter von Israel darf nun europäische Waffen kaufen. Das ist ein Teil der Wahrheit. Doch einige gewichtige Beweggründe, dieses Rüstungsgeschäft zu erlauben, haben ihren Ursprung nicht in Riad, sondern in Berlin und Brüssel.

Um das zu verstehen, muss man eineinhalb Jahrzehnte in die Zukunft schauen. Ab 2040 soll die Bundeswehr ein neues Kampfflugzeug erhalten. Es ist das sogenannte Future Combat Air System (FCAS). Dieses wird gemeinsam mit Frankreich und Spanien entwickelt und soll nicht weniger als das modernste Kampfflugzeug der Welt werden.

FCAS soll bei der Luftwaffe den Eurofighter ersetzen. Doch der letzte bislang bestellte Eurofighter soll 2030 ausgeliefert werden. Zwischen 2030 und 2040 klafft bislang nach Darstellung der Rüstungsindustrie ein Loch in den Auftragsbüchern.

Die Bestellung von mehr als 50 Maschinen für rund 120 Millionen Euro pro Stück aus Saudi-Arabien könnte helfen, dieses Loch zu schließen. „Das ist eine Entlastung für die hiesige Industrie, denn die braucht weitere Aufträge und Planungssicherheit. Wenn es bei den Bestellungen eine Lücke gibt, dann sind das Know-how und die Mitarbeiter weg“, sagt Haushaltspolitiker Andreas Schwarz (SPD), der zuständig für den Etat des Verteidigungsministeriums ist.

Luft- und Raumfahrtindustrie pocht auf Folgeaufträge

Der Industrie ist das nicht genug. Sie fordert, dass auch Deutschland zusätzliche Eurofighter kauft, und zwar in einer verbesserten Version, damit auch weitere Entwicklung und Forschung vorangetrieben wird. Von dieser Forschung soll auch FCAS profitieren.

Der Verband der Luft- und Raumfahrtindustrie warnt, ohne Folgeaufträge drohe ein „Verlust von Arbeitsplätzen, Steuereinnahmen und insbesondere von Spitzentechnologien und Kompetenzen unserer Industrie, die über Jahrzehnte aufgebaut wurden.“ Drastischer formuliert es ein Bundestagsabgeordneter der Ampel-Koalition: „Wir brauchen weitere Bestellungen für den Eurofighter – sonst ist FCAS tot.“

Ein weiterer Beweggrund, den Verkauf an Saudi-Arabien zu gestatten, liegt auch darin, andere europäische Partner zu besänftigen. Offiziell würde das Geschäft mit Riad über die britische Regierung laufen. Doch weil in Deutschland große Teile des Eurofighters gebaut werden, hat die Bundesregierung ein Mitspracherecht, manche sagen, sogar ein Veto. Die Briten zeigten sich in der Vergangenheit „not amused“ über die restriktive Exportpolitik in Berlin. Immer wieder macht der Begriff „german free“ bei Rüstungsprojekten die Runde, also ohne deutsche Beteiligung. Ohne deutsches Veto.

Die Türkei hätte gern noch mehr Eurofighter

Hans Christoph Atzpodien, Hauptgeschäftsführer beim Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie, begrüßt daher das Ende der Eurofighter-Blockade. Eine deutsche Blockade hätte dazu geführt, „dass sich andere europäische Länder vermutlich kaum noch mit Deutschland auf weitere Rüstungskooperationen eingelassen hätten“, sagte er dieser Redaktion.

Auch wenn noch nichts unterschrieben ist, der Weg für das Eurofighter-Geschäft mit Saudi-Arabien wäre nun frei. Es dürfte nicht die letzte umstrittene Exportentscheidung gewesen sein. Denn auch die Türkei will weitere Eurofighter kaufen.