Sie fühlen sich im Künstlerviertel sichtlich wohl – und das seit vielen Jahren: (von links) Sigrid Schneider-Hertkorn, Andreas Häfner, Franziska Teufel, Sabine Hoffmann, Angelika Karoly und Susanna Streicher-Geiger Foto: Siegmeier Foto: Schwarzwälder Bote

Serie: Teil drei: Künstlerviertel im Neckartal hat sich etabliert / Gebäude aus dem Dornröschenschlaf geweckt

Im hinteren Bereich des Geländes hat sich das Künstlerviertel etabliert. Noch vor gut 30 Jahren schlummerten Kraftwerk, Badhaus, Jakobskirche und Co. im Dornröschenschlaf. Die Zukunft der riesigen Industriebrache im Neckartal war ungewiss.

Rottweil. In kleinen Schritten begann die Konversion der einstigen Pulverfabrik in einen schmucken und florierenden Gewerbepark – eine Erfolgsgeschichte. Ein wenig versteckt, im hinteren Bereich der einstigen Pulverfabrik, ist das Künstlerviertel angesiedelt. Seit vielen Jahren dienen die ausgedienten Industriebauten der Keramikkünstlerin Angelika Karoly und der Goldschmiedin Sabine Hoffmann als Atelier und Goldschmiedewerkstatt.

Im Laufe der Zeit kamen weitere hinzu, so beispielsweise die Künstlerinnen Franziska Teufel und Susanna Streicher-Geiger, die Märchenerzählerin Sigrid Schneider-Hertkorn mit "MärchenKreativ" und seit gut einem Jahr auch Andreas Häfner mit seinem Planungsbüro für Innenräume, "graselli 1763". Sie fühlen sich allesamt im Neckartal rundum wohl und schwärmen nicht nur von den schönen Räumlichkeiten, sondern auch von der besonderen Energie und dem Licht.

Gerne erinnert sich Angelika Karoly, wie sie am ersten Tag der Sommerferien 1998 erstmals im Neckartal war. "Damals hat mich der Spaziergang durch diese Brache fasziniert. Das Badhaus, die Holzmanufaktur – hier und da Betriebsamkeit in dem einen oder anderen Gebäude, leerstehende Häuser...", erinnert sich die Künstlerin. "Stadtteil im Dornröschenschlaf", habe sie so bei sich gedacht, bis sie dann vor dem Gebäude Nummer 152 stand. "Der Schlaf der Jahrzehnte hing über diesem Gebäude, und es wollte wohl geweckt werden", beschreibt sie ihre Empfindungen von damals. Von dem Moment an habe sie gewusst, dass sie hier arbeiten wolle. Nach diversen Renovierungsaktionen zog sie 1999 mit ihrer Keramikwerkstatt in ihr "Atelierhaus Terra".

"Das Neckartal und ich – das war so etwas wie Liebe auf den ersten Blick", schwärmt die Goldschmiedin Sabine Hoffmann. Sie habe damals mit Freunden das Badhaus besucht und gleich gewusst: "Hier möchte ich leben und arbeiten". Über den Zeitraum von zwei Jahren renovierte sie mit ihrem Mann das Haus mit viel Eigenleistung "und Zuversicht, dass sich das Gebiet in die positive Richtung entwickeln würde", erzählt sie. Besucher seien oft sehr begeistert von der Atmosphäre im Tal. "Besonders freut es mich, dass sich das "Künstlerviertel" etabliert hat. Das hat den Vorteil, dass wir uns gegenseitig bereichern und Gemeinschaftsausstellungen veranstalten können. Zum kreativen Arbeiten gibt es keinen besseren Ort".

Susanna Streicher-Geiger, fand die Atmosphäre im Tal "schon immer sehr spannend und interessant. Dabei hätte ich mir nie träumen lassen, hier irgendwann zu arbeiten", gibt sie zu. Doch sie habe Glück gehabt und konnte ihr Atelier 2015 beziehen. Sie fühlt sich sehr wohl. "Ich freue mich über unsere Gemeinschaft, unsere gemeinsamen Events, meine wunderschöne Aussicht auf Neckar und Natur und ich lasse mich ausgiebig inspirieren", schwärmt die Künstlerin.

Das Märchen-, Puppen-und Figurentheater "MärchenKreativ" von Sigrid Schneider-Hertkorn gibt es mittlerweile seit 30 Jahren (vormals als Rottweiler Märchenbühne), anfangs ohne festen Standort. Durch die Freundschaft mit Angelika Karoly habe man überlegt, im Atelierhaus Terra die Märchenarbeit in festen Räumlichkeiten anzubieten. "Doch ich war anfangs nicht ganz überzeugt, in diesem damals noch recht maroden Gewerbeparkareal, etwas für Kinder anbieten zu können", gibt die Märchenerzählerin zu. Doch vor sieben Jahren sei es dann soweit gewesen, alles habe gepasst. "Die Atmosphäre gefiel mir so gut, dass ich zusagte". Und mit einigem Umbauaufwand sei dann vor sechs Jahren die Märchenwerkstatt und ein feiner, kleiner Märchen-Theaterraum entstanden, der sich erfolgreich ins Künstlerviertel einfügt.

Als Letzter im Bunde zog Andreas Häfner mit seinem Planungsbüro "graselli 1763" im Jahr 2018 ins Künstlerviertel. Das Haus hatte er bereits sieben Jahre davor in den Blick bekommen, erzählt er. "Alte und historische Gebäude haben schon immer einen Reiz auf mich ausgeübt. Sei es, weil ich in einem 400 Jahre alten Baaremer Haus aufgewachsen bin, oder weil ich die verbauten Materialien und Aufteilung der Räume und Proportionen der Gebäude liebe. "Was diesen besonderen Spirit des Neckartals ausmacht, sind diese unterschiedlichen Menschen mit ihrem Handwerk, ihrer Kunst, ihren Events, ihrer Kreativität und Betriebsamkeit."