Ein 19-Jähriger muss wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit weiteren Delikten in Haft. Foto: Seeger Foto: Schwarzwälder Bote

Prozess: 17-Jährigen Mittäter zu Jugendstrafe auf Bewährung verurteilt / Sexuelle Handlungen an 15-Jähriger gefilmt

Das selbstbewusste Auftreten des 19-jährigen Haupttäters ändert sich nach dem Urteilsspruch: Er wird zu zwei Jahren und zehn Monaten Haft wegen Vergewaltigung verurteilt, sein 17-jähriger Mittäter zu einer Jugendstrafe. Gemeinschaftlich hatten sie die Lage einer 15-Jährigen ausgenutzt, sexuelle Handlungen an ihr vorgenommen und dies gefilmt.

Rottweil/Freudenstadt. Bis zuletzt hatte der 19-Jährige bestritten, an der Tat, die sich im Kreis Freudenstadt während eines Festes ereignet hat, beteiligt gewesen zu sein. Seine Geschichte, dass plötzlich aufgetauchte Fremde für den sexuellen Übergriff verantwortlich waren, glaubte ihm jedoch niemand. Die Nebenklage spricht in ihrem Plädoyer am letzten Tag des Prozesses vor dem Amtsgericht in Rottweil am Freitag von einer "grottenmäßigen Lüge". Hätte der 19-Jährige, wie sein Mittäter, gestanden, wäre dem Opfer die belastende Aussage erspart geblieben. Die Tat nannte er "widerwärtig".

Kein Zweifel an Schuld

Für das Gericht unter Vorsitz von Richter Oliver Niefer gibt es keinen Zweifel, dass sich die Tat, wie in der Anklage geschildert, zugetragen hat: Die beiden jungen Männer, zur Tatzeit 16 und 18 Jahre alt, treffen ihr 15-jähriges, stark betrunkenes Opfer auf dem Fest. Gemeinsam will man sich auf die Suche nach Zigaretten machen. Weil die 15-Jährige mehrfach hinfällt und nicht mehr in der Lage ist, selbst zu laufen, gehen die drei zu einem nahegelegenen Bauwagen. Schon auf dem Weg dorthin äußert der heute 19-Jährige erste anzügliche Bemerkungen. Im Bauwagen beginnt er die wehrlose 15-Jährige zu berühren, dann entkleidet er sie teilweise. "In stillschweigender Absprache" beschließen beide Angeklagten, sexuelle Handlungen vorzunehmen und dies zu filmen, so Richter Niefer in der Urteilsbegründung. Der heute 17-Jährige habe zwar keine eigenhändigen Handlungen vorgenommen. Als er sein Handy gezückt habe, sei jedoch klar gewesen, dass es zu einem sexuellen Übergriff kommt. Es sei hier von einer gemeinsamen, mittäterschaftlichen Begehung der Tat auszugehen.

Nach der Tat treffen die beiden jungen Männer vor dem Bauwagen auf Freunde, die sich Sorgen um die 15-Jährige gemacht haben. Diese gehen in den Bauwagen, stellen die Täter zur Rede. Einer entdeckt das Video auf dem Handy und löscht es sofort. Als die 15-Jährige zu sich kommt, beginnt sie sofort zu weinen, verschwommen kann sie sich an die Tat erinnern, sie hat Schmerzen, unter denen sie auch später noch leidet.

Staatsanwalt Frank Grundke sprach zuvor in seinem Plädoyer von "schwersten Straftaten", die zum Ziel gehabt hätten, die Minderjährige zur demütigen. Es gebe "zwingende Tatnachweise", die die Schuld der beiden jungen Männer belegen. Die DNA des älteren Täters wurde an der Unterhose des Mädchens nachgewiesen. Gleich mehrere Delikte seien zu ahnden: die gemeinschaftliche Vergewaltigung, das Herstellen "jugendpornografischer Schriften", gefährliche Körperverletzung und die Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs des Mädchens. Die 15-Jährige habe nicht nur körperliche, sondern wesentliche psychische Verletzungen erlitten.

Schwerstes Unrecht

Die Geschichte des 19-Jährigen, dass fremde Täter im Spiel gewesen sein sollen, sei völlig haltlos, was die Zeugenaussagen und auch Whatsapp-Nachrichten nach der Tat belegen. Er widerspreche sich in vielerlei Hinsicht.

"Wir haben es hier mit schwerstem, kriminellen Unrecht zu tun", so Grundke. Bei dem damals 18-Jährigen sei angesichts seines stringenten Lebenslaufs und seiner Persönlichkeit zwingend Erwachsenenstrafrecht anzuwenden. Er sei bei der Tat durch Alkohol nicht erheblich beeinträchtigt gewesen, zeige keine Reue. Grundke beantragte eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten.

Der zur Tatzeit 16-Jährige sei als untergeordneter Täter zu sehen. Er zeige Reue, habe sich beim Opfer entschuldigt und sich um einen Täter-Opfer-Ausgleich bemüht. Sein Geständnis müsse ihm zugute gehalten werden. Zwar sei dies im Rahmen einer Verständigung – wie sie in diesem Fall getroffen wurde – kritisch zu sehen, doch Zeugenaussagen belegen, dass er das Geschehen schon vor den Ermittlungen eingeräumt hat.

Grundke forderte für den 17-Jährigen eine Verurteilung nach Jugendstrafrecht zu einem Jahr und sechs Monaten, ausgesetzt auf zwei Jahre Bewährung. Zudem sei eine "deutliche Auflage" in Form von 80 Stunden gemeinnütziger Arbeit erforderlich.

Der Verteidiger des 19-Jährigen plädierte dafür, ihn wenn überhaupt, dann nur nach Jugendstrafrecht zu verurteilen. Insgesamt sei jedoch ein Freispruch angemessen, weil die Tat nicht bewiesen sei. Der Rechtsanwalt des Jüngeren sah keine Mittäterschaft, sondern nur den Tatbestand der Beihilfe als erfüllt und forderte die Auferlegung gemeinnütziger Arbeit.

Mädchen leidet

Das Gericht folgte mit dem Urteil weitgehend "den umfänglichen und überzeugenden Ausführungen" der Staatsanwaltschaft. Der 19-Jährige wurde wegen Vergewaltigung, gefährlicher Körperverletzung, Herstellung pornografischer Schriften und der Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs der 15-Jährigen zu zwei Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt. Beim 17-Jährigen wich das Gericht im ersten Punkt von der Forderung der Staatsanwaltschaft ab, hier erfolgte einer Verurteilung wegen sexuellen Übergriffs. Das Strafmaß: ein Jahr und drei Monate Freiheitsstrafe, ausgesetzt auf zwei Jahre Bewährung. Dem 17-Jährigen wurden 80 Stunden gemeinnützige Arbeit auferlegt. "Er muss lernen, sich über die Folgen solcher Handlungen Gedanken zu machen", so Richter Niefer.

Das Opfer leidet bis heute unter Alpträumen, sie konnte ihre Schule nicht fortsetzen. Zumindest das Geständnis des jüngeren Täters und dessen Reue, so ihr Anwalt, habe ihr den Schmerz über das Geschehene etwas erleichtert. Der 19-Jährige dagegen habe mit seinen Lügen "im Nachhinein noch auf ihr herumgetrampelt".