Vor allem wegen fehlenden ärztlichen Personals und politischen Vorgaben soll das Spaichinger Krankenhaus – 50 Jahre am jetzigen Standort und als Bezirkskrankenhaus seit 1878 bestehend – geschlossen werden. Der Notarztsitz soll aber bleiben, neue Praxen sollen kommen. Foto: Braungart

Gründe sind fehlendes ärztliches Personal und politische Vorgaben. Notarztsitz soll bleiben.

Schwarzwald-Baar-Heuberg - Das Spaichinger Krankenhaus soll geschlossen werden. So verschwindet eine weitere kleinere Einrichtung von der Bidlfläche. Und dies zumindest in Teilen so plötzlich, wie es vor einem halben Jahr noch kaum einer vorausahnte.

Zuerst sollen bis Ende des Jahres 2019 die Innere Medizin und die Altersmedizin nach Tuttlingen umziehen. Im Verlauf von vier, fünf Jahren auch die plastische Chirurgie und die konservative Orthopädie. Auf Dauer soll es aber keine stationäre Versorgung mehr geben, wohl aber medizinische Angebote. Es soll keine betriebsbedingten Kündigungen geben.

Der Tuttlinger Landrat Stefan Bär und Klinikgesellschaft-Chef Sascha Sartor nennen mehrere Gründe für den plötzlichen Vorstoß. Auslöser sei gewesen, dass der leitende Oberarzt Philipp Kaiser, der die Nachfolge von Chefarzt Bernd Sauer antreten sollte und bereits den Vertrag unterschrieben hatte, Anfang Dezember ein anderes Jobangebot als Chefarzt in einer mitteldeutschen Klinik angenommen habe.

Bis Ende 2019 sollen die Innere Medizin und die Altersmedizin nach Tuttlingen umziehen

Misslich auch: Auch seine Frau arbeitet im Medizinischen Versorgungszentrum Spaichingen und wird ebenfalls weggehen. Die externe Suche nach einem Chefarzt sei zuvor übers ganze Jahr schon erfolglos gewesen. Deshalb mache man sich keine Illusionen, einen Ersatz zu finden, denn Ärzte suchten sich eine Struktur, die ein kleines Haus nicht bieten könne, so Bär und Sartor.

Dass allerdings die noch im Strukturgutachten 2013 betonte Notwendigkeit beider Standorte nicht mehr Richtschnur der Krankenhauspolitik im Kreis Tuttlingen ist, habe sich schon Anfang des Jahres 2018 abgezeichnet, wurde bei einem Pressegespräch betont: Bei Gesprächen um Zuschüsse für Sanierungen der OP, der Intensivmedizin und der Errichtung einer neuen Halbintensiv-Station in Tuttlingen habe das Gesundheitsministerium eine bauliche Perspektivenplanung gefordert: Wäre eine Konzentration am Standort Tuttlingen möglich und wie? Diese Planung wollte man ursprünglich im Herbst 2019 mit dem Aufsichtsrat – aus dem neuen Kreistag – angehen, so Bär.

Im Strukturgutachten war man noch davon ausgegangen, dass bei einer Schließung Spaichingens rund 100 Betten verloren gingen und auch Tuttlingen in eine kritische Größe gerutscht wäre, so Bär. Das ist jetzt anders. Mit dann 300 Betten insgesamt verlöre man bei der Zusammenlegung nur 24. In Spaichingen sind es momentan etwas über 100 Betten, von denen rund 30 in den beiden verbleibenden Abteilungen zunächst bleiben.

Auf Dauer soll es keine stationäre Versorgung mehr geben, wohl aber medizinische Angebote

Ein weiterer Grund, jetzt an eine Schließungsentscheidung zu gehen, sei, dass seit 2019 die Notfallversorgung nur dann voll von den Kostenträgern bezahlt werde, wenn auch die Infrastruktur – etwa eine entsprechend ausgestattete Intensivstation oder Diagnosegeräte sowie eben die Fachabteilung Unfallchirurgie – vorliege. Die Politik dränge über diese Mechanismen zur Zentralisierung, um die Qualität der Versorgung zu sichern, so Bär.

Wenn der Tuttlinger Kreistag am 7. März tatsächlich den Schließungsbeschluss fällt, soll versucht werden, die schon bisher existierenden ärztlichen Angebote über das Medizinische Versorgungszentrum mit angestellten Ärzten und die selbstständigen Praxen zu stärken.

Der Landkreis wisse um die Bedeutung des Spaichinger Standorts für die medizinische Versorgung des nördlichen Landkreises, so Bär. Aus dieser Verantwortung wolle man sich nicht zurückziehen und mit der Stadt Spaichingen neue Lösungen suchen.