Das neue Dach auf dem Alten Kaufhaus zieht auch kritische Blicke auf sich. Foto: Otto Foto: Schwarzwälder Bote

Denkmalschutz: Stadtrat Mehl stellt Materialwahl für Altes Kaufhaus in Frage / Amt begründet Entscheidung

Der Blick auf die derzeit prominenteste Baustelle der Stadt, das "Alte Kaufhaus", sorgt bei Stadtrat Jürgen Mehl für Stirnrunzeln. Seiner Meinung nach stehen die verwendeten Dachziegel im Widerspruch zu den geltenden Vorschriften.

Rottweil. Mehl äußerte in der jüngsten Gemeinderatssitzung erhebliche Bedenken und bat die Verwaltung um eine Stellungnahme. Schließlich, so der SPD+FFR-Stadtrat, verlange man auch von privaten Bauherrn, sich an die Vorschriften für den historischen Stadtkern zu halten. Dort heißt es in Paragraf vier zur Erhaltung der Dachlandschaft: "Für die Dachdeckung einschließlich der Dachaufbauten sind nicht engobierte Tonziegel (Biberschwanzziegel) zu verwenden". Am Alten Kaufhaus, so Mehl, seien aber engobierte Ziegel (Engobe: Überzug aus Tonmineralmasse zur Einfärbung oder Beschichtung keramischer Produkte) verwendet worden.

Laut Peter Hauser von der Stadtverwaltung sei Wunsch des Landesdenkmalamts gewesen, die Optik des Gebäudes, so wie es war, zu erhalten. Tobias Hermann, Pressesprecher der Stadt, ergänzt auf Nachfrage, dass es sich bei den Bestandsziegeln vor der Sanierung nicht um historische, sondern um industriell hergestellte Ziegel, etwa aus den 1940er/50er Jahren, gehandelt habe. Bezüglich der Materialwahl sei der Sanierungsbeirat nicht in Kenntnis gesetzt worden, so Peter Hauser, weil es "keine Entscheidungstoleranz" gegeben habe.

Originalziegel unbekannt

Während Hauser von einer "Anweisung" des Landesamts für Denkmalpflege (LAD) spricht, erklärt eine Sprecherin des Regierungspräsidiums auf unsere Nachfrage, es habe eine "differenzierte Abstimmung zwischen der Stadt und dem LAD" gegeben.

Beim "Alten Kaufhaus" handle es sich um ein Kulturdenkmal von besonderer Bedeutung und einen imposanten Bau in ortsbildprägender Lage, der Ende des 18. Jahrhunderts entstand. Die Dacheindeckung im Zuge der laufenden Sanierung sei im Bauverlauf vom LAD mit Vertretern der Stadt abgestimmt worden. Vorhanden sei eine Eindeckung mit bräunlichen, leicht engobierten Ziegeln gewesen. Die Bauvorschriften sehen bei Neueindeckungen grundsätzlich einen naturroten Biberschwanzziegel ohne Engobe vor. Allerdings sei die ursprüngliche Eindeckung aus dem 19. Jahrhundert nicht mehr vorhanden gewesen und unbekannt. Im Fall einer "nicht mehr nachweisbaren Befundsituation" gehöre es zur Praxis der Denkmalpflege, "den vorgefundenen Bestand zu wiederholen, sofern dieser keine Fehlentwicklung in der Veränderungsgeschichte des Kulturdenkmals darstellt", so das LAD.

Naturrot zu dominant

Deshalb sei man einvernehmlich mit der Stadt zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Wiederholung des Bestandes – ein bräunlicher Ziegel wieder mit leichter Engobe und matter Oberfläche – eine "denkmalgerechte Lösung" darstelle. Zudem handele es sich hier um eine sehr große Dachfläche, die bei einer Betrachtung der Dachlandschaft Rottweils im Fall einer Neueindeckung mit einem naturroten Biberschwanz "optisch dominieren" würde. Durch den leicht bräunlichen Ton liegt der Fokus der Dachlandschaft nun weiterhin auf den vorhandenen mittelalterlichen Dächern im Umfeld. Soll heißen: Das Dach auf dem Alten Kaufhaus stiehlt den anderen künftig nicht die Schau.

Die Stadt erklärt, dass es im Einzelfall auch anderswo Befreiungen von der Bauvorschrift gegeben habe – zum Beispiel beim Haus Gabler in der Hauptstraße 17. Dieses Dach hatte 2014 in Rottweil von sich reden gemacht. Es hatte sich herausgestellt, dass der historische Dachstuhl die Last der Biberschwanzziegel gar nicht mehr tragen würde.