Volles Haus in der Schulmensa: Die jugendlichen Erstwähler informieren sich über die Kommunalwahlen. Fotos: Cools Foto: Schwarzwälder Bote

Kommunalwahlen: Bei "Pizza und Politik" werden jugendliche Erstwähler aufgeklärt / Einige üben Kritik

Kommunalpolitik im Speed-Dating-Verfahren – bei "Pizza und Politik" in der Rottweiler Schulmensa konnten die Jugendlichen nicht nur Parteien und Kandidaten genauer kennenlernen, sondern auch mal sagen, was sie an ihrer Stadt stört.

Rottweil. Anfangs noch schüchtern, später dann in Diskussions- und Fragelaune zeigten sich die Jugendlichen am Freitagmittag in der Schulmensa. Die Stadtverwaltung hatte zu "Pizza und Politik" eingeladen. Nach einer Vorstellung verschiedener Parteienvertreter wurde an Stehtischen nachgehakt, informiert und auch kritisiert.

Vorher sorgte Wolfgang Berger, Jugendbeteiligungsexperte vom Polis-Institut Stuttgart, dafür, dass alle – die Modalitäten der Kommunalwahlen betreffend – auf dem gleichen Stand waren. "Die Kommunalwahlen leiden immer ein wenig darunter, dass nur die Hälfte wählen geht", meinte er zu Beginn.

Von der Schulbank bis zum Freibadbesuch – ständig komme man im Alltag in Berührung mit kommunalen Themen. "Es ist Politik zum Anfassen", wollte Berger den Erstwählern den Gang zur Wahlurne schmackhaft machen.

Zum zweiten Mal dürfen bereits Jugendliche ab 16 Jahren ihre Stimme abgeben. In Rottweil könne man jedem Kandidat bis zu drei Stimmen geben, jedoch insgesamt nicht mehr als 26, weil es 26 Sitze im Gemeinderat gebe. Bei den Ortschaftsräten werde derweil überwiegend das Mehrheitswahlsystem angewandt, bei dem man auch weitere Namen ergänzen und so seine "Lieblingsliste" zusammenstellen könne, so Berger.

Kandidatenvorstellung

Wie beim Speed-Dating hatten die Vertreter der Parteien dann drei Minuten, um sich und ihr Programm vorzustellen. Den Anfang machte Stadträtin Monika Hugger (CDU), die sich für eine Verknüpfung von Tradition und Vision aussprach. Digitalisierung und Verdichtung der Innenflächen seien wichtige Themen. Peter Schellenberg (FWV-Stadtrat) meinte: Junge sollten Junge wählen. Bei den Freien Wählern setze man sich für eine Fernbus-Station und einen Zeltplatz in Rottweil ein.

Alena Hetz (SPD-Kandidatin) lobte die Jugendlichen für ihre Teilnahme an den "Fridays for Future"-Demos. Sie setze sich besonders für eine Verbesserung der Bus-Verbindungen ein. Stadtrat Hubert Nowack (Grüne) lobte den Fortschritt. Er wolle Rottweil im Kleinen mit guten Ideen voranbringen.

Kandidat Jonathan Dom (FFR) sprach sich für ein junges Rottweil mit entsprechenden Möglichkeiten, auch im Bereich ÖPNV, und für den sozialen Wohnungsbau aus. FDP-Vertreter Harald Sailer meinte, er will mit Angeboten für Jugendliche, wie Parcours-Anlagen, Clubs und Skateparks, die "Homezone Rottweil" attraktiver machen, damit es zu dem Ort werde, an dem man seine Kinder großziehen wolle.

Teils Applaus, teils Buhrufe gab es für Reimond Hoffmann von der AfD. Berger rief im Sinne der Demokratie dazu auf, alle Kandidaten anzuhören. "Fridays for Future" sei das, was heute in der Mensa passiere, meinte Hoffmann. Er setze sich für Bürgerbeteiligung, Rottweil als Hochschulstandort und eine autofreundliche Stadt ein, denn ein Auto bedeute Freiheit.

Weil Politik auch Bewegung heißt, war es dann an den Schülern, sich an Stehtischen zu versammeln und die Kandidaten abwechselnd mit Fragen und Anregungen zu empfangen.

Schüler tauen schnell auf

Den Erstwählern brannte vor allem das Thema Nahverkehr unter den Nägeln. "Busfahren in Rottweil ist Glücksspiel", meinte ein Jugendlicher. Kritik gab es auch für die Schulhöfe ("langweilig") und die "veraltete" Doppelsporthalle. Auch die Sanierung am DHG sei überfällig, meinte ein Schüler. "Heute hat es im Unterricht durch die Decke getropft."

Außerdem könne die Stadt fahrradfreundlicher und die Mensa deutlich attraktiver sein, brachten die Schüler vor. Auch an Jugendangeboten hapere es, insbesondere an einem Treffpunkt, mahnten viele an.

Zur Belohnung für den umfangreichen Input und viele rauchende Köpfe gab es für die Jugendlichen, die bei ihrer Entscheidung für die Kommunalwahl nun wohl einen großen Schritt weiter gekommen sind, Nervennahrung in Form von Pizza.