Schlupfwespe beim Parasitieren ("Impfen") von Eiern (Originalgröße 0,4 Millimeter) des Maiszünslers Foto: Schwarzwälder Bote

Von Winfried Scheidel

Von Winfried Scheidel

Biologie statt Chemie: Der Pflanzenschutz beim Mais funktioniert heute oft auf ziemlich natürliche Art: Mittels Drohnen werden Schlupfwespen in Einsatz gebracht. Diese machen dem Maiszünsler das Leben schwer, indem die Eigelege des gefährlichen Schädlings für eigene Vermehrungszwecke "umgepolt" werden.

Der Maiszünsler (Ostrinia nubilalis) richtet in Maisbeständen erhebliche Schäden an, wenn seiner Vermehrung nicht Einhalt geboten wird. Die Folge sind Ertragsverluste und Qualitätseinbußen durch zu hohe Mykotoxin-Gehalte. Eine erste Anwendung erfolgt je nach Region zwischen Mitte Juni und Anfang Juli. Eine als notwendig erachtete zweite Anwendung findet dann 14 Tage später statt.

In milderen Regionen wie der Rheinebene ist die Problematik höher. Die härteren Winter hätten den Schädling früher klein gehalten. Doch seit etwa 15 Jahren komme man an Schutzmaßnahmen nicht mehr vorbei.

Kreis Rottweil. Freitag, 10.25 Uhr: Auf einem etwa einen Hektar großen Maisfeld startet Jörg Thudium eine Drohne mit schwerem Geschütz: 700 Trichosafe-Kugeln sind an Bord. Darin befinden sich bis zu 2200 Eier, die sich nach dem Abwurf in Zehn-Meter-Abständen am Boden in unterschiedlichen Schlupfphasen zu Schlupfwespen entwickeln.

Die Anwendung der hochwissenschaftlichen Methodik braucht Fachleute wie Jan und Jörg Thudium vom Hofgut Ramstein in Epfendorf-Harthausen. Etwa 14 Tage dauert für sie die Einsatzzeit, in der sie zwischen Ludwigsburg und Sigmaringen mit ihren fliegenden biologischen Bomben der Fortpflanzung des Maiszünslers Einhalt zu gebieten versuchen. Die Vegetationszeit bestimmt dabei die Einsatzzeit. So ist zum Beispiel das nördliche Kreisgebiet um Sulz eine Woche früher dran als Felder bei Zimmern oder Deißlingen.

Hannes Glunz vom Landwirtschaftsamt Rottweil checkt die aktuelle Maiszünsler-Situation im Kreisgebiet anhand von Licht- und Pheromon-Fallen. Die Schwärmaktivität dürfte in diesem Jahr weniger stark sein wie 2017, wenn die ersten Anzeichen nicht trügen. Deshalb beschränkt man sich in Flözlingen auf eine Fluganwendung. Im nördlichen Kreisgebiet sind wegen teilweise zu beobachtenden intensiveren Aktivitäten zwei Abwurf-Durchgänge geplant.

Für Kreisbauernobmann Manfred Haas gehört die Schlupfwespen-Methode nicht erst seit den stark verbesserten Anwendungsmöglichkeiten und der eleganten Ausbringung mit Drohnen zum Handwerkszeug bei seinem bäuerlichen Schaffen gegen Schädlinge. Früher hätten er und seine Familie die Schlupfwespen-Eier "in einer Art Teebeutel" von Hand zu den Maispflanzen gebracht. Da sei man dann zwei Tage lang durch die Landschaft gezogen. Die Anwendung von Insektiziden sei für ihn aber auch damals nicht in Frage gekommen.

Das scheinen im Landkreis Rottweil inzwischen die meisten der mit dem Maisanbau verbundenen Landwirte so zu sehen. Neben denen, die sich über einen Antrag und die Verpflichtung auf einen Anwendungszeitraum von fünf Jahren eine Landesförderung gesichert haben, bekommen die Thudium-Brüder, die sich als Agrarexperten in vielfältiger Weise und teilweise auch mit eigenem Betrieb vielfältig um landwirtschaftliche Belange kümmern, zusehends auch recht spontan ausgesprochene Aufträge.

So wie durch die Fotovoltaiktechnik aus Sonnenkraft Strom erzeugt werde, könne mit Trichosafe natürliche Power für eine nutzbringende Maßnahme entwickelt werden, betont Jan Thudium mit Verweis auf das, was – im Gegensatz zu chemischen Keulen – nicht auf der Strecke bleibt. Bis hin zum Marienkäfer bleibe die Kleintierwelt unbehelligt durch die speziell auf die Manipulierung der Maiszünsler-Eier fokusierten Schlupfwespen.

Dass der Maisanbau für Viehfütterung und Biogasanlagen im Rottweiler Kreisgebiet weit weg ist von einer die Landschaft beherrschenden Monokultur wird beim Ortstermin auf der Flur oberhalb des Eschachtals auch festgestellt. 17 Prozent der Agrarflächen seien mit Maispflanzen bestückt, das sei aus ökologischer Sicht absolut verträglich, sind sich die Experten einig, dass das erwerbsmäßige Landleben hierzulande noch in einem weitgehend intakten Rahmen verläuft.